„Ungeeignet für das Amt des US-Präsidenten!“ So unumstößlich urteilte Donald Trump im Wahlkampf 2016 über den leichtsinnigen Umgang mit vertraulichen Informationen durch seine damalige Rivalin Hillary Clinton. Wenn sich bewahrheiten sollte, dass der US-Präsident jetzt selbst in einem Gespräch mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow geheime Informationen über eine geplante Terrorattacke des sogenannten „Islamischen Staates“ (IS) preisgegeben hat, dann hat Trump zugleich das Urteil über sich selbst gefällt.
Dass es sich hierbei nicht um ein kleines Versehen handelt, zeigt die Reaktion des Weißen Hauses auf die Veröffentlichung des Vorfalls durch die „Washington Post“. Das Presseteam wurde zum Rapport ins Oval Office bestellt. Trumps Sicherheitsberater McMaster und sein Außenminister Tillerson wurden zur Schadensbegrenzung an die Medienfront geschickt. Alarmstufe 1 nennt man das. McMaster, der selbst beim Treffen mit Lawrow dabei war, bezeichnete den Zeitungsbericht zwar als „falsch“. Aber er dementiert nicht, dass Trump gegenüber Lawrow vertrauliche Dinge ausplauderte, mit denen die Russen die Geheimdienstinformationen bis zu ihrer Quelle zurückverfolgen können. Später bezog der US-Präsident selbst Stellung, in zwei Tweets: Er habe mit Russland Fakten über Terrorismus und Flugsicherheit teilen wollen, schrieb Trump. Dazu habe er das Recht. Er habe es aus humanitären Gründen getan.
Dass diese Quelle aus der die brisanten Informationen stammen sollen vermutlich von einem befreundeten Land aus dem Mittleren Osten stammt, macht die Sache nur noch schlimmer. Die USA und ihre westlichen Verbündeten, inklusive Deutschland, sind auf solche Informationen angewiesen, um Terrorakte zu verhindern. Mit seinem mutmaßlichen Bruch der Vertraulichkeit unter Verbündeten riskiert Trump, dass wichtige Quellen in der Krisenregion versiegen.
Wie viele Deutsche Trumps Vorschläge auch bei uns gerne verwirklicht sähen
Die Deutschen mögen Donald Trump nicht. Nur wenige Prozent hätten für den Republikaner gestimmt, ergaben Umfragen vor der US-Wahl. Doch ist ihnen womöglich nur der Mensch zuwider, nicht sein Programm? Und fürchtet die überwiegende Mehrheit, dass Trump ein gefährlicher Präsident wird? Eine aktuelle Ipsos-Umfrage im Auftrag der WirtschaftsWoche liefert dazu erstaunliche Erkenntnisse.
Auf die Frage, welche Trump-Vorhaben die Deutschen auch hierzulande gerne umgesetzt sähen, antworteten satte 56,3 Prozent, sie wollten die Abschiebung aller illegalen Ausländer.
34 Prozent der Befragten stimmen Trumps Forderung nach mehr Durchgriffsrechten für die Polizei zu.
Immerhin 30,6 Prozent wünschen sich weniger Einkommensteuer.
26,2 Prozent wünschen sich gar eine strikte Einreiseregulierung für Muslime.
Die Ablehnung der Deutschen gegen Freihandelsabkommen wie TTIP oder TPP zeigt sich auch in dieser Umfrage. 19 Prozent sähen auch hierzulande gerne ein Ende/Neuverhandlung der Freihandelsabkommen.
15 Prozent der Befragten sind für den Aufbau engerer Beziehungen zu Putins Russland.
Die Erbschaftsteuer sähen 13 Prozent der Befragten auch in Deutschland gerne abgeschafft.
Immerhin 4 Prozent wünschen sich eine Einführung von (Schutz-)Zöllen für Importe.
Mehrfach drohte der designierte US-Präsident mit dem Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen. Nur 2 Prozent der Befragten sind für einen Austritt beziehungsweise Rückzug aus dem Klimavertag.
17 Prozent der Befragten ist nicht nur die Person Donald Trump zuwider. Auch das Programm des Republikaners stößt auf Ablehnung.
