Türkei Erdoğan demontiert die Demokratie

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Die Türkei isoliert sich

Die Reaktion in den kurdisch besiedelten Gebieten erfolgte prompt. In den Morgenstunden explodierte eine Autobombe vor einer Polizeistation in der südosttürkischen Stadt Diyarbakir. Letzter Stand: Acht Tote und über 100 Verletzte.

Während seine Anhänger in Erdoğan den starken Mann sehen, breitet sich bei seinen Gegnern Resignation aus. Interviews zu bekommen, ist schwierig geworden - kaum jemand traut sich mehr, sich mit seinem Namen kritisch zu äußern.

Probleme im deutsch-türkischen Verhältnis

Wirtschaftlich wird der Schaden immer spürbarer: Die Lira fällt - zwar langsam, aber stetig. Ein Euro ist jetzt knapp 3,5 türkische Lira wert. 2012 waren es noch 2,5 Lira. Auch der türkische Leitindex notierte am Freitagmittag mit 2,5 Prozent im Minus.

Für die Investitionsentscheidungen großer Dax-Konzerne sind die aktuellen Entwicklungen nicht ausschlaggebend. Wohl aber überlegen sich Mittelständler und kleinere Unternehmen, ob sie in ein Land investieren wollen, dass Gefahr läuft, gerade in eine Diktatur umgebaut zu werden.

Helena Schönbaum ist Vorsitzende des Business-Networks Antalya und hat den Tourismus im Blick. Sie ist besorgt über die Entwicklungen - nicht für deutsche Touristikunternehmen: "Die Stimmung unter den Unternehmern ist natürlich schlecht. Gerade wenn sich die Lage wieder zu beruhigen scheint, passiert wieder etwas. Die Arbeitslosigkeit liegt in manchen Regionen bei 40 Prozent. Auch das Wintergeschäft bricht weg: Letztes Jahr kamen so gut wie alle deutschen Bundesliga-Mannschaften zum Trainingslager. Für diese Saison haben alle abgesagt."

Schönbaum hat den Eindruck, dass es der türkischen Führung mittlerweile egal geworden ist, welche wirtschaftlichen Auswirkungen ihre Politik hat. "Es sieht nicht aus, als ob es besser werden würde", sagt ein Manager eines deutschen Unternehmens, namentlich genannt werden möchte er nicht.

Erdoğan kümmert sich mittlerweile weder um die Reaktionen aus dem Ausland, noch um die Konsequenzen seiner Politik im Inland. Das Land isoliert sich.

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