Trumps Asienreise China first

Donald Trump will kein Freihandelsabkommen mit Asien. China will die Lücke füllen, die der US-Präsident hinterlässt. Die Frage, welche Großmacht sich auf dem Kontinent durchsetzt, scheint entschieden.

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Der US-Präsident fokussiert sich auf die heimische Wirtschaft. Dass von seinem Vorgänger Barack Obama vorangetrieben Handelsabkommen mit Asien interessiert ihn nicht. Quelle: Reuters

Da Nang Daumen hoch für Donald Trump, wütende Smileys für Xi Jinping: Den Vietnamesen fällt es leicht, sich im Gerangel zwischen den USA und China für einen Wunschpartner zu entscheiden. Die Liveübertragung des Asien-Pazifik-Gipfels in Da Nang auf einer vietnamesischen Facebook-Seite liefert dafür ein anschauliches Stimmungsbild: Während Trump spricht, drücken die Zuschauer mit Emoticons massenhaft ihren Zuspruch aus. Sein chinesischer Amtskollege Xi bekommt bei seiner Rede wenige Minuten später fast ausschließlich negative Reaktionen.

In kaum einem Land ist die Ablehnung von China so groß wie in Vietnam. Drei Viertel der Vietnamesen haben laut einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center keinerlei Vertrauen in den chinesischen Präsidenten. Trump kommt hingegen auf weit höhere Zustimmungswerte als in seiner Heimat. Doch die Asienpolitik des US-Präsidenten weckt in Vietnam nun die Sorge, mit Chinas wachsendem Einfluss allein gelassen zu werden.

Denn dass China in der Trump-Ära immer stärker wird, scheint auf dem ersten großen Gipfeltreffen während der Asienreise des US-Präsidenten unbestritten. "Jeder einzelne ausländische Politiker, mit dem ich während des Apec-Gipels gesprochen habe, glaubt, dass die Trump-Präsidentschaft ein extremes Geschenk für die Chinesen ist", bilanziert Ian Bremmer, Chef und Gründer des Beratungsunternehmens Eurasia Group. Die Diagnose ist klar: Trumps Politik hinterlässt in Asien eine Lücke, die Präsident Xi mit Freude schließen möchte.

Die Richtungen, in die sich die beiden Großmächte in Asien bewegen, könnten kaum unterschiedlicher sein. Während Trump auf dem Treffen der Pazifikanrainerstaaten seine "America first"-Politik bekräftigt und länderübergreifenden Freihandelszonen eine Absage erteilt, bietet sich Xi als zuverlässiger Partner an: Er inszeniert sich als Verteidiger der Globalisierung und verspricht chinesische Auslandsinvestitionen von zwei Billionen Dollar in den kommenden anderthalb Jahrzehnten. Trump hat den asiatischen Staaten hingegen kaum etwas Konkretes anzubieten. Stattdessen schimpft er darüber, dass die USA viel zu lange unfair behandelt worden seien. Trump macht China in Asien den Weg frei. Dort wird aus "America first" implizit zu "China first".

Beobachter sehen in dem Auftritt einen Wendepunkt: "Wenn Historiker über den Tod des von Amerika geführten Multilateralismus und den Aufstieg Chinas schreiben werden, dann wird Trumps Asien-Trip ein zentrale Rolle einnehmen", kommentiert Brian Klaas, Politikwissenschaftler an der London School of Economics. Entscheidend ist dabei Trumps Entscheidung, bei der transpazifischen Freihandelszone TPP nicht länger mitzumischen. Bereits auf seiner ersten Station in Japan bekräftigte er seine Haltung vor Wirtschaftsvertretern: "TPP war nicht die richtige Idee."


Chinas Alternative zu TPP

Der Handelspakt, zu dem sich unter der Regierung von Barack Obama zwölf Länder mit zusammen mehr als 800 Millionen Einwohnern bekannt hatten, hätte die größte Freihandelszone der Welt bilden sollen. In dem Projekt ging es aber nicht nur um wirtschaftliche Erwägungen, sondern auch um geopolitische. Denn China war mit voller Absicht nicht an der Vereinbarung beteiligt. Die Partnerschaft der TPP-Länder hätte somit ein Gegengewicht zu der zunehmend dominant auftretenden Regierung von Chinas Präsident Xi bilden sollen.

Dieses Gegengewicht versuchen insbesondere Japan und Vietnam immer noch zu retten. Aber dieses Wochenende in Da Nang zeigte, wie schwer es den Ländern fällt, ohne das Gewicht der USA eine Einigung zu finden: Denn ein einfacherer Zugang auf den amerikanischen Markt war für die Teilnehmerländer das wichtigste Argument, dem Vertrag zuzustimmen. Dafür nahmen sie sogar strengere Regeln für Arbeitnehmerrechte und Umweltschutz in Kauf.

Nach Trumps Rückzug ist der Anreiz zur Einigung extrem gesunken. Die TPP-Länder vereinbarten in der Folge am Samstag lediglich ein Grundgerüst – in Detailfragen liege jedoch noch viel Arbeit vor den Ländern, betonte Kanadas Premierminister Justin Trudeau. Der Handelspakt wird zwar weiter beatmet – ob er überlebt, kann aber noch niemand sagen.

Anders sieht es mit der Freihandelsvereinbarung aus, die China als TPP-Alternative propagiert: Der RCEP-Vertrag umfasst neben den Ländern Südostasiens und Ozeaniens auch Indien. Die USA sind davon aber ausgeschlossen. In Gesprächen am Rand des Gipfels der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean, der bis Dienstag in Manila läuft, will China Fortschritte erzielen. Erstmals soll der Plan auf Ebene der Staats- und Regierungschefs verhandelt werden.

Auch Donald Trump wird zum Asean-Gipfel reisen. Aber wenn China seinen Handelsplan bespricht, wird der US-Präsident eine Pause haben. "Dank Trump ist es für jeden in der Region glasklar geworden, dass die Zukunft China gehört", kommentiert der amerikanische Politikwissenschaftler Nicholas Grossman. Dass die US-Hegemonie irgendwann enden würde, sei zwar absehbar gewesen. "Aber ich hätte nie gedacht, dass sie die USA freiwillig verabschieden würden."

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