Zocker ausbremsen

Wenn derzeit Politiker vor die Mikrofone treten, sollten die Aktionäre der Deutschen Börse besser auf der Hut sein. Ende September kündigte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso an, Brüssel wolle 2014 eine Steuer auf Finanztransaktionen einführen. Die Nachricht sorgte an den Märkten für arge Verstörung: Der Kurs der Deutschen Börse fiel um fünf Prozent; die Talfahrt hielt, entgegen der positiven Markttendenz, auch am folgenden Tag an.
Zuvor hatten bereits Kanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy die Börsen heftig erschreckt. Auf einem Gipfeltreffen am 17. August sprachen sich die beiden Spitzenpolitiker ebenfalls dafür aus, den Handel mit Aktien, Anleihen und anderen Finanzprodukten zu besteuern. Daraufhin verlor das Papier der Deutschen Börse zeitweise mehr als sieben Prozent. Kein Wunder: Die Börse macht geschätzt die Hälfte ihrer Handelsumsätze mit Hochgeschwindigkeitshändlern. Hier schieben Computer im Millisekundentakt riesige Aktienpakete hin und her, die Händler verdienen an minimalen Preisdifferenzen. Eine neue Steuer könnte diese Gewinne auffressen, das Geschäft in Europa also unattraktiv machen. Die Deutsche Börse, fürchten ihre Aktionäre, würde Umsätze verlieren.
Die Finanztransaktionssteuer könnte für Börsen, Banken und Investoren in Europa kostspielig werden: Jährlich 57 Milliarden Euro erwartet die EU-Kommission. Eher am Rande erwähnte der Kommissionspräsident die Ziele, die die Befürworter ursprünglich mit der Transaktionssteuer verknüpft hatten: Das Instrument soll spekulative Börsengeschäfte verteuern und damit die Turbulenzen an den Finanzmärkten begrenzen. Für die Finanzmärkte dürfte dieses Argument das wichtigere sein. Die Maschinen im vollautomatischen Hochfrequenzhandel sind oft auf ähnliche Handelsstrategien programmiert. Damit besteht die Gefahr eines verhängnisvollen Gleichlaufs – auf breiter Front treiben die Rechner die Kurse nach unten oder oben.
„Eine Transaktionssteuer könnte das enorme Volumen im Hochfrequenzhandel zumindest zum Teil eindämmen“, vermutet Professorin Dorothea Schäfer, Forschungsdirektorin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Die Finanzmarktexpertin würde die Einführung eines solchen Instruments daher begrüßen.