Türkei Erdogan wirft Merkel persönlich „Nazi-Methoden“ vor

Im Streit zwischen der Türkei und Deutschland legt Präsident Erdogan nach. Er warf Kanzlerin Angela Merkel persönlich „Nazi-Methoden“ vor. Auch den deutschen Journalisten Deniz Yücel griff Erdogan erneut an.

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Der türkische Staatspräsident wirft Kanzlerin Angela Merkel persönlich Nazi-Methoden vor. Quelle: AP

Istanbul Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich „Nazi-Methoden“ vorgeworfen. „Du wendest auch gerade Nazi-Methoden an“, sagte Erdogan am Sonntag in Istanbul an Merkel gerichtet. „Bei wem? Bei meinen türkischen Geschwistern in Deutschland, bei meinen Minister-Geschwistern, bei meinen Abgeordneten-Geschwistern, die dorthin reisen“, sagte Erdogan.

Der designierte SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz warnte Erdogan davor, Menschen in Deutschland durch Nazi-Vergleiche gegeneinander aufzuhetzen. „Deshalb muss man auch Herrn Erdogan mit klaren Worten sagen, dass das so nicht geht“, sagte Schulz am Sonntag in seiner Parteitagsrede in Berlin an die Adresse Erdogans. Man dürfe nicht hinnehmen, dass türkischstämmige Bürger gegeneinander ausgespielt würden. Dabei dürfe man Erdogan auch darauf hinweisen, „dass seine Strategie früher oder später scheitern wird“, sagte Schulz.

Indirekt kritisierte Schulz das Agieren von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Ein deutscher Kanzler könne durchaus – bei allen notwendigen diplomatischen Gepflogenheiten – in so gewichtigen Fragen eine klare Position einnehmen - wie Gerhard Schröder es mit seinem Nein zum Irak-Krieg getan habe. „Ein deutscher Bundeskanzler muss diese klare Haltung zeigen, wenn es um die Verteidigung unserer grundlegenden Werte geht.“

Erdogan hatte Deutschland und anderen europäischen Länder, in denen Wahlkampfauftritte türkischer Politiker untersagt wurden, Nazi-Methoden vorgeworfen. Am 16. April wird in einem Referendum über eine Verfassungsreform in der Türkei abgestimmt, die dem Präsidenten deutlich mehr Macht geben soll. In Deutschland gibt es 1,4 Millionen Wahlberechtigte.

Der „Welt“-Journalist Deniz Yücel kann unterdessen nicht auf eine schnelle Freilassung aus seinem türkischen Gefängnis hoffen. Erdogan sagte am Sonntag in Istanbul, Yücel sei ein Terror-Helfer und werde vor Gericht gestellt. „Gott sei Dank ist er festgenommen worden.“ Die unabhängige türkische Justiz werde den Fall beurteilen. Yücel hat die deutsche und türkische Staatsangehörigkeit.

Die Bundesregierung fordert die Freilassung Yücels und dass das deutsche Konsulat Yücel zunächst im Gefängnis betreuen darf. Sie verweist darauf, dass der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim dies Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits Anfang März zugesagt habe.

Außenminister Sigmar Gabriel hatte sich im „Spiegel“ besorgt über die Unabhängigkeit der Justiz in der Türkei gezeigt. „Wenn die Türkei wirklich ein Rechtsstaat ist, wie Herr Erdogan behauptet, dann frage ich mich, wie er schon vor Beginn eines Gerichtsverfahrens wissen kann und sagen darf, dass ... Deniz Yücel ein Terrorist und Spion sei.“

Der türkische Verteidigungsminister Fikri Isik hat in scharfer Form die vom BND geäußerten Zweifel an den Hintergründen des Putschversuchs in der Türkei vom vergangenen Jahr zurückgewiesen. Wenn der Chef des deutschen Geheimdienstes (BND) Zweifel daran äußere, dass die Gülen-Bewegung hinter dem Putschversuch stecke, werfe dies die Frage auf, „ob nicht der deutsche Geheimdienst hinter diesem Putsch steckt“, sagte Isik dem Sender Kanal 7 am Sonntag nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu.

BND-Chef Bruno Kahl hatte im „Spiegel“ die türkische Darstellung angezweifelt, die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen sei für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich. Fikri bezeichnete die Äußerungen Kahls zudem als „sehr unglücklich“.

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