Trumps Nahost-Politik Netanjahu wittert seine Chance

Iran, Jerusalem, Anti-Terror-Kampf: Im Februar will Netanjahu mit dem Weißen Haus eine neue Nahost-Politik ausloten. Das Land könnte stark von Trump profitieren. Die Palästinenser hingegen fürchten den neuen Präsidenten.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu glaubt an eine Verbesserung der Beziehungen zu den USA. Quelle: dpa

Tel Aviv Mit dem Einzug von Donald Trump im Weißen Haus hofft Jerusalem auf eine Verbesserung der israelisch-amerikanischen Beziehungen. Bei einem ersten Treffen im Februar wollen Trump und Premier Benjamin Netanjahu die wichtigsten regionalen Probleme besprechen und versuchen, ihre künftigen Strategien im Nahen Osten aufeinander abzustimmen. Eine entsprechende Einladung hatte Netanjahu während eines Telefonats mit Trump am Sonntag erhalten.

Dass Netanjahu als einer der ersten ausländischen Regierungschefs in Washington erwartet wird, sei ein Zeichen dafür, dass Trump Israel als einen wichtigen Alliierten betrachte, sagt Eytan Gilboa, Experte für israelisch-amerikanische Beziehungen an der Bar-Ilan-Universität unweit von Tel Aviv.

In Fragen, die Netanjahu als strategisch wichtig erachtet, dürfte Trump israelischen Vorstellungen näher kommen als sein Vorgänger Barack Obama. Dazu gehört vor allem der Atom-Deal mit dem Iran. Trump hatte ihn während des Wahlkampfs als ein „Desaster“ bezeichnet. Er werde den Deal zwar nicht beenden wollen, vermutet Gilboa. Doch er werde genauer als Obama kontrollieren, ob sich Teheran an die Bedingungen des Atomabkommens halte.

Trump werde zudem Themen aufgreifen, die Obama vernachlässigt habe. Dazu gehört zum Beispiel die Unterstützung von Terrororganisationen durch den Iran. Anders als Obama werde Trump die Versuche Teherans nicht hinnehmen, Regimes in Ägypten und Saudi Arabien zu destabilisieren, meint Gilboa. Unbequeme Fragen werde sich der Iran fortan auch zu seiner Rolle im Irak und in Syrien gefallen lassen müssen.


Palästinenser fürchten Benachteiligung

Eine neue Dynamik erwartet Gilboa ebenfalls bei den israelisch-palästinensischen Verhandlungen. Trump hat seinen Schwiegersohn Jared Kushner als Chefberater eingesetzt, der sich unter anderem mit dem Nahen Osten befassen soll. Trump traut Kushner zu, Frieden zwischen Israelis und Palästinensern zu stiften, wie er gesagt hat.

Israels rechte Koalitionsregierung erwartet von Trump und seinem neuen Team allerhand. So hat Kushners Familie in der Vergangenheit Gelder für Siedlungen in der Westbank gespendet, die von der Uno als illegal betrachtet werden und die von Obama als Friedenshindernis bezeichnet wurde.

Der Regierung Trump sieht man bei den Palästinensern hingegen mit Misstrauen entgegen. Sie befürchten, dass sie sich einseitig auf die Seite Israels stellen werde. Unter Obama hatten sie zunächst versucht, von Israel Konzessionen ohne Gegenleistung abzuringen. Als dieses Politik scheiterte, trugen sie den Konflikt mit Israel in internationale Gremien, zuletzt in den Uno-Sicherheitsrat. Mit Erfolg: Mit einer Resolution wurde ein sofortiger und kompletter Stopp aller Siedlungstätigkeiten in den besetzten palästinensischen Gebieten verlangt, inklusive Ostjerusalems. Obama hatte darauf verzichtet, die Resolution mit einem Veto zu verhindern.


US-Botschaft als Lackmustest

Niemand wisse derzeit zwar, wie Trump den israelisch-palästinesischen Konflikt angehen werde, meint Gilboa. Sicher ist für den Experten nur, dass Trump nichts davon wissen wolle, die Lösung in internationalen Gremien zu suchen. Vielmehr werde er sich wohl entweder für direkte Verhandlungen einsetzen oder einen Deal unter der Schirmherrschaft Ägyptens, Jordaniens und Saudi-Arabiens anstreben.

Als Lackmustest für die Nahost-Politik Trumps gilt die Zukunft der US-Botschaft in Israel. Im Wahlkampf hatte Trump die Verlegung der Gesandtschaft von Tel Aviv nach Jerusalem angekündigt. Damit würde er Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen. Das Weiße Haus sei derzeit in den „sehr frühen Phasen“ von Gesprächen mi Israel über den künftigen Standort der US-Botschaft, berichtete am Sonntag der Nachrichtensender CNN. Mit der Verlegung der Botschaft würde Trump beweisen, dass er „ein wahrer Freund des Staates Israel“ sei, sagte Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat. Denkbar ist laut Gilboa allerdings auch ein Kompromiss. Die Botschaft bliebe zwar in Tel Aviv, aber der Botschafter würde in seiner Residenz in Jerusalem wohnen.

Scharf kritisiert wurde die angekündigte Verlegung bereits von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas. Eine solche Entscheidung würde den Friedensprozess in eine „Sackgasse“ manövrieren, sagte Abbas. Mit einer Änderung des Status von Jerusalem wäre für die palästinensische Regierung eine rote Linie überschritten. International wird Jerusalem nicht als Hauptstadt Israels anerkannt.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%