Gemessen an der Ablehnung seiner Person, sehen die Bundesbürger Trumps Rolle in der Welt noch vergleichsweise milde. 57,2 Prozent der Deutschen gehen davon aus, Trump werde vom Weißen Haus aus die Welt politisch destabilisieren.
55,9 Prozent erwarten negative Auswirkungen für Deutschland.
Zu den möglichen Folgen für die USA ist die Skepsis viel größer: Nur 12,2 Prozent sagen, Trump werde die internationale Position seines Landes nachhaltig verbessern.
Möglicherweise wird der US-Präsident die Folgen seines unbedachten Handelns bereits zu spüren bekommen, wenn er am Freitag zu seiner ersten Auslandsreise in den Mittleren Osten aufbricht. Trump will unter anderem Saudi-Arabien und Israel besuchen. Dass Trump sich ausgerechnet im Gespräch mit dem russischen Außenminister verplauderte, verleiht dem Ganzen zusätzlichen politischen Sprengstoff. Zwar bekämpft auch Russland die IS-Terroristen. Zugleich ist Moskau aber Partei im syrischen Bürgerkrieg und unterstützt zusammen mit dem Iran den syrischen Diktator Assad. Schon deshalb ist gegenüber den Kreml-Vertretern besondere Vorsicht geboten.
Hinzu kommt, dass Trump sich seit seinem Amtsbeginn des Vorwurfs erwehren muss, sein Wahlkampfteam sei von Moskau unterstützt worden und der russische Präsident Putin habe zu seinem Sieg über Clinton aktiv beigetragen. Vor eine Woche noch warf Trump seinen FBI-Direktor James Comey wohl auch deshalb raus, weil der die „Russland-Connection“ des Präsidenten für Trumps Geschmack zu sehr unter die Lupe nehmen wollte.
Der Kreml hat bislang offiziell noch keinen Kommentar zu den Vorwürfen abgegeben, die Meinung in Moskau dazu ist aber relativ einhellig: Der russische Politologe Fjodor Lukjanow nannte die Anschuldigungen gegenüber dem Handelsblatt „geistigen Dünnpfiff“. Bei der Meldung handle es sich um eine „weitere Erscheinung des innenpolitischen Kampfs in den USA, der mit Russland an sich nichts zu tun hat“. Dass Russland als Instrument in diesem Kampf verwendet werde, sei traurig, aber nicht zu ändern, so Lukjanows Fazit.
Was das Ausland von Trump erhofft und erwartet
Am 20. Januar soll Donald Trump sein Amt als 45. Präsident der USA antreten. Das sind die damit verbundenen Hoffnungen, Erwartungen und Sorgen wichtiger Länder und Gemeinschaften.
Quelle: dpa
Eine enge Zusammenarbeit im Kampf gegen den Klimawandel und den islamistischen Terrorismus, ein gemeinsamer Kurs in der Sanktionspolitik gegenüber Russland sowie eine Fortsetzung der Verhandlungen über das Handelsabkommen TTIP: Was sich die Europäische Union vom neuen US-Präsidenten erhofft, bekam Trump bereits kurz nach seiner Wahl in einem Brief aus Brüssel übermittelt. Nicht offen wird dagegen über die Sorgen gesprochen. Hinter vorgehaltener Hand befürchten EU-Spitzenpolitiker, dass die Erwartungen Europas den neuen US-Präsidenten nicht wirklich interessieren. Folge könnte eine deutliche Verschlechterung der transatlantischen Beziehungen sein.
Das Verhältnis zwischen Moskau und Washington ist so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Deshalb hofft Russland, dass Trump sein Versprechen wahr macht und die Beziehungen wieder verbessert. Die Zeichen stehen auf ein Treffen Trumps mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin kurz nach Amtsantritt. Weil der Republikaner das Engagement der USA im Rest der Welt verringern will, geht Russland davon aus, mehr Spielraum zu bekommen. Trump sieht Nato und EU kritisch, er will den islamistischen Terror stärker bekämpfen - beides passt zur Moskauer Position. Allerdings haben die Russland zugeschriebenen Hackerangriffe massiv den Verdacht geschürt, dass Moskau sich in US-Politik einmischen könnte. Trump und Putin müssen bei jeder Annäherung mit großem öffentlichem Misstrauen rechnen.
