Theresa May Zwischen allen Stühlen

Großbritanniens Premierministerin will die Grundsätze der guten Unternehmensführung reformieren. Von den Plänen hält die britische Wirtschaft ganz und gar nichts. Doch Theresa May ist auf die Unternehmen angewiesen.

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Die britische Premierministerin Theresa May – hier zu Besuch in Indien – will ihre Vorschläge im Kampf gegen Exzesse in der Unternehmenswelt in den nächsten Wochen detaillierter vorstellen. Quelle: dpa

London Knapp 50 Seiten umfasst die Studie. Die Autoren haben sich darin Theresa Mays Ideen, die Grundsätze der guten Unternehmensführung zu reformieren, vorgenommen und sie sparen nicht mit vernichtenden Kommentaren. Die Vorschläge der britischen Premierministerin seien „unverhältnismäßig“, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Report. Sie könnten genau das Gegenteil dessen bewirken, was May eigentlich erreichen wolle. Am Ende würde ihr Vorgehen zu „falschen Anreizen“ führen.

Es sind vor allem zwei von Mays Ideen, die die Experten der unabhängigen Denkfabrik „Big Innovation Centre“ auseinandergenommen haben: Die Premierministerin will die Abstimmung von Aktionären über die Vergütung von Managern künftig verbindlich machen. Sie will zudem, dass Konzerne das Verhältnis zwischen dem, was die Topkräfte verdienen, und was die einfachen Mitarbeiter bekommen, öffentlich machen.

Eine arbeitnehmerfreundlichere Wirtschaft – das ist eines der zentralen Versprechen, mit denen Theresa May im Juli ihren neuen Job angetreten ist. Dazu gehörte auch: Sie wollte Arbeitnehmern zu einem Sitz im Verwaltungsrat von Konzernen verhelfen und damit ein Modell einführen, dass sich an dem deutschen System der Mitbestimmung orientiert. Nach massiver Kritik der Wirtschaft ist May Anfang der Woche jedoch davon abgerückt. Es gebe ja auch noch andere Wege für Arbeiter, sich in den höheren Etagen Gehör zu verschaffen – etwa durch die Mitarbeit in Beiräten und Beratungsgremium.

Das war ein großes Zugeständnis an die britische Wirtschaft, die Mays Brexit-Pläne massiv kritisiert. Denn die Premierministerin hat signalisiert, dass sie den vollen Zugang Großbritanniens zum europäischen Binnenmarkt aufgeben wird, um die Einwanderung kontrollieren zu können. Viele Unternehmen wollen die wirtschaftlichen Vorteile der EU-Zugehörigkeit aber behalten und fürchten hohe Kosten und deutliche Nachteile, wenn es anders kommt.

Dass die Premierministerin ihre Vorschläge, Arbeitern mehr Einfluss an der Konzernspitze zu verschaffen, deutlich abmilderte, hat die Kritik der Wirtschaft an ihren Reformplänen aber nicht beendet. Die Einführung einer verbindlichen Abstimmung über die Vergütung von Topführungskräften würde Bemühungen zunichtemachen, einen Vorstandschef zu halten und zu motivieren, heißt es in der Studie des „Big Innovation Centre“. Zu den Autoren zählen unter anderem Andy Haldane, Chefvolkswirt der Bank of England, und Experten der London Business School.

Sie lehnen den Vorschlag, das Verhältnis zwischen den Einnahmen der Topverdiener und der normalen Mitarbeiter zu veröffentlichen, ebenfalls ab. Denn das würde nur „irreführende Vergleiche“ hervorbringen, heißt es in der Studie. Einzelhändler kämen dabei deutlich schlechter weg als etwa Banken und Vermögensverwalter.

May will ihre Vorschläge im Kampf gegen Exzesse in der Unternehmenswelt in den nächsten Wochen detaillierter vorstellen. Einige Beobachter erwarten aber, dass sie diese angesichts des Widerstands in der Wirtschaft abmildern wird. „Denn sie braucht die Kooperationsbereitschaft der Unternehmen“, sagt ein Berater, um die Brexit-Folgen für das Land abzufedern. Sie könne es sich nicht leisten, Firmen noch mehr Argumente zu liefern, die Insel zu verlassen.

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