Türkei Visafreiheit für Türken wohl erst ab 2018

Europäische Politiker rechnen nicht damit, dass die Türkei ihre Forderung nach einer Visafreiheit bald umsetzen kann. Derweil hat ehemalige Chefredakteur der Zeitung „Cumhuriyet“ die Bundesregierung kritisiert.

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Quelle: AP

Die für 2017 geplante Visafreiheit der Türkei in der Europäischen Union (EU) wird sich einem Medienbericht zufolge deutlich verschieben. Gegenüber "Bild" kritisierte der stellvertretende Präsident des EU-Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff, die jüngsten Äußerungen von Präsident Recep Tayyip Erdogan zur Todesstrafe und die neue Verhaftungswelle bei kritischen Journalisten. "So wird es auch 2017 nichts mit der Visafreiheit. Das ist dann allein die Schuld von Präsident Erdogan", sagte Graf Lambsdorff. Der EVP-Abgeordnete Herbert Reul zeigte sich ebenfalls sehr skeptisch, dass die Visafreiheit 2017 kommt. "Wenn Erdogan so weitermacht, rückt die Visafreiheit in weite Ferne", sagte Reul dem Blatt.

Probleme im deutsch-türkischen Verhältnis

Nach erneuten Festnahmen und Durchsuchungen bei türkischen Medien sieht zudem Grünen-Co-Chef Cem Özdemir für die Türkei kaum noch eine Chance, unter Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan der EU beizutreten.

"Ein EU-Beitritt der Türkei ist derzeit nicht realistisch", sagt der Grünen-Chef im Interview mit Bloomberg TV. "Es ist nicht zu erkennen, dass sich die Türkei unter Präsident Erdogan Europa annähert." Die Diskussion über die Einführung der Todesstrafe und das Vorgehen gegen Medien und Oppositionspolitiker zeige, dass sich die Türkei von der EU entferne.

Dündar: Bundesregierung muss klares Signal an Türkei senden

Darüber hinaus hat sich der ehemalige Chefredakteur der türkischen Oppositionszeitung „Cumhuriyet“, Can Dündar, zu den jüngsten Entwicklungen in und in Bezug auf die Türkei geäußert. Er kritisierte die Reaktion der Bundesregierung auf die jüngsten Verhaftungen von Journalisten in der Türkei. „Die Reaktion der deutschen Regierung war wirklich schwach. Auch im Vergleich mit anderen westlichen Partnern der Türkei, wie etwa der Reaktion der USA“, sagte Dündar der „Welt“. „Berlin hat die Verhaftungen nicht einmal verurteilt. Besorgt sein hilft uns türkischen Journalisten nicht.“ Von den europäischen Regierung erwarte er sich ein klares Signal für die Demokratie in der Türkei. „Seit Jahren sind die Europäer dauernd besorgt. Aber das ändert nichts“, sagte Dündar, der im Exil in Deutschland lebt.

Die Behörden hatten am Montag 13 Mitarbeiter, darunter auch „Cumhuriyet“-Chefredakteur Murat Sabuncu, wegen angeblicher Unterstützung einer terroristischen Organisation festgenommen. Die Staatsanwaltschaft wirft der Zeitung vor, die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen unterstützt zu haben. Die Redaktion wies die Vorwürfe entschieden zurück und kritisierte die Festnahmen als rechtswidrig.

Regierungssprecher Steffen Seibert hatte daraufhin in Berlin gesagt: „Die Bundesregierung hat wiederholt - und das will ich hier auch noch einmal tun - ihrer Sorge Ausdruck gegeben über das Vorgehen gegen Presse in der Türkei und gegen Journalisten in der Türkei.“ Pressefreiheit sei „zentral für jeden Rechtsstaat“.

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