Trumpcare vor dem Aus Der erste große Rückschlag

Trump scheitert mit seiner Politik im Business-Stil an den eigenen Verbündeten im Kongress. Das Projekt, Obamacare zu ersetzen, hat sich festgefahren. Investoren sind gespannt, worauf er sich als nächstes stürzt.

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Hat der US-Präsident zu überhastet agiert? Quelle: Reuters

Kurz zuvor hatte die „Washington Post“ Donald Trumps Politik-Stil noch mit seiner Verhandlungstaktik als Geschäftsmann verglichen – und prognostiziert, dass er damit möglicherweise durchkommt. Der heutige US-Präsident hatte 1987 in seinem Buch „The Art of The Deal“ seine Methoden beschrieben. Dazu gehört auch, der Gegenseite ein Ultimatum zu setzen. Aber im Weißen Haus droht er damit das erste Mal gründlich zu scheitern.

Nach endlosem Gezerre zwischen den Republikanern im Abgeordnetenhaus hat Trump angekündigt: Entweder sie beschließen am Freitag die Rücknahme von Obamacare, dem umstrittenen System zur Gesundheitsversorgung, das sein Vorgänger eingeführt hatte oder er wird dieses Projekt zunächst fallen lassen und sich anderen Fragen widmen. Am frühen Nachmittag eilte Fraktionsführer Paul Ryan dann ins Weiße Haus und musste eingestehen, dass er nicht genügend Stimmen zusammen bekommt, um Obamacare abzulösen. Die Börse reagierte darauf negativ, aber nicht panisch, weil die Entwicklung nicht überraschend kam. In letzter Minute wurde die Abstimmung von den US-Republikanern zurückgezogen.

Die Hängepartie ist ein Tiefschlag für Trump. Schließlich galt die Entscheidung im Abgeordnetenhaus als leichter als die, die später im Senat folgen sollte. Nicht nur Trumps Gegner werden sich dagegen freuen, dass die Abgeordneten dem Präsidenten nicht einfach aufs Wort folgen – ein Beweis, dass die Gewaltenteilung noch funktioniert.

Die Investoren wird jetzt am meisten interessieren, welches Projekt Trump als nächstes angeht. Vielleicht die Steuerreform? Das würde bei Anlegern, Geschäftsleuten und Ökonomen Begeisterung auslösen. Schließlich gründet sich der gesamte Optimismus seit Trumps Wahl im November vor allem auf die Aussicht, dass Unternehmen und Privatleute künftig niedrigere Steuern zahlen und damit die Gewinne und hoffentlich auch die Investitionen steigen. Obamacare abzulösen war dagegen aus rein wirtschaftlicher Sicht ein zweitrangiges und zudem in seiner Wirkung schwerer einschätzbares Projekt.

Die Rücknahme von Obamacare droht an ideologischen wie auch an praktischen Fragen zu scheitern, die alle vorhersehbar waren. Paul Ryan hatte ein Konzept vorgeschlagen, das nach Einschätzung unabhängiger Experten auf lange Sicht Steuergeld gespart, aber für viele Amerikaner auch zum Verlust ihrer Krankenversicherung geführt hätte.

Einem Flügel der Republikaner geht Ryans Vorschlag, der immerhin steuersubventionierte Versicherungsprämien vorsieht, nicht weit genug. Sie wollen aus ideologischen Gründen das Problem allein dem freien Markt überlassen und nehmen in Kauf, dass viele Leute mit dem Versicherungsschutz auch die Chance auf angemessene Versorgung im Krankheitsfall verlieren würden. Diesen Flügel hatten auch die Gebrüder Koch, bekannte konservative Industrielle, mit massiven Finanzmitteln und Anzeigen unterstützt. Auf der anderen Seite berichteten kurz vor der Abstimmung republikanische Politiker von Tausenden besorgter Bürger, die sie angerufen und sich gegen die Rücknahme von Obamacare ausgesprochen hatten.

Ryan bewegte sich mit seinem Vorschlag in der Mitte zwischen beiden Flügeln, konnte bisher aber auf beiden Seiten nicht genug Parteikollegen für überzeugen. Sein Konzept hätte nach Einschätzung von Experten einen Bruch von Trumps Versprechen dargestellt, dass niemand seinen Versicherungsschutz verliert. Aber dieser Effekt wäre wenigstens nicht so schnell und deutlich zu Tage getreten wie bei einer simplen Rücknahme des bisherigen Gesetzes.

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