Türkei Talfahrt der türkischen Lira beschleunigt sich – Erdogan trifft Zentralbankchef

Durch die hohe Inflation werden Lebensmittel in der Türkei immer teurer. Quelle: AP

Weil die türkische Notenbank die Zinsen nicht anheben will, ist die Lira erneut auf ein Rekordtief gefallen. Und die Notenbank könnte den Zinssatz Ende der Woche noch weiter senken.

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Die türkische Lira ist vor der in dieser Woche erwarteten erneuten Zinssenkung auf ein Rekordtief gefallen. Ihr Kurs gab am Montag auf bis zu 14,99 zum US-Dollar nach, nachdem er am Freitag noch bei 14,10 gelegen hatte. Die Währung hat damit bereits in diesem Jahr rund 47 Prozent an Wert verloren. Dabei hatte die Zentralbank in den vergangenen zwei Wochen drei Mal am Devisenmarkt interveniert und Dollar aus ihren Reserven verkauft, um die Lira zu stabilisieren.

Grund für den Abwärtstrend ist die Geldpolitik der Notenbank, die trotz hoher Inflation ihre Zinsen gesenkt hat. Für diesen Freitag erwarten von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen, dass der Zinssatz erneut gesenkt wird – und zwar von aktuell 15,0 auf dann 14,0 Prozent. Und das, obwohl die Inflationsrate derzeit bei mehr als 21 Prozent liegt.

Wegen der Talfahrt der Landeswährung will sich Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan Insidern zufolge mit dem Chef der Zentralbank treffen. Zu der Zusammenkunft sollte es noch am Montag kommen, wie mit den Plänen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Auch der Finanzminister und die Chefs staatlicher Banken sollten an dem Treffen teilnehmen, hieß es.

Die Zentralbank hat rapide an Ansehen bei Investoren verloren. Dazu hat Erdogan beigetragen, der drei Notenbankchefs binnen zweieinhalb Jahren verschlissen hat, was die Unabhängigkeit der Währungshüter massiv infrage stellt. Vor wenigen Tagen hat er zudem Finanzminister Lütfi Elvan nach nur rund einem Jahr Amtszeit gegen dessen bisherigen Stellvertreter Nureddin Nebati ausgetauscht.



Dieser verteidigt den umstrittenen geldpolitischen Kurs von Erdogan sogleich. „Zinsen sind ein Übel, das die Reichen reicher und die Armen ärmer macht“, hatte der Präsident zuletzt gesagt. Ökonomen sind dagegen der Auffassung, dass die Zinsen angesichts der hohen Inflation steigen müssen. Dann würde die Währung auch wieder attraktiver für Anleger.

Nach Fitch hat zuletzt auch die US-Ratingagentur S&P den Bonitäts-Ausblick für die Türkei auf „negativ“ von zuvor „stabil“ gesenkt. Die Einstufung der Kreditwürdigkeit bleibe zunächst bei „B+“ und damit im spekulativen Bereich, teilten die Bonitätswächter am Freitag mit. Grund für den Schritt sei unter anderem die hohe Inflation und die Währungskrise in dem Land.

Mehr zum Thema: Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan fährt die Wirtschaft mit seiner wirren Geldpolitik vor die Wand. Kommt er nicht zur Räson, steht das Land mittelfristig vor einem Währungsschnitt.

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