Treffen zwischen Kim und Trump Nach Trumps Gipfel-Rausch kommt ein schmerzhafter Kater

Das Gipfeltreffen zwischen Donald Trump und Kim Jong Un ist historisch – aber hat es auch langfristige, erfolgreiche Konsequenzen? Quelle: imago images

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un und US-Präsident Donald Trump haben das historische Gipfeltreffen umgesetzt. So berauscht Trump nun ist, die Einsicht in seine begrenzte Macht wird schon bald schmerzvoll sein.

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Was lange unmöglich schien, wurde Wirklichkeit: die erste persönliche Begegnung eines amtierenden US-Präsidenten mit dem aktuellen Machthaber der Kim-Dynastie Nordkoreas. Dass dieser Gipfel überhaupt zustande kommt macht deutlich, das beide Koreas, Nord und Süd, die Dinge inzwischen selbst in die Hand genommen haben. Nach der ersten Gipfel-Absage von US-Präsident Donald Trump, trafen Nordkoreas Kim Jong Un und Südkoreas Moon Jae-in sich zur Überraschung gleich am nächsten Tag, um das Treffen zu retten.

Dieses Zusammenspiel der beiden Koreas, aber auch die beiden Treffen von Nordkoreas Herrscher Kim mit dem Chinesischen Staats- und Partei-Chef Xi Jinping vor dem Treffen mit Trump, der Besuch des russischen Außenministers Lawrow in Pjöngjang und das angekündigte Treffen zwischen Putin und Kim machen deutlich, dass heute in Singapur zwar Trump und Kim im Gipfelrausch die Schlagzeilen der Weltpresse beherrschen - sich aber nach dem Gipfeltreffen in Singapur auch andere Mitspieler deutlich zu Wort melden werden: China, Russland, aber auch Japan, das nicht in einer Außenseiter-Position verharren will und wird. Sie alle wollen ab morgen ihre Vorstellungen von der Lösung der Korea-Frage deutlich artikulieren.

Natürlich stellt das Gipfeltreffen zwischen Trump und Kim einen Meilenstein in der langen Phase von Kaltem Krieg mit ständigen Spannungen, Misstrauen, anschwellenden Eskalationen und nur mühsam unterdrückter Aggressionsbereitschaft auf der koreanischen Halbinsel und in Nordostasien dar. Da konnten sich beide Koreas in der Vergangenheit noch so sehr abmühen, einander näher zu kommen: immer war klar, dass der Weg von Seoul nach Pjöngjang nicht an Washington vorbei führen kann. Auf der anderen Seite liegt der Schlüssel zur Öffnung der geschlossenen Grenztore nicht allein in Washington, auch nicht nur in Peking oder gar Moskau.

Zur Person

Trumps Allmachtsphantasien scheitern
Nur durch einen multilateralen Dialog- und Verhandlungsprozess, am besten im bewährten Format der Sechs-Parteien-Gespräche zwischen beiden Koreas, den USA, China, Russland und Japan wird es langfristig eine nachhaltige Lösung des Korea-Konfliktes geben. Diese Einsicht wird für Donald Trump am schmerzvollsten sein, glaubte er doch lange an den „big deal“ mit Kim, an seine Allmacht, ein Problem auf einen Schlag zu lösen, an dem alle seine Vorgänger und die internationale Gemeinschaft bislang gescheitert sind. Doch der US-Präsident scheint dazugelernt zu haben, Inzwischen spricht er vom „Start eines Prozesses“, vom „Kennenlernen“ und der Schaffung einer „Vertrauensbasis“.

Es spricht für die Staatskunst des südkoreanischen Präsidenten Moon, dass er seine vor gut einem Jahr bewusst in Berlin angekündigte Entspannungspolitik gegenüber dem Norden – die Einladung zu den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang etwa – international abgesichert hat durch Vertrauensaufbau in China, geschicktes Agieren gegenüber Trump und die Bemühungen um Entspannung des historisch schwer belasteten Verhältnisses zu Japan. Doch Moon hat auch aus der teilweise illusionistischen Annäherungspolitik seiner Vorgänger gelernt. Er weiß, dass es keine substantielle innerkoreanische Annäherung ohne die Lösung der Nuklearfrage geben kann. Und er weiß auch um die Befindlichkeit der USA und die Eitelkeit ihres Präsidenten. Er respektiert die Rolle Chinas und bemüht sich um eine Annäherung gegenüber Japan.

Europa muss sich einmischen
Bei seinem Amtsantritt hat Südkoreas Präsident Moon erstmals nicht nur nach Washington, Peking, Moskau und Tokio Sondergesandte zur Erläuterung seiner Außen- und Koreapolitik geschickt, sondern auch nach Berlin und Brüssel. Vor seinem Debüt auf dem internationalen Parkett beim G-20-Gipfel in Hamburg 2017, skizzierte er seine Strategie: Südkorea, aber auch andere wünschen sich eine engagiertere Rolle der EU und Deutschlands bei Entspannungsprozess auf der koreanischen Halbinsel. Und es sind ja die Erfahrungen der innerdeutschen Beziehungen, die Europa einbringen können. Freilich nicht als Vermittler, aber als Ratgeber und Ermutiger.

Nach dem Debakel des G-7-Gipfels von La Malbaie wäre es nun an der Zeit, dass die Europäer deutlich machten, dass sie nicht in Schockstarre vor dem Zick-Zack-Kurs des US-Präsidenten verharren und sich eben nicht nur als Wirtschaftsmacht, sondern auch als politische Gestaltungsmacht verstehen, um auch außerhalb Europas zu Entspannung, Annäherung, Vertrauensbildung und wirtschaftlicher Entwicklung beizutragen. Dies umso mehr, wo doch Südkorea und die EU ein bestens funktionierendes Freihandelsabkommen verbindet, dass von einer möglichen wirtschaftlichen Annäherung zwischen Süd- und Nordkorea nicht unberührt bleiben wird.

Der Gipfelrausch von Singapur ist vorbei. Jetzt beginnen für alle die anstrengenden Mühen der Ebene. Nicht nur für Donald Trump, auch für Angela Merkel und Emmanuel Macron.

Die Bilder des Nordkorea-Gipfels
Die Wagenkolonne des nordkoreanischen Machthabers Kim, angeführt von einer Polizeieskorte, auf dem Weg zur Insel Sentosa. Quelle: dpa
Kurz nach Trump erreichte auch Nordkoreas Machthaber das Hotel Capella. Quelle: dpa
Zum ersten Mal trafen sich mit Kim Jong Un und Donald Trump ein nordkoreanischer Machthaber und ein US-Präsident zum persönlichen Gespräch. Quelle: AP
Dort beantworteten sie Fragen der anwesenden Journalisten und gaben sich zwischendurch nochmals die Hand. Quelle: REUTERS
Kim und Trump beendeten nach 41 Minuten ihr Einzelgespräch, bei dem nur zwei Dolmetscher anwesend waren. Quelle: AP
Anschließend setzten Trump und Kim ihre Gespräche in größerer Runde fort. Quelle: dpa
Bei Trump und Kims Arbeitsessen wurden nach Angaben des US-Präsidialamts sowohl asiatische als auch westliche Gerichte serviert. Quelle: dpa
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