Trumps Mauer zu Mexiko „Eine Lösung aus dem 14. Jahrhundert“

Mit einer Mauer sollen illegale Einwanderer aus Mexiko ferngehalten werden – so hat es der designierte US-Präsident Donald Trump den Wählern versprochen. Nach dem Urteil vieler Experten könnte das voreilig gewesen sein.

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Rund ein Drittel der gesamten Grenze Mexiko-USA ist bereits mit Zäunen oder Metallabsperrungen gesichert. Im Wahlkampf forderte Trump eine durchgehende Mauer. Experten raten ihm jedoch davon ab. Quelle: dpa - picture-alliance

Mexiko-Stadt Kaum ein Thema nahm bei Donald Trumps Wahlkampfauftritten so viel Platz ein wie Mexiko und die Mauer, die er zum südlichen Nachbarn bauen lassen will. Der Kandidat versprach den Grenzwall, um „Drogendealer und Vergewaltiger“ abzuschrecken. Zahlen soll die Mauer Mexiko. Wie, das ließ Trump stets unbeantwortet.

Als gewählter Präsident macht er nun offenbar ernst mit seinen Plänen. Sein Übergangsteam lässt derzeit prüfen, wie machbar eine stärker befestigte Demarkationslinie zwischen beiden Staaten ist, wo überhaupt eine Mauer sinnvoll wäre und wo andere Befestigungen denkbar sind. Dies berichten mehrere Medien in den USA und Mexiko unter Berufung auf Politiker der US-Demokraten. Und offenbar melden die Grenzexperten zurück: eine durchgehende Mauer mache wenig Sinn.

Man brauche eher einen Zaun an ausgewählten Stellen der 3200 Kilometer langen Division zwischen beiden Staaten. Denn auf rund einem Drittel der Grenze stehen bereits Zäune oder Metallabsperrungen. Im US-Bundesstaat Texas, der alleine rund 1500 Kilometer Grenze mit Mexiko teilt, sind aber nur 160 Kilometer gesichert, wie die Nachrichtenagentur AP schreibt. An den übrigen Stellen bilden der Rio Grande, die Wüste und Berge eine natürliche Grenze.

Daher konzentriert Trump seine Pläne auf Texas. Die US-Grenzpolizei kontaktierte Mitte Dezember den demokratischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus, Henry Cuellar, um seine Meinung zu einer Mauer zu hören. Die Grenzschützer wiederum seien von Trumps Team um konkrete Vorschläge gebeten worden.

Cuellar, zu dessen Wahlkreis Laredo gehört, hält es für kompliziert, die Division in der 255.000-Einwohner-Stadt stärker abzusichern. In einem der wichtigsten Umschlagplätze zwischen den beiden eng verzahnten Wirtschaftspartnern Mexiko und USA seien schwerere Grenzanlagen wenig sinnvoll. Aber die Vertreter des künftigen US-Präsidenten wollten sich mit einer negativen Aussage nicht zufrieden geben.

„Die Trump-Headquarters haben insistiert und wollten wissen, wo in der Stadt ein Zaun oder eine Mauer gebaut werden könnte“, sagte Cuellar US-Medien. Aber das Einmauern der Stadt würde die Handelsströme stark bremsen, warnte der Abgeordnete. „Es ist eine Lösung aus dem 14. Jahrhundert für ein Problem des 21. Jahrhunderts“.


Eine Meile Zaun kostet 6,5 Millionen Dollar

Ähnliches berichtet der Bürgermeister von Laredo, Pete Saenz. Nach dessen Angaben will Trumps Übergangsteam in der Stadt die Grünstreifen durch Zäune, mehr Überwachungstechnologie, mehr Licht und Wege ersetzen, über welche die Grenzschützer patrouillieren können. Bisher gibt es in Laredo nur einen kleinen Zaun an einer Stelle. Die wirkliche Grenze zu der mexikanischen Nachbarstadt Nuevo Laredo im Bundesstaat Tamaulipas ist der Rio Grande. An vielen Stellen sei es unmöglich, eine Mauer zu bauen, zumal auch Naturschutzgebiete betroffen seien, betont Cuellar und erinnert auch an den ökonomischen Aspekt. Eine Meile Zaun koste rund 6,5 Millionen Dollar, sagt der Politiker. Die technische Überwachung zu verbessern, koste kaum eine Million pro Meile.

Es ist überhaupt eine absurde Diskussion. Die USA und Mexiko sind über die Nordamerikanische Freihandelszone Nafta enge Partner. Auf fast 550 Milliarden Dollar beläuft sich der legale Handel jährlich. Hinzu kommen Drogen im Wert von Hunderten von Millionen die von Mexiko Richtung Norden die Grenze passieren. Umgekehrt werden Waffen und Geld geschmuggelt. Vieles geht dabei über die Grenzübergänge in Laredo/Nuevo Laredo, Tijuana/San Diego und Ciudad Juárez/El Paso. Sie gehören zu den am stärksten frequentierten Grenzpunkten der Welt.

Aber während Waren ungehindert und ohne Zölle zwischen beiden Ländern passieren können, bleibt den Menschen, die von Süd nach Nord wollen, die Grenze verschlossen, wenn sie kein Visum besitzen. Inzwischen ist allerdings die Migration aus Mexiko im Saldo negativ. Es kehrten jährlich mehr Mexikaner in ihre Heimat zurück, als den Weg in die USA suchten, schreibt das Pew Reserach Center in Washington. Derzeit drängten vor allem Migranten aus Zentralamerika in die USA, weil sie vor der Gewalt in Staaten wie Honduras, El Salvador und Guatemala flüchteten.

Trotz alledem will Trump den Bau der Grenzmauer den Mexikanern in Rechnung stellen und kalkuliert die Kosten auf fünf bis zehn Milliarden Dollar. Da die Regierung in Mexiko-Stadt dafür nicht aufkommen wird, will Trump das Geld über die Auslandsüberweisungen der Migranten reinholen. „Die US-Regierung könnte die Überweisungen konfiszieren oder sie besteuern“, sagt Alfredo Coutiño, Lateinamerikadirektor bei der US-Ratingagentur Moody’s Analytics.

Erhöbe Trump Steuern von fünf Prozent nur auf die Überweisungen der Migranten ohne gültige Papiere, würde er so nach Berechnungen von BBVA Bancomer pro Jahr 1,3 Milliarden Dollar zurückstellen können. Damit könnte man schon ein beträchtliches Stück Zaun oder Mauer errichten.

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