Die Mexikaner machen sich für die Ära Trump auf das Schlimmste gefasst. Der künftige US-Präsident hatte die Nachbarn im Süden mehrfach als Drogenhändler und Vergewaltiger diffamiert. Um die illegale Einreise von Migranten zu verhindern, will Trump eine Mauer an der Grenze zu Mexiko errichten. Außerdem hat er angekündigt, das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta) neu zu verhandeln oder sogar aufzukündigen. Die mexikanische Wirtschaft hängt stark vom Handel mit den USA ab. Der Autokonzern Ford beerdigte bereits Investitionspläne in Höhe von 1,6 Milliarden Dollar in Mexiko - offenbar aus Angst vor Trump. US-Unternehmen, die billig im Nachbarland produzieren, hatte er mit hohen Strafzöllen gedroht.
Den ohnehin schwierigen Beziehungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften drohen unter Trump schwere Spannungen, die auch die Weltwirtschaft in Mitleidenschaft ziehen könnten. Der neue US-Präsident holte China-Kritiker in sein Team, die eine härtere Gangart gegen Peking erwarten lassen. Die kommunistische Führung fürchtet eine Neuausrichtung der US-Beziehungen zu Taiwan, das Peking nur als abtrünnige Provinz behandelt. Mit einer Eskalation wird auch im Handel gerechnet, falls Trump seine Drohung mit Strafzöllen wahr machen sollte. Das Verhältnis wird zudem dadurch bestimmt, wie beide mit den Inselstreitigkeiten im Süd- und Ostchinesischen Meer umgehen.
Für den Iran ist es in erster Linie wichtig, was aus dem Atomabkommen wird. Obwohl auch die USA den Deal von 2015 mit ratifiziert hatten, drohte Trump bereits mehrmals mit einem Ausstieg. Präsident Hassan Ruhani bezeichnete das multilaterale Abkommen als unantastbar. Auch eine Nachverhandlung kommt für Teheran nicht infrage. Falls Trump sich nicht an den Deal halten sollte, werde auch Teheran angemessen reagieren, warnte Ruhani. Andererseits hofft der Iran auf eine Verbesserung der Beziehungen zwischen der neuen US-Regierung und Moskau. Als enger Verbündeter Russlands könnte davon auch Teheran, besonders im Syrien-Konflikt, außenpolitisch profitieren.
Israel zählt schon die Tage bis zum Amtsantritt von Trump. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erwartet nach dem eher schwierigen Verhältnis zu Präsident Barack Obama ein Umschwenken in der Israelpolitik der USA. Dazu gehört der Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem. Trump kündigte mehrfach an, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Beim Ausbau der Siedlungen im Westjordanland hoffen die ultrarechten Kräfte in der Regierung auf mehr Bewegungsfreiheit, nachdem die USA zuletzt eine siedlungskritische UN-Resolution passieren ließen. Einige fordern, das Westjordanland zumindest teilweise zu annektieren.
Doch selbst die republikanischen Parteifreunde des Präsidenten fragen sich inzwischen, wie lange das Chaos im Weißen Haus noch weitergehen kann. Ein schnelles Ende der „Leaks“ aus dem Oval Office ist unwahrscheinlich. Trump hat mit seinen Angriffen auf die US-Geheimdienste und vor allem mit seinem Vorgehen gegen Comey den Schlapphüten in Washington den Krieg erklärt. Und die rächen sich jetzt auf ihre Weise, indem sie immer wieder Informationen aus dem Weißen Haus an die Medien durchstechen. Das könnte eine Erklärung dafür sein, warum der Fauxpas des Präsidenten an die Öffentlichkeit kam.
Man muss Trump keinen bewussten Geheimnisverrat unterstellen. Dass er aber offenbar leichtsinnig vor den Russen mit vertraulichen Informationen prahlt, zeigt, dass er – selbst nach seinen eigenen Maßstäben – tatsächlich „ungeeignet“ ist für das Amt des amerikanischen Präsidenten.
Mitarbeit: Andre Ballin