




„Wir sind bereit, alles für eine Einheit des ukrainischen Staates zu tun“, sagte Regierungschef Arseni Jazenjuk am Samstag in der ostukrainischen Stadt Charkow. Zum Erhalt der Ex-Sowjetrepublik im Ganzen solle es weitere Runde Tische geben, den nächsten am Mittwoch in Tscherkassy rund 200 Kilometer südlich von Kiew. Zu ihrem ersten Treffen waren politische Akteuren am Mittwoch in der Hauptstadt Kiew zusammengekommen. Jazenjuk sprach sich nun für einen besonderen Schutz der russischen Sprache und für eine „Dezentralisierung der Macht“ aus - also für die Abgabe von Zuständigkeiten aus der Hauptstadt Kiew an die Regionen.
Beobachter sprachen von einer deutlich besseren Dialogatmosphäre als zuletzt. Der „Tisch“ sei offener gewesen als in Kiew, weil auch Vertreter der Opposition und der russisch geprägten Regionen dabei gewesen seien, sagte der Ex-Präsident Leonid Krawtschuk. Charkow liegt nahe der umkämpften Regionen Lugansk und Donezk. Vertreter militanter prorussischer Kräfte waren aber ausgeschlossen, weil die Regierung Gespräche mit „Separatisten und Terroristen“ ablehnt, wie Jazenjuk erklärte. Die Machthaber der nicht anerkannten „Volksrepublik Donezk“, die sich nach einem illegalen Referendum für unabhängig erklärt hatte, verweigerten ebenfalls den Dialog. Gespräche mit Kiew könne es erst geben, wenn die Regierung ihre „Anti-Terror-Operation“ beende und Soldaten abziehe, sagte der neue „Regierungschef der Donezker Volksrepublik“, Alexander Borodaj. Er kündigte zudem eine baldige Vereinigung der „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk an.
Bei der „Anti-Terror-Operation“ im Osten der Ukraine haben die Regierungstruppen nach Informationen prorussischer Kräfte bisher höhere Verluste erlitten als offiziell eingeräumt. Mindestens 650 Menschen seien seit Anfang Mai verletzt, gefangen oder getötet worden. Das teilte der selbst ernannte „Volksbürgermeister“ der umkämpften Großstadt Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow, am Samstag der Agentur Interfax zufolge mit. Unter den „Verlusten“ seien auch 13 getötete und 12 verletzte Mitarbeiter des US-Geheimdienstes CIA sowie vom FBI, behauptete Ponomarjow demnach in einer von der selbst ernannten „Volksrepublik Donezk“ veröffentlichten Videobotschaft.
Nach Darstellung des Separatistenführers starben allein 90 Mitarbeiter des ukrainischen Geheimdienstes SBU bei den Kämpfen im Südosten der Ex-Sowjetrepublik. Auch private Militärfirmen aus Polen und den USA hätten Verluste zu beklagen. Zudem hätten die Regierungstruppen acht Kampfhubschrauber sowie weitere Militärtechnik verloren. Offiziell bestätigt ist der Einsatz ausländischer Söldner in dem Konfliktgebiet aber weiter nicht. Auch Russland hatte Vorwürfe stets bestritten, Geheimdienstler einzusetzen. Die Vereinten Nationen hatten die Zahl der Toten in der Ukraine seit Beginn der Krise mit 250 angegeben, darunter allein etwa 100 bei der proeuropäischen Revolution auf dem Maidan im Januar und Februar.