Trump beendet Asienreise Viel versprochen – wenig erfüllt

Vor seiner Reise durch Asien war viel von Donald Trump erwartet worden. Der US-Präsident zeigt sich zufrieden. Doch nur wenige Erwartungen wurden erfüllt. Ein Rückblick auf zwölf Tage in fünf Ländern.

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Von keinerlei Skepsis oder Moral angekränkelt, entwirft der US-Präsident in Asien eine Art goldenen Globus mit „Trump“ im Zentrum. Quelle: Reuters

Manila Eine große Versicherung sollte Donald Trumps Reise sein. Klarheit bringen für Verbündete und Freunde über Washingtons Außen- und Asienpolitik. Aber nach zwölf Tagen lässt sich festhalten: Wenn Trumps Tournee irgendetwas nicht gebracht hat, dann das. Der US-Präsident hat wechselnde Botschaften ausgesandt, je länger er unterwegs war, umso mehr. Er begann konzentriert, dann ließ er nach. Der große Profiteur dieser Reise ist China, das für jeden Platz bereitsteht, den Trump räumt. Und wesentlich schlauer, wie es mit Nordkorea weitergehen soll, ist man auch nicht.

Tokio – der leichte Start

Eine seiner geliebten Versammlungen im Flugzeughangar steht am Beginn der Tour. Eine Präsentation wie im Wahlkampf, nur mit der Air Force One. Bevor er irgendjemanden sonst trifft, besucht er seine Soldaten. Trägt Bomberjacke. Die offiziellen Termine laufen dann gut, man betont Verbindendes. Später wird Trump edlen Koi-Karpfen die ganze Futterschachtel entgegenschütten statt nur einiger Brösel, ungewöhnlich. Aus der Nähe wirkt ein ungeschminkter Trump müde, angespannt, unrund. Mit „Präsident“ Shinzo Abe gebe es so viele Gemeinsamkeiten, sagt er immer wieder. Bis auf den Titel. Abe ist Premier.

Seoul – der gefährliche Konflikt

Hier in Südkorea ist Trump noch auf Linie, die Botschaften sind diszipliniert und konzise. Seine Rede vor dem Parlament findet im Land hohes Lob. Deutliche Worte an die Adresse Pjöngjangs, aber keine Entgleisungen. Diplomatie statt Draufhauen, viele sind überrascht. Der Ton ist gemäßigt, mit Seoul und Japan wollen die USA es halten, wenn es gegen Nordkorea geht. Das wird sich später alles noch ändern.

Wieder besucht Trump US-Soldaten, mit ihnen isst er in Camp Humphreys. Dass ihm am nächsten Tag Nebel einen Strich durch den Besuch der demilitarisierten Zone macht, die Hubschrauber umkehren müssen, bedrückt den Präsidenten sehr. An diesem Tag jährt sich die Sensation seines Wahlsiegs. Trump bleibt verhalten.

Peking – der Rollenwechsel

Mehr Bewunderung geht gar nicht. Tief verbeugt sich Trump vor den Chinesen, die alles an Pracht auffahren, die Trump so mag. Er wird einfach wahnsinnig gern bewundert, folgenlos bleibt das nicht. Die konservative Bloggerin Jennifer Rubin: „Trump ist der schlechteste Verhandler der Welt. Gib ihm eine Kapelle und einen roten Teppich und er wird Dir alles geben, was Du willst. Er ist so ein Einfaltspinsel.“

Lange hat Trump auf China eingeprügelt. Das ist vorbei, es herrscht ein neuer Ton. Das Handelsdefizit sei nicht Pekings Schuld, außerdem würden Deals über Hunderte Milliarden Dollar es rasch schließen helfen. Dass diese „Deals“ zum großen Teil aus reiner Absicht bestehen, China eine Autokratie ist, erfährt der Trump-Unterstützer zuhause nicht unbedingt. Er bekommt einen hochaktiven Präsidenten präsentiert, der durch fremde Länder saust und immer und überall das Jackett offen hat. Ehrengarden, Parlament, Präsidenten, immer.

Da Nang – jeder für sich

Während in grünen Palmen erste Weihnachtssterne baumeln, will Trump seinen Kollegen sagen, wo jetzt neuerdings der Tannenbaum steht. Was vor der Gemeinschaft der Apec freundlich beginnt, mündet in eine wirtschaftspolitische Wutrede. „Amerika zuerst“, das mag zuhause klappen, aber in der Dampfküche Da Nangs zündet es nicht. Höflicher Applaus. Die standing ovations bekommt später Xi Jinping.

Der Chinese tritt für Freihandel ein und für Bündnisse. Der US-Präsident fordert dagegen, jeder solle zuerst an sich selber denken, stolz und frei und unabhängig sein. Seine „Vision eines indopazifischen Traums“ bleibt aber leer. Konsequent schreibt Trump den Rückzug der USA fort, wieder und wieder camoufliert als „neue Prinzipien von Fairness und Gegenseitigkeit“.

Später am Wochenende, da ist Trumps Appell erst einen Tag alt, geben die elf verbliebenen Vertragspartner des Pazifik-Freihandelsabkommens TPP kühl bekannt, dass sie nun ohne die USA weitermachen wollen. Washingtons Rückzug hin oder her. Wer den Präsidenten über die ganze Strecke dieser Tage begleitet, kann die Versatzstücke bald auswendig, von den Rekorden an der Börse und dem tollen Arbeitsmarkt, wie sehr das Land jetzt vorankomme, und dass das in Wirklichkeit alles sein Werk sei. Er sagt das wirklich überall, und allmählich wird er unsortiert. Neben Trump selbst liegt das vor allem an Russland.

