Trump und Clinton Was die US-Wahl für die deutschen Autobauer bedeutet

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Daimler macht ein Viertel des Umsatzes in den USA

Die Investitionsentscheidungen in diese Werke sind natürlich vor dem Hintergrund eines funktionierenden Freihandels in der Nafta-Region gefallen. Ein Strafzoll, egal in welcher Höhe, würde die Planungen der potenziellen Absatzzahlen, Auslastung und Gewinnmargen über den Haufen werfen. Hillary Clinton hat zwar keinen Strafzoll gefordert, aber auch sie hält Veränderungen an dem Nafta-System für notwendig.

Da ein Großteil der Nordamerika-Produktion der deutschen Autobauer auch für den nordamerikanischen Markt gedacht ist (siehe Übersicht weiter unten), ist es natürlich auch wichtig, die produzierten Autos zu verkaufen. Von Clinton versprechen sich viele Volkswirte stabilere Verhältnisse, bei einem eher widersprüchlichen Präsident Trump fürchten sie Verwirrung an den Märkten und damit eine hohe Volatilität.

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„Unabhängig von Trump wird den Apologeten des Protektionismus Tür und Tor geöffnet, wenn zu viel Wertschöpfung und damit Arbeitsplätze ins Ausland wandern, aber die Umsätze in den USA gemacht werden“, sagt Stefan Bratzel. „Für Automobilhersteller gilt es Langfristentscheidungen für Produktionswerke vor diesem Hintergrund gut auszubalancieren.“ Für die Importeure sei das Wahlergebnis daher noch wichtiger als für die einheimischen US-Hersteller.

Wie wichtig ist der US-Markt überhaupt für die deutschen Autobauer?

Selbst vor dem Abgasskandal war Volkswagen in den USA ein Nischenanbieter. In den Plänen des damaligen Konzernchefs Martin Winterkorn spielten die USA eine entscheidende Rolle bei dem Bestreben, bis 2018 größter Autobauer der Welt zu werden. Der US-Markt sollte mit günstigen und sparsamen Dieselmotoren erobert werden – manch einer sieht in dieser Entscheidung die Quelle von Dieselgate.

Doch auch mit dem betrügerischen Eingriff in die Motorsteuerung kam der Diesel nicht wie erwartet an, auch wegen Fehlern in der Modellplanung und im Vertrieb blieb die US-Offensive weit hinter den Erwartungen zurück. Jetzt soll es ein speziell für den US-Markt entwickeltes SUV richten – nur mit Benzinmotoren, versteht sich.

Während VW bei den Auslandsverkäufen vor allem von China abhängig ist, sieht es bei den Premium-Herstellern anders aus. Im zweiten Quartal (die Zahlen für das dritte Quartal liegen noch nicht von allen Konzernen vor) lagen bei BMW die USA nur knapp hinter China – 22 zu 20 Prozent des Konzernabsatzes.

