Transparency International „Goldenes Visum“ – Passhandel macht EU anfällig für Korruption

Der Passhandel ist eine milliardenschwere globale Industrie. Transparency International warnt vor Korruptionsgefahr in der EU.

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Passhandel mit „Goldenen Visa“ macht EU anfällig für Korruption

Düsseldorf Will ein russischer Oligarch EU-Bürger werden, ist das kein Problem. Er kann sich sogar die Nationalität aussuchen: Portugiese oder doch lieber Zyprer? Alles nur eine Frage des Geldes.

350.000 Euro muss ein Interessent investieren, wenn er einen portugiesischen Pass bekommen will. Ist das Geld geflossen, kann sich der Käufer in seinen Privatjet setzen und wenige Stunden später in seiner Wahlheimat den Pass entgegennehmen.

Eine am Montag veröffentlichte Untersuchung des Recherchenetzwerks Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) in Zusammenarbeit mit Transparency International (TI) zeigt, wie anfällig der europäische Staatenbund durch den Passhandel für Korruption und Geldwäsche ist. Gegenstand der Untersuchungen waren sogenannte „Golden Visa“-Programme, mit denen in einigen Mitgliedsstaaten Aufenthaltstitel und Staatsbürgerschaften an reiche Investoren verkauft werden.

Das Konzept des „goldenen Visums“ gibt es bereits seit über 30 Jahren. Einige karibische Inselstaaten riefen die Ideen ins Leben, um Geld in ihre stockenden Ökonomien zu pumpen. Mittlerweile ist daraus eine milliardenschwere globale Industrie erwachsen – auch in elf EU-Ländern. Unter ihnen sind Griechenland, Österreich, Portugal, Ungarn und Zypern.

Was genau ein „goldenes Visum“ bezeichnet, variiert von einem Land zum nächsten. Die jeweiligen Regierungen halten sich zumeist sehr bedeckt. Das zugrundeliegende Prinzip ist jedoch stets dasselbe: Für ein üppiges Investment in inländische Immobilien, Firmen oder Staatsanleihen können sich wohlhabende Menschen ganz nach oben auf die Einwanderungsliste setzen.

OCCRP und TI haben den Passhandel von insgesamt zwölf Ländern untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass ein volkwirtschaftliche Nutzen für das Land bei weitem nicht in allen Fällen erkennbar sei. Je nach konkreter Ausgestaltung könne es zu dubiosen Geldflüssen kommen. Außerdem gebe es über die jeweiligen Käufer der EU-Pässe kaum transparente Informationen, heißt es von den Nichtregierungsorganisationen.

Die Überprüfung von Bewerbern sei zudem teilweise oberflächlich und ungenügend. Die Programme seien daher sehr anfällig für den Missbrauch durch Kriminelle. Ein zweiter oder dritter Pass ist für Steuerhinterzieher und Geldwäscher äußerst nützlich. Diese brauchen neue Identitäten, Schlupflöcher, wohlwollende Banken und Anwaltskanzleien, um Geld aus fragwürdiger Herkunft zu erklären.

Der „Spiegel“ berichtete schon 2015 über das Geschäft mit EU-Visa für reiche Ausländer, es ging darin unter anderem um Malta, Ungarn und Zypern. Das ungarische Visaprogramm warb beispielsweise ausdrücklich damit, Eintrittskarte für den deutschen Arbeitsmarkt zu sein. Kritiker geißeln den Handel mit Pässen schon länger – viel bewirken kann die EU aber offensichtlich nicht.

Ein Sprecher der EU-Kommission betonte am Montag, die Bedingungen für die Vergabe nationaler Staatsbürgerschaften sei Sache der Mitgliedstaaten, müsse aber auch dem EU-Recht genügen. Man beobachte das Verfahren und werde im Laufe des Jahres einen Bericht veröffentlichen, der die Gesetzeslage darlege und den Mitgliedstaaten Leitlinien beim Verkauf der „Goldenen Visa“ biete.

Nach Recherchen des NDR-Magazins „Panorama“ bekommt man in Zypern einen Pass für zwei Millionen Euro. Die portugiesische Staatbürgerschaft ist hingegen ab 350.000 Euro zu haben. Im Herbst vergangenen Jahres berichtete der „Guardian“ vom Passhandel auf Zypern.

Aus geleakten Unterlagen ging hervor, dass Hunderte von reichen Russen und Ukrainern – darunter einige unter Korruptionsverdacht – durch das umstrittene Visa-Programm einen Pass von der Regierung in Nikosia erhalten haben. Seit 2013 sollen die Zyprer so mehr als vier Milliarden Euro eingenommen haben.

Befürworter der Programme sehen sie als Ausdruck einer „universellen Kultur globaler Bürger“. Kritiker halten das System hingegen für vollkommen ungerecht. Schließlich bekämen Superreiche, was Millionen von Flüchtlingen in Notlage verwehrt wird.

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