Alle Welt wartet auf ein Zweiertreffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, aber zumindest im offiziellen Rahmen wird es das nicht geben. Sie begegnen sich dann aber doch, unter anderem am großen Tisch, plaudern, beugen die Köpfe. Mit kleinen Dampflokbewegungen der Arme gibt Trump auf dem Weg zum Fototermin den Dynamiker, Putin schaut sehr stoisch drein. Seine Bilder mit Trump hat er, auf alles andere kann er warten. Dass Trump und Xi die neuen Superkumpel sind, kann dem geopolitisch hochbeschlagenen Russen ja nicht egal sein.


Kein kritisches Wort

Abends erscheint Trump zu einem der endlos vielen Galadinner wie alle anderen im traditionellen Obergewand, leuchtend blau. Die Kombination mit dem Trump'schen Blond knallt wie die schwedische Flagge, ein Raunen geht durch die Hallen. Die spitzen Schreie aber, tatsächlich, gehörten wieder einmal Kanadas Premier Justin Trudeau.

Unbeschadet der hübschen Bilder verliert Trump an diesem Abend ein mittelschweres diplomatisches Pokern: Gelassen erscheint Xi Jinping nach dem Amerikaner zum Dinner. Das hätte es früher nicht gegeben.

Hanoi – Verlust des Fokus

Diese Station klemmte eh ein wenig schräg im prallen Zeitplan, viel mehr als noch mehr roter Teppich, Blumenmädchen und das Bild des tapferen Trump vor einer Büste des Kommunisten Ho Chi Mins wird wohl nicht bleiben. Mehr als 13.000 Kilometer von zuhause aber wird mit einem Mal ein Komplex groß, der mit der Reise an sich nicht das Geringste zu tun hat. Russland.

In der Air Force One auf dem Weg nach Hanoi hatte Trump wieder einen dieser Auftritte, bei denen er einfach immer weiter redete. Er glaube Putin, der habe an der US-Wahl nicht herumgefummelt, bestimmt nicht. Seinen eigenen Geheimdiensten aber glaube er nicht. Alles Politik. Die CIA erschrickt sich so, dass sie sicherheitshalber ein Statement herausgebt, sie stehe sehr wohl zu ihren Erkenntnissen.

Mit dem neuen Morgen in Hanoi hat Trump eine frische Meinung, will - neben Vietnams etwas verloren wirkendem Präsidenten stehend - seine Russland-Äußerungen wieder abräumen. 180 Grad schwenkt er zurück, er sei inhaltlich doch wieder auf Linie der Geheimdienste.

Eine so lange Reise ist ein extremer Schlauch, für einen 71-Jährigen allemal, auch wenn Trump partout nicht als alt „beleidigt“ werden möchte. Ablenkungen und Störungen nehmen zu, Trump verliert den roten Faden. Neue Tweets werden auf Nordkoreas Kim Jong Un abgefeuert, „klein und fett“, Petitessen statt Politik in einer brandgefährlichen Krise. Derweil kreuzen drei US-Flugzeugträger im Pazifik.

Manila – der Abschied

Weitere Gipfel auf den Philippinen machen wie unter einem Brennglas klar, wie sehr Trump Außenpolitik nach Gusto betreibt. Mit wem er kann, dessen Land steht fortan in der Gnadensonne. Wichtig: persönliche Beziehungen, bilateraler Austausch, Transaktionen. Nicht so wichtig: Werte, Traditionslinien amerikanischer Außenpolitik, Menschenrechte, trotz einer dünnen Erklärung am letzten Tag. Wenige Straßen vom Gipfel entfernt leben Menschen auf der Straße unter Folien, lausen Kinder Erwachsene, wühlen im Müll um Bäume herum nach Essbarem.

Zu all den Autokratien und Diktaturen und Nicht-Demokratien der Region verliert Trump kein kritisches Wort. Mit wirklich allen Staatenlenkern, denen er hier begegnet sei, verstehe er sich gut.

Von Paraden, Pomp und Glitzereien begeistert, verspielt Trump mit wehender Tolle im feuchten Wind das Tafelsilber der USA in der Welt. „Make America Great Again“, aber nur nach Trumps Doktrin: Zuhause, da ist es am schönsten. Vertrauen, diplomatische Verlässlichkeit, Schutzmacht, das klingt ihm alles vergangen, unwichtig oder lästig.

Von keinerlei Skepsis oder Moral angekränkelt, entwirft der US-Präsident in Asien eine Art goldenen Globus mit „Trump“ im Zentrum. Er mag die USA aus dem Fahrersitz der internationalen Politik verabschieden, seine Reise wertet er als größtmöglichen Erfolg. Noch niemand habe hier „mehr roten Teppich“ bekommen, alles extraordinär, alles riesengroß, alles ganz fantastisch.

Zum Ende der Tour verlängert er seine Botschaften nach Hause und twittert mit 13 Stunden Zeitvorteil, alle seine Wahlversprechen würden rasant erfüllt, es gälten andere Regeln im Umgang mit den USA, die „Horror Shows“ früherer Handelsdeals seien zu Ende. Und jetzt zur Steuerreform.

Könnte sein, dass „Amerika zuerst“ nach dieser Reise noch mehr hinausläuft auf „Amerika allein“. Der Führer der freien Welt will dies nicht mehr sein. Seine eigene Welt ist ihm genug, Europa hat davon schon kosten dürfen. China wird es danken. Die langfristigen Folgen dieser Achsenverschiebung sind noch gar nicht abzusehen.

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