Treffen der G7-Energieminister Wird aus den G7-Staaten jetzt ein Klimaclub?

Quelle: imago images

Beim Treffen der Klima- und Energieministerinnen der G7 in Berlin ist auch ein Lieblingsthema von Kanzler Olaf Scholz (SPD) Teil der Diskussion: der Klimaclub. Was würde der bringen? Und ist er realistisch?

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Eine große Rolle beim Treffen von Energieminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) mit ihren Kollegen aus den anderen sechs großen Industrieländern spielt die Minderung von klimaschädlichen Treibhausgasen im Verkehr, der Industrie und beim Heizen. Und indirekt spielt dadurch auch das Konzept eines Klimaclubs eine Rolle. Club klingt erst einmal nach einem abgeschlossenen Kreis und einem Türsteher, der den Zugang regelt. Und auch wenn Olaf Scholz betont, dass alle interessierten Länder mitmachen sollten, gibt es doch einige Hürden und Bedingungen. 

Wofür braucht es diesen Club?

Der Klimaclub ist noch nicht gegründet, bisher ist er eine Idee. Diese könnte nach dem Willen des Bundeskanzlers ein Zusammenschluss von Staaten werden, die alle bis Mitte dieses Jahrhunderts treibhausgasneutral wirtschaften wollen. Dafür sollen sie zusammenarbeiten und sich unterstützen. Zugleich soll der Club vor gegenseitigen Wettbewerbsnachteilen schützen, die zunächst entstehen, wenn strenge Klimavorschriften oder hohe CO2-Preise Produkte verteuern, die anderswo dann billiger produziert werden.

Wer soll mitmachen?

Bei seinem Besuch in Südafrika diese Woche hatte Scholz angekündigt, er lade zum G7-Gipfel Ende Juni in Elmau unter deutschem Vorsitz nicht nur Vertreterinnen und Vertreter internationaler Organisationen ein, sondern auch Staats- und Regierungschefs aus anderen Weltregionen – aus Indonesien, Indien, Senegal und Südafrika. 

Ein zentrales Ziel der G7-Präsidentschaft sei eben, „deutliche Fortschritte hin zu einem internationalen Klimaclub zu machen, der allen Staaten offensteht“, sagt Scholz – nicht nur den reichen Ländern. Mitmachen sollten möglichst viele, „weil wir ohne die Zusammenarbeit zwischen großen Emittenten, Schwellen- und Entwicklungsländern beim Klimaschutz nicht weiterkommen“. Deutschland wolle seine Erfahrungen beim Ausbau erneuerbarer Energien nicht für sich behalten. Südafrika etwa kämpft mit Engpässen bei der Stromversorgung und ist dabei stark auf Kohle angewiesen. Soweit der Kanzler, der die Idee des Klimaclubs bereits vorigen Sommer, noch als Bundesfinanzminister und Kanzlerkandidat einbrachte.

Was muss dafür auf den Weg gebracht werden?

Die Länder, die dabei sind, würden sich verpflichten, Instrumente einzusetzen und deren Einhaltung zu kontrollieren, die den Ausstoß von Treibhausgasen senken. Maßnahmen also, die dazu führen sollen, dass zur Jahrhundertmitte eben nicht mehr davon in die Atmosphäre gelangen als wieder neutralisiert werden können. 
Der Klimaclub soll Staaten offenstehen, die zum Beispiel die Emissionen mit einem CO2-Preis belegen, was das Verbrennen von Kohle, Öl oder Gas teurer macht. Nach dem Weltklimaabkommen von Paris 2015 steht es aber den Staaten offen, auch andere wirkungsvolle Mittel einzusetzen. Doch ist es schwer, diese Wege dann vergleichbar zu machen. Dazu müsste die Bundesregierung etwa eine Methode entwickeln, wie sich verschiedene Klimaschutzmaßnahmen vergleichen und in CO2-Preise umrechnen lassen. Ärmere Länder könnten abgestufte Maßstäbe für eine Mitgliedschaft bekommen. Die Idee: Wenn die Maßnahmen vergleichbar werden, können die Beteiligten voneinander lernen.



Was ist mit denen, die nicht dabei sind?

Ein internationaler Klimaclub kann einzelne Staaten vor Wettbewerbsnachteilen schützen und untereinander Austausch für mehr Klimaschutz ermöglichen. Nach außen soll es zudem tatsächlich eine Art Türsteher geben. Alles was an Importen reinkommt, soll den Maßstäben des Clubs entsprechen. Beispielsweise könnte ein CO2-Grenzausgleich gelten, ein Klimazoll für alle, die bestimmte Güter in den Club exportieren: Je höher der CO2-Fußabdruck des exportierten Gutes, desto höher die Abgabe am Eingang des Clubs. Ob das freilich mit den Regeln der Welthandelsorganisation vereinbar ist oder als Handelshemmnis eingestuft wird, ist offen. Und umstritten.

Gibt es schon Ähnliches?

Einen solchen Grenzausgleich hat 2021 die Europäische Kommission vorgeschlagen, zunächst für die 27 Staaten der EU. Für die Türkei zum Beispiel war der angekündigte EU-Grenzausgleich ein wesentlicher Grund, das Paris-Abkommen zu ratifizieren.  

Es soll also das Prinzip Zuckerbrot und Peitsche gelten. Handelspartner außerhalb des Clubs sollen Unterstützung für eigene Innovationen und eine Beitrittsperspektive bekommen, aber auch etwa durch Klimazölle zu mehr Nachhaltigkeit bewegt werden. 

Wie sollen ärmere Länder mitmachen?

Manche Ökonominnen regen zinsgünstige Darlehen oder Zuschüsse für den klimafreundlichen Umbau der Industrien in außenstehenden Ländern an. Zusätzlich könnte es Partnerschaften für die Erzeugung erneuerbarer Energie und Exportmöglichkeiten dafür geben.

Wie geht es weiter?

Deutschland hat 2022 den Vorsitz der G7-Gruppe, selbst einer der bekanntesten internationalen Politikclubs, zu der auch die USA, Kanada, Frankreich, Großbritannien, Italien und Japan gehören. 
Neben Olaf Scholz spricht auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) von einem „Kernanliegen der deutschen G7-Präsidentschaft“. Alle G7-Länder hätten sich zur Klimaneutralität bis spätestens 2050 – oder wie Deutschland bis 2045 – bekannt. Doch richtig konkret werden die Ressorts bisher noch nicht. Leichter sei es nicht geworden mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, heißt es in Regierungskreisen.

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Jetzt müsste unmittelbar und zuerst die Abhängigkeit von Russland bei Öl und Gas abgebaut werden und die Versorgung mit Energie gesichert sein, bevor der große Umbau starte. Kurzum: Der Klimaclub dürfte noch auf sich warten lassen.

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