Tesla in Australien Ein Musk gegen viele Blackouts

Wenn es Sommer wird in Australien, gerät das Stromnetz oft an die Belastungsgrenze. Blackouts verursachen Millionenschäden. Tesla-Chef Elon Musk will die Probleme nun in 100 Tagen lösen – mit einem simplen Vorschlag.

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Der Tesla-Gründer unterbreitet Südaustralien einen ungewöhnlichen Vorschlag. Quelle: Reuters

Canberra So rasch hat in der Geschichte Australiens kaum je eine Regierung gehandelt: Nur Tage, nachdem der amerikanische Multimilliardär Elon Musk erklärt hatte, in Südaustralien eine massive Tesla-Stromspeicheranlage entweder „innerhalb von hundert Tagen“ bauen zu können oder sie sei gratis, macht die Regierung in Adelaide Nägel mit Köpfen. Wie Jay Weatherill, Premier von Südaustralien, am Dienstag erklärte, wird das Bundesland eine Batteriespeicheranlage mit einer Kapazität von mindestens 100 Megawatt erstellen lassen.

Gleichzeitig werde ein von der Regierung kontrolliertes Gaskraftwerk mit einer Kapazität von 250 Megawatt in Auftrag gegeben. Beide Projekte seien ab sofort ausgeschrieben. Unternehmen im In- und Ausland seien eingeladen, sich für die Aufträge zu bewerben. Zur Finanzierung hat die Regierung einen speziellen Fond im Umfang von knapp einer halben Milliarde Euro geschaffen.

Südaustralien reagiert mit diesen überraschenden Maßnahmen auf eine Reihe lähmender Stromausfälle. Die Blackouts in den vergangenen Wochen und Monaten waren die Folge von zerstörten Leitungen, Überlastungen des Netzes oder mangelhafter Versorgung durch private Unternehmen, die sowohl Stromproduktion als auch -verteilung kontrollieren. Während die konservative Nationalregierung in Canberra unter Premierminister Malcolm Turnbull den mit 40 Prozent vergleichsweise hohen Anteil an erneuerbaren Energien in Südaustralien für die Situation verantwortlich machte und einen Ausbau der Kohlekraftwerke verlangt, warf Weatherill den privaten Betreibern der Stromnetze vor, sie würden ihre Monopolsituation ausnutzen, um für einen „unzuverlässigen Dienst zu hohe Preise“ fordern.

Damit solle jetzt Schluss sein, so der Premier am Dienstag in einer Ankündigung, die von Beobachtern als „spektakulär“ bewertet wurde. „Wir holen uns die Kontrolle zurück“, erklärte der Politiker. Er bezeichnete den vor Jahren privatisierten Elektrizitätsmarkt in Australien als „zerbrochen“. Neu soll der Energieminister des Bundesstaates bei Engpässen direkt eine Einspeisung zusätzlicher Kapazität ins Netz anordnen können. Bisher sei die Regierung in Krisenzeiten vom Wohlwollen der privaten Anbieter abhängig gewesen; eine Situation, die sich in den letzten Wochen als fatal erwiesen habe.

Südaustralien werde den eingeschlagenen Weg in Richtung erneuerbare Energien weiterverfolgen, so der sozialdemokratische Politiker. Die Aussage von Politikern in der konservativen Bundesregierung, wonach nur Kohle- und Gaskraftwerke die Grundlaststromversorgung garantieren könnten, sei falsch.


Unklar, ob Tesla den Zuschlag erhält

Laut dem Plan will Südaustralien noch vor dem nächsten Sommer die größte ans Stromnetz angeschlossene Batterie-Speicheranlage des Landes bauen. Darin soll die von einem ausgedehnten Netz von Wind- und Solaranlagen erzeugte Energie gelagert und in Zeiten des Spitzenverbrauchs – vor allem im Hochsommer - ins Netz eingespeist werden. Ein neues Gaskraftwerk, das von privater Hand gebaut, jedoch von der Regierung kontrolliert werde, funktioniere als zusätzliche Sicherung bei Stromengpässen.

Der kalifornische Elektrofahrzeug- und Batterie-Entrepreneur Elon Musk hatte vergangene Woche angeboten, innerhalb von 100 Tagen in Südaustralien eine Speicheranlage bauen zu können. Wenn Tesla das Zeitlimit nicht einhalte, seien die Dienste des Unternehmens kostenlos, so Musk in einer Twitter-Meldung. Das Angebot wurde von Politikern und Medien in den letzten Tagen heftig diskutiert.

Doch es ist noch lange nicht sicher, dass Tesla den Zuschlag für den Auftrag erhalten wird. Laut dem südaustralischen Energieminister Tom Koutsantonis hat die Regierung bereits eine Liste interessierter Unternehmen vorliegen, die sich auf Speichertechnologie spezialisieren. Zusätzlich zu Tesla nannte er Zen Energy, Lyon Solar, und Carnegie Clean Energy. Weitere Unternehmen sollten in den nächsten Tagen ihr Interesse anmelden.


Dramatische Wende in der Energiepolitik

Die Ankündigung kam am Tag, an dem auch der Nachbarbundesstaat Victoria ein ähnliches, kleineres Projekt ankündigte. Die unterwartete, ja dramatische Wende in der australischen Energiepolitik wird die Bundesregierung unter Druck setzen, meinten Beobachter. Selbst Spitzenpolitiker wie Premierminister Malcolm Turnbull hatten in den letzten Monaten dafür postuliert, den Anteil der Kohle und Gas von heute rund 80 Prozent am Strommix weiter auszubauen, zum Nachteil der erneuerbaren Energien, die bisher etwas über 14 Prozent der Elektrizität generieren.

Doch der Marsch in Richtung mehr Solar-, Wind- und Wasserkraft, gekoppelt mit der Forderung nach einer Reduktion der Klimagasemissionen und einem starken Interesse der Bevölkerung an Alternativenergie, sollte die Regierung langfristig zu einem Umdenken zwingen.

Jegliche Abkehr von der dominanten Kohlekraft aber dürfte auf heftigen Widerstand stoßen. Der klimaskeptische und der mächtigen Kohleindustrie eng verbundene ultrarechte Flügel der konservativen Partei macht regelmäßig Druck auf die mehr progressiven Vertreter der Regierung. Erst vor kurzem hatte der australische Umweltminister Josh Frydenberg nach innerparteilichen Protesten einen bereits angekündigten Vorschlag für die Einführung eines Emissionshandelssystems fallen lassen müssen. Bereits 2014 hatte der damalige, klimaskeptische Premierminister Tony Abbott ein von der Vorgängerregierung eingeführtes System wieder außer Kraft gesetzt.

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