Donald Trump blieb nicht einmal ein halber Tag, um sich an seinem jüngsten Steuerreform-Sieg im Senat zu erfreuen. „Eine großartige Nacht“, sagte der US-Präsident wenige Stunden nach dem Votum vor Reportern und sprach von den „größten Steuersenkungen in der Geschichte der USA“. Und von „etwas Schönem“, was daraus erwachsen werde - was immer das nun heißt. Aber schon am Samstagmittag war die Tatsache, dass die Reform nunmehr für den Präsidenten greifbar nahe ist, in den TV-Sendungen wieder in den Hintergrund gerückt.
Dabei hat die Reform einen Umfang von 1,5 Billionen Dollar und ist Trumps erstes größeres Gesetzesvorhaben nach einem Jahr von Dekreten. Trotzdem jedoch drehten sich alle Schlagzeilen wieder um die Russland-Affäre und Ex-Sicherheitsberater Michael Flynn.
Trump wird darin zweifellos ein neues Komplott der „Lügenmedien“ sehen, die tatsächlich manchmal das Thema Russland-Ermittlungen bis zum Geht-Nicht-Mehr auszulutschen scheinen. Und sein Groll darüber, dass die Senatsabstimmung schon am Freitag völlig in den Schatten der möglichen Implikationen einer FBI-Zusammenarbeit Flynns geriet, muss tief sitzen.
Aber dass das Thema am Samstag erneut hochkochte, ist größtenteils seine eigene Schuld. Und vielleicht ein Omen, wie es weitergeht. Mit einem Tweet trat Trump eine neue Lawine los. Diesmal geht es um mögliche Versuche, Flynns Moskau-Kontakte und eine etwaige eigene Verwicklung zu vertuschen - oder vielleicht die naher Angehöriger. Seine Berater brachte Trump damit einmal mehr in peinliche Erklärungsnot.
Das mag am Ende wieder versanden, bei den vielen Strängen der Ermittlungen um die Russland zur Last gelegten Wahlbeeinflussung wird es ohnehin zunehmend schwer durchzublicken. Aber für Trump und die Republikaner ist es enorm wichtig, nach der Pleite um eine Abschaffung von „Obamacare“, der Gesundheitsreform seines Vorgängers im Weißen Haus, einen großen Gesetzeserfolg vorweisen und auf dieser Klaviatur spielen zu können. 2018 wird ein neuer Kongress gewählt.
Wie stark der Erfolgsdruck ist, zeigte sich in der Art und Weise, wie der Steuerreform-Gesetzentwurf im Senat trotz seiner Tragweite für so viele Menschen und die Staatsfinanzen durchgepeitscht wurde.
Änderungen fast bis zur letzten Minute, um mögliche Neinsager in den eigenen Reihen zufriedenzustellen. Ein wachsender Stapel von Papier mit immer verworreneren einzelnen Regelungen, den wohl kaum jemand komplett durchlesen konnte. Hier ein bisschen für Senatorin Susan Collins aus Maine, da ein bisschen für Ron Johnson aus Wisconsin, und dort etwas für Steve Daines aus Montana. Fragwürdige Rechenexempel, um die Aufblähung des Staatsdefizits um mindestens eine Billion Dollar innerhalb einer Dekade zu kaschieren. Der vielleicht endgültige Abschied der Republikaner von einem ihrer Kernprinzipien, der Haushaltsdisziplin - im wesentlichen zur massiven Begünstigung von Unternehmen und Reichen.
Am Ende war klar: Hauptsache, eine Steuerreform, irgendeine. Warum, beschrieb der republikanische Senator Lindsey Graham: „Hier (durch Nichtstun) zu versagen, ist einfach keine Option.“