




Dass es nicht leicht wird für Europa, das war längst klar. Der neue US-Präsident Donald Trump hält Belgien für eine Stadt („herrlicher Ort!“) und die Nato für „obsolet“. Die Europäische Union sei nur ein „Mittel zum Zweck für Deutschland“ und Kanzlerin Angela Merkel habe in der Flüchtlingspolitik einen „katastrophalen Fehler“ gemacht. Das waren mehr als verbale Ausrutscher.
Entscheidend ist: Europas einstige Schutzmacht USA wird unter Trumps Führung nun in erster Linie auf sich selbst schauen - „America first“. Die neue Politik in Washington trifft eine geschwächte Europäische Union, die sich seit längerem im Krisenmodus befindet. Vor allem die britische Entscheidung zum EU-Austritt macht der Union zu schaffen.
Dass ausgerechnet Premierministerin Theresa May jetzt als erste Trump in Washington trifft, ist bezeichnend. Sie versichert zwar, bei dem Gespräch die Bedeutung von Nato und EU hervorheben zu wollen. Vor allem aber dürfte ihr daran liegen, mir einem bilateralen Handelsabkommen Vorteile aus dem Brexit zu schlagen.
Trumps Amerika: Die Pläne des neuen US-Präsidenten
Trump will sich ganz von amerikanischen Interessen, vor allem den Sicherheitsinteressen leiten lassen. Höchste Priorität soll der Kampf gegen islamistische Terrororganisationen wie den Islamischen Staat (IS) haben. Russland wird in den Eckpunkten nicht direkt erwähnt, es gibt aber einen Satz, der als Botschaft an Russland verstanden werden kann. „Die Welt muss wissen, dass wir keine Feinde suchen, dass wir immer froh sind, wenn alte Feinde zu Freunde werden, und wenn alte Freunde zu Verbündeten werden.“ Internationale Bündnisse und Organisationen wie die Nato, die Europäische Union und die Vereinten Nationen kommen in den Eckpunkten nicht vor.
Trump setzt auf „harte und faire“ Handelsabkommen, die vorrangig der US-Wirtschaft nutzen sollen. Darauf will er seine „härtesten und klügsten“ Leute ansetzen. Erstes Ziel: „Rückzug aus der transpazifischen Partnerschaft.“ Das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta der USA mit Kanada und Mexiko will er neu verhandeln und aufkündigen, wenn es keinen „fairen Deal“ gibt. Verstöße anderer Länder gegen Handelsabkommen will er „mit allen Mitteln“ bekämpfen.
Die Kürzungen bei den US-Streitkräften will Trump rückgängig machen. „Unsere militärische Dominanz darf nicht infrage gestellt werden.“ Kein Land dürfe die USA militärisch überholen. Trump kündigt ein Raketenabwehrsystem zum Schutz vor Angriffen des Iran und Nordkoreas an. Dem Cyber-Krieg soll Priorität eingeräumt werden. Dabei sollen sowohl die defensiven als auch die offensiven Fähigkeiten der Streitkräfte gestärkt werden.
„Die Trump-Regierung wird eine Law-and-Order-Regierung (Recht und Ordnung) sein“, heißt es in den Eckpunkten. Vor allem die Gewaltkriminalität will der neue US-Präsident durch effektivere Polizeiarbeit, konsequentere Anwendung von Strafgesetzen und mehr bürgerliches Engagement bekämpfen. Das Recht auf Waffenbesitz soll nicht angetastet werden, um es jedem US-Bürger zu ermöglichen, sich selbst zu verteidigen.
Ein Grenzwall nach Mexiko soll illegale Einwanderung stoppen. Außerdem will Trump Migranten, die straffällig geworden sind, abschieben.
In zehn Jahren will Trump 25 Millionen Arbeitsplätze schaffen und vier Prozent Wachstum pro Jahr erreichen. Er will die Steuern für Bürger und Unternehmen senken sowie das gesamte Steuersystem vereinfachen. Staatliche Regulierung will die neue US-Regierung so weit wie möglich zurückfahren.
Trump will Energie für die Bürger möglichst billig machen und unabhängig sein von ausländischem Öl. Dafür will er Gesetze zum Klima- und Wasserschutz zurücknehmen, die Obama durchgesetzt hat. Stattdessen setzt er auf Fracking, also die Förderung von Erdgas aus Gesteinsschichten. Die US-Kohleindustrie will er „wiederbeleben“. Die Umweltbehörde EPA soll sich auf den Luft- und Wasserschutz konzentrieren. Trump hat früher abgestritten, dass es den menschengemachten Klimawandel gibt.
Allerdings stehen die Aussichten auf eine kurzfristige Vereinbarung mit den USA nach Expertenmeinung schlecht: “Während Trump angekündigt hat, dass er sich den schnellen Abschluss eines Handelsabkommens zwischen den USA und Großbritannien wünscht, wird ein tatsächlicher Vertragsabschluss noch lange dauern“, meint Robert Bell, Partner und Leiter der Europäischen Wettbewerbsrechtspraxis der internationalen Kanzlei Bryan Cave in London. Bevor Großbritannien die Europäische Union nicht verlassen habe, sei es für die britische Regierung rechtlich nicht möglich, einen Handelsvertrag gesondert von der EU abzuschließen.
"Die Europäische Kommission in Brüssel hat das exklusive Recht, für die Mitgliedsstaaten Handelsverträge einzugehen. Der frühestmögliche Zeitpunkt für einen Handelsvertrag zwischen den USA und Großbritannien ist zwei Jahre, nachdem die Downing Street nach Artikel 50 den Austritt beantragt hat. Es könnte aber deutlich länger dauern", schätzt Bell.
Merkel fordert respektvollen Austausch
Merkel hat noch keinen Termin bei Trump. Immer wieder versucht sie, drohende Konflikte mit dem neuen US-Präsidenten herunterzuspielen. Kompromisse könnten immer dann gefunden werden, wenn man „im Respekt miteinander sich austauscht“, sagte sie am Samstag. Allen werde es am besten gehen, wenn es ein gemeinsames Agieren auf der Basis gemeinsamer Werte gebe. Es klingt ein bisschen ratlos.
Ein Umdenken wird vor allem in der Außen- und Sicherheitspolitik notwendig, denn Trump lässt erkennen, dass er die internationalen Verpflichtungen der USA erheblich reduzieren will. Gerade in Osteuropa läuft es da manchem kalt den Rücken herunter. Aber hier zumindest birgt der Machtwechsel in den USA auch eine Chance, in der militärischen Zusammenarbeit voranzukommen.





Um absehbar knapper werdende Ressourcen besser zu nutzen, bemühen sich EU und Nato um eine engere Kooperation. Im Dezember erst vereinbarten beide Seiten ein 42-Punkte-Programm, das mehr Zusammenarbeit etwa bei Marineeinsätzen, der Cyberabwehr oder der Rüstungsforschung umfasst. Auch ein gemeinsames militärisches Hauptquartier der EU ist im Gespräch.