Türkisch-israelische Beziehungen Israel und Türkei versöhnen sich

Seit dem tödlichen Militäreinsatz gegen die Gaza-Hilfsflotte im Mai 2010 herrscht weitgehend Funkstille zwischen der Türkei und Israel. Nun wollen die beiden Länder den Draht wieder aufnehmen.

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Israel und Türkei versöhnen sich Quelle: dpa

Nach gut sechs Jahren Eiszeit wollen Israel und die Türkei ihre Beziehungen zueinander wiederherstellen. Dies bestätigten am Sonntag israelische und türkische Regierungsvertreter. Es wird erwartet, dass sich Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Montag zu Details äußert. Dieser bedankte sich bereits am Wochenende bei US-Vizepräsident Joe Biden für dessen Ermunterung zur Normalisierung der türkisch-israelischen Beziehungen. In der türkischen Hauptstadt wollte der neue Ministerpräsident Binali Yildirim ebenfalls eine Stellungnahme zur Aussöhnung abgeben. Am Dienstag wollten beide Seiten dann eine entsprechende Einigung unterzeichnen.

Nach einem israelischen Militäreinsatz gegen eine Gaza-Hilfsflotte im Mai 2010 war es zum Riss der einst engen Bande zur Türkei gekommen. Damals stürmten israelische Truppen sechs mit Hilfsgütern für den Gazastreifen beladene Schiffe, die die von Israel durchgesetzte Gaza-Blockade durchbrechen wollten. Dabei kamen acht türkische Aktivisten um, einer von ihnen hatte auch einen US-Pass. Als Reaktion zog Ankara seinen Botschafter aus Israel ab und fuhr die militärische und wirtschaftliche Kooperation massiv zurück. Einen völligen Bruch vollzogen beide Seiten indes nicht.

Der bevorstehende Versöhnungsdeal sehe unter anderem israelische Entschädigungszahlungen in Höhe von 20 Millionen Dollar (rund 18 Millionen Euro) an Hinterbliebene der Opfer der Erstürmung der Gaza-Hilfsflotte vor, sagte der israelische Gewährsmann. Zudem werde Ankara sämtliche Klagen gegen israelisches Militärpersonal und den Staat Israel im Zusammenhang mit dem Vorfall zurückziehen. Auch Botschafter sollen wieder ins jeweils andere Land entsendet werden.

Ein ranghoher türkischer Regierungsvertreter sagte, Ankara werde gemäß des Abkommens „humanitäre Hilfe und andere nichtmilitärische Produkte“ in den Gazastreifen liefern und sich an Investitionen in die Infrastruktur dort beteiligen. Dazu gehöre der Bau von Wohnanlagen sowie die Fertigstellung eines Krankenhauses mit 200 Betten. Auch in Projekten zur Eindämmung der Energie- und Wasserknappheit im Gazastreifen werde sich die Türkei engagieren, sagte der Gewährsmann. Dadurch würden der Umfang der Strom- und Wasserversorgung der Bewohner zunehmen und neue Elektrizitätswerke gebaut.

Zu den Beziehungen der Türkei zur radikalislamischen Hamas äußerte sich der Regierungsvertreter indes nicht. „Die Türkei wird den palästinensischen Staat und das Volk der Palästinenser weiter unterstützen“, erklärte er lediglich. Der Gazastreifen wird von der Hamas kontrolliert.

Der israelische Regierungsvertreter teilte zudem mit, die Türkei wolle zur Aufklärung der Schicksale vermisster israelischer Soldaten beitragen. Präsident Recep Tayyip Erdogan habe ein separates Dokument dazu gebilligt. Dieser Teil der Einigung bezieht sich offenbar auf zwei israelische Soldaten, die während des Gaza-Kriegs 2014 umkamen. Ihre sterblichen Überreste sollen sich in der Hand der Hamas befinden. Zudem wird angenommen, das ein Israeli äthiopischer Herkunft und ein zur arabischen Minderheit in Israel gehörender Beduine im Gazastreifen festgehalten werden. Die Annäherung fällt in eine Zeit, in der die Türkei in der Region zunehmend isoliert ist. Die Beziehungen Ankaras zu Russland und Ägypten sind zusammengebrochen, zudem ist es mit dem Kriegschaos im benachbarten Syrien konfrontiert.

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