Auf dieses Auto setzt VW seine US-Hoffnungen
"Midsize-SUV" – das klingt nach Mittelklasse. In Deutschland wäre das bei Volkswagen ein Tiguan. Der misst in der Länge knapp 4,48 Meter, in der Breite sind es 1,84 Meter. Darüber rangiert der Touareg, bei einem kleineren SUV hat Volkswagen derzeit noch eine Lücke – die Konzerntochter Audi zeigt aber mit den Modellen Q2 und Q3, wie ein solches Kleinwagen-SUV aussehen könnte. Dazwischen liegt eben die Mittelklasse. In den USA wird "Midsize" aber etwas anders ausgelegt, wie der neue Hoffnungsträger von VW zeigt. Quelle: Volkswagen
Denn der hierzulande als Dickschiff angesehene Touareg ist für US-Verhältnisse eher klein. So kommt es, dass das offiziell noch namenslose Midsize-SUV für den US-Markt mit einer Länge von 5,03 Metern den Touareg überragt. Zugleich soll das Auto mit dem Projektcode 416 kaum teurer als ein Tiguan sein – eben genau das, was die amerikanischen Kunden verlangen. Mit dem Konzept zielt VW ins Herz des amerikanischen Massenmarktes und wird so zum Hoffnungsträger des vom Dieselgate gebeutelten Konzerns. Mit dem Angriff auf Platzhirsche wie dem Ford Explorer oder dem Chevrolet Traverse soll der neue Geländewagen VW in den USA aus der Nische führen – derzeit haben die Wolfsburger einen Marktanteil von gerade einmal drei Prozent. Quelle: Volkswagen
Im November soll der Wagen auf der Auto Show in Los Angeles präsentiert werden. Mit dem dicken Tarnpolster will VW das Design noch geheim halten. Es dürfte aber deutlich bulliger – und damit amerikanischer – werden als jenes der Studie "Crossblue", die einen Ausblick auf das siebensitzige SUV gegeben hat. Quelle: Volkswagen
Das Midsize-SUV ist nicht nur wegen der erwartenden Absatzzahlen eines der wichtigsten Modelle bei VW, es leitet auch eine Zeitenwende ein: Galt bislang auch für die VW-Vertreter in Amerika Wolfsburg als Nabel der Welt, ist das bei dem Projekt 416 anders: Zwar kommen Motoren, Getriebe und Plattformen im Kern weiter aus Deutschland, im Detail wird aber künftig mehr auf die lokalen Bedürfnisse eingegangen. Das beginnt bei der Art, wie die Amerikaner ihr Navigationssystem bedienen und ist bei Details wie der Aufnahmevorrichtung für die Anhängerkupplung noch lange nicht vorbei. Negativ-Schlagzeilen wie die zunächst fehlenden Cupholder beim US-Passat will Volkswagen unbedingt verhindern – solche Kleinigkeiten können über Erfolg oder Misserfolg eines Milliarden-Projekts bestimmen. Quelle: Volkswagen
A propos Negativ-Schlagzeilen: Einen Diesel wird es in dem Midsize-SUV nicht geben. Deshalb wird der Wagen erst einmal nur einen 238 PS starken Vierzylinder-Turbo oder einen V6-Sauger mit 3,6 Litern Hubraum und 280 PS angetrieben. Damit das bislang größte Modell auf Basis des konzerneigenen Modularen Querbaukastens auf einen Einstiegspreis von 30.000 Dollar kommt, mussten die Entwickler eine neue Balance zwischen Preis und Premium finden – bislang hat VW als deutsche Marke seine Autos stets etwas teurer verkauft als die einheimische Konkurrenz. Das zieht natürlich Einschnitte bei Qualität und Materialauswahl nach sich – und wohl einer der Gründe, warum das SUV nicht nach Europa exportiert werden wird. Die offizielle Begründung lautet übrigens: "Zu groß". Quelle: Volkswagen
Der Schuss mit dem Midsize-SUV muss sitzen – das ist den VW-Verantwortlichen in den USA und in Wolfsburg klar. Deshalb wird es auch an anderer Stelle eine Neuerung geben: Als erstes Modell nach dem Rabbit wird das Midsize-SUV in Amerika einen eigenständigen Namen bekommen. Der US-Passat, neben dem das SUV im US-Werk Chattanooga vom Band laufen wird, hat einen Namensvetter in Europa – auch wenn sich beide Modelle erheblich unterscheiden. Bleibt abzuwarten, ob VW mit dem Konzept wirklich den Geschmack der US-Kunden trifft – und ob das Design und ein frischer Name wirklich ausreichen. Die Premiere im November wird erste Antworten liefern. Quelle: Volkswagen

Bei Mercedes-Benz ist der Vorsprung von China auf die USA etwas größer, dennoch hat das US-Geschäft für die Stuttgarter eine besondere Bedeutung: Daimler ist mit verschiedenen Marken auch bei den Nutzfahrzeugen am Markt vertreten, fast 26 Prozent des Umsatzes kommen aus den USA – bei China sind es nur knapp zehn Prozent.

Welche Werke haben die Hersteller in den USA?

Die USA waren für deutsche Autobauer lange ein reines Exportgeschäft. Volkswagen hatte sein damals letztes US-Werk in Pennsylvania 1988 geschlossen. Erst Mitte der 1990er Jahre siedelten sich Daimler und BMW mit eigenen Produktionsstätten in den Südstaaten an, VW bediente den US-Markt mit Autos aus dem mexikanischen Puebla. Erst 2011 hat Volkswagen wieder ein US-Werk eröffnet, in Chattanooga, Tennessee wird der US-Passat gebaut. Bald startet auch die Produktion des speziellen US-Midsize-SUV Atlas.
Zusammen mit den Lkw-Werken verschiedener Konzernmarken kommt Daimler auf die meisten US-Werke – jedoch nur in Vance, Alabama werden Mercedes-Pkw gebaut. Sowohl Mercedes als auch Premium-Konkurrent BMW setzen bei ihrer US-Produktion auf die dort gefragten SUV-Modelle – auch für den Export.

Die US-Werke der deutschen Autokonzerne

Bei den Münchnern etwa werden mit Ausnahme des kleinen X1 (Werk Leipzig) sämtliche X-Modelle gebaut. Sprich: Jeder X3, der über deutsche Straßen fährt, stammt aus Spartanburg, South Carolina. Aktuell wird das Werk ausgebaut, künftig soll dort auch das extragroße SUV X7 vom Band laufen. Mit dem Ausbau ist Spartanburg dann das größte BMW-Werk der Welt, noch vor dem Stammwerk Dingolfing.

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