Ukraine-Krieg – die Lage am Dienstag Polen beantragt Erlaubnis für Leopard-Lieferung an die Ukraine

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Die Ereignisse im Ukraine-Konflikt am Sonntag, 22.01.2023

Selenskyj fordert erneut Nato-Beitritt – Korruptionsvorwürfe in Kiew

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich erneut mit Nachdruck für einen Nato-Beitritt seines Landes zum Schutz vor Russlands Aggression ausgesprochen. Selenskyj habe bei einem Treffen mit dem früheren britischen Premierminister Boris Johnson eine Mitgliedschaft in der Allianz als „beste Sicherheitsgarantie“ für das Land genannt, teilte der Chef des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, am Sonntag in Kiew mit. Es sei wichtig, das Ziel einer Nato-Mitgliedschaft aktiv voranzutreiben.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte das Streben der Ukraine in die Nato als einen Grund für den Krieg genannt. Moskau hatte einen Verzicht Kiews auf eine Mitgliedschaft in dem Militärbündnis stets auch als Bedingung genannt, um den Konflikt zu lösen. Die Atommacht Russland behauptet, sich durch eine mögliche Nato-Präsenz in der Ukraine in ihrer Sicherheit bedroht zu sehen.

Italien kündigt Lieferung von Flugabwehrsystem Samp/T an

Gute Nachrichten für Kiew kamen indes aus Italien. Rom und Paris werden der Ukraine nach Auskunft des italienischen Außenministers Antonio Tajani das Flugabwehrsystem Samp/T zur Verfügung stellen. „In Zusammenarbeit mit Frankreich sind wir dabei, die Lieferung von Samp/T zu finalisieren“, sagte Tajani der Zeitung „Corriere della Sera“. Er nannte zunächst keinen Zeitplan. Samp/T ist ein von Frankreich und Italien gemeinsam entwickeltes Luftabwehrsystem. Das System inklusive Abschussvorrichtung für die Raketen ist auf Lastwagen montiert. Vor einer Inbetriebnahme durch Kiew müssten die ukrainischen Soldaten wohl noch an dem System ausgebildet werden.

von Max Biederbeck, Rüdiger Kiani-Kreß, Max Haerder

Britischer Außenminister wünscht sich Leopard-2-Panzer für Ukraine

Ob die Ukraine auch mit der Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard 2 durch seine Verbündeten rechnen kann, ist hingegen weiter offen. Besonders im Fokus der seit Wochen kontrovers geführten Debatte steht weiter Deutschland, wo die Panzer hergestellt werden. Bundeskanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius (beide SPD) zögern noch immer, Kiew eigene Lieferungen zuzusagen oder Partnerländern zu erlauben, die Panzer an die Ukraine weiterzugeben. In der Ampel-Koalition verstärken sich deswegen die Spannungen.

Nach den Außenministern der baltischen Staaten sprach sich am Sonntag auch der britische Top-Diplomat James Cleverly für die Lieferung von Leopard 2-Panzern an die Ukraine aus. „Ich würde nichts lieber sehen, als dass die Ukrainer mit Leopard 2 ausgerüstet sind“, sagte der Außenminister der BBC. Großbritannien hatte zuletzt angekündigt, Kampfpanzer vom Typ Challenger 2 an Kiew zu liefern.

London: Russland wird Probleme bei Aufstockung der Armee bekommen

Die von Moskau zuletzt angekündigte deutliche Aufstockung seines Militärs wird es nach britischer Einschätzung nur schwer umsetzen können. „Russland wird höchstwahrscheinlich Schwierigkeiten haben, Personal und Ausrüstung für die geplante Erweiterung aufzutreiben“, teilte das Verteidigungsministerium in London in seinem täglichen Geheimdienst-Briefing mit. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte vor kurzem unter anderem angekündigt, die Truppenstärke von 1,15 auf 1,5 Millionen Soldaten erhöhen zu wollen.

Korruption in Kiew stört Kampf gegen Russen

Während Moskau kleinere Erfolge meldet bei seinem Eroberungsfeldzug gegen die Ukraine, ist die Führung in Kiew mit sich selbst beschäftigt. Präsident Wolodymyr Selenskyj nimmt emotional Abschied von seinem Innenminister, der am Mittwoch bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen ist. Zwei Ministerien, darunter das für den Krieg so wichtige Verteidigungsministerium, werden derweil von Korruptionsskandalen geschüttelt.

Korruptionsverdacht bei der ukrainischen Armee

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow soll nach offiziellen Angaben vor dem Parlament in Kiew zu Berichten über überteuerte Lebensmittelankäufe für die Armee Stellung nehmen. Resnikow sei zu einer Anhörung geladen, sagte die Vize-Vorsitzende des Rada-Ausschusses für nationale Sicherheit, Verteidigung und Aufklärung, Marjana Besugla, am Samstag im nationalen Rundfunk, Suspilne Media. Zudem werde der Rechnungshof das Verteidigungsministerium unter die Lupe nehmen.

Zuvor hatten Medienberichte in Kiew für Wirbel gesorgt, wonach das Verteidigungsministerium Lebensmittel für die Verpflegung seiner Soldaten zu Preisen ankaufe, die bis zu dreimal so hoch sind wie die Einzelhandelspreise im Geschäft. Bei dem Vertrag über 13 Milliarden Hrywnja (gut 300 Millionen Euro) soll es sich nicht um die Verpflegung der Soldaten an der Front, sondern im Hinterland handeln.

Korruptionsskandal in der Regierung: Vizeminister in Kiew in Haft

Derweil ist in einem anderen Ministerium laut Medienberichten der Vizeminister wegen der Annahme einer sechsstelligen Bestechungssumme festgenommen worden. „Das Nationale Antikorruptionsbüro hat beim Vize-Minister für die Entwicklung von Gemeinden, Territorien und Infrastruktur, Wassyl Losynskyj, eine Hausdurchsuchung durchgeführt und ihn festgenommen“, berichtete die Internetzeitung „Ukrajinska Prawda“ am Samstag. Das Ministerium hat bereits auf den Bericht reagiert und den Spitzenbeamten entlassen.

Pistorius – Werde möglichst bald in die Ukraine reisen

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat angekündigt, möglichst bald in die Ukraine zu fahren. „Sicher ist, dass ich schnell in die Ukraine reisen werde. Vermutlich sogar schon innerhalb der nächsten vier Wochen“, sagte Pistorius der „Bild am Sonntag“. Er erklärte zudem, die Bundeswehr sollte den Spitzenplatz in Europa einnehmen. „Deutschland ist die größte Volkswirtschaft in Europa, deswegen sollte es auch unser Ziel sein, die stärkste und am besten ausgestattete Armee in der EU zu haben.“ Das sei aber nicht in drei Jahren bis zur nächsten Bundestagswahl zu schaffen. Dafür brauche es noch ein paar Jahre länger. „Mein Job ist es, jetzt die Weichen dafür zu stellen, dass die Zeitenwende gelingt“, so Pistorius.

Selenskyj trauert um toten Innenminister

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich emotional von seinem bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommenen Innenminister Denys Monastyrskyj verabschiedet. „Wir verlieren jeden Tag Menschen, an die wir uns immer erinnern werden und wo wir bedauern, dass wir sie nicht zurückbringen können“, sagte Selenskyj am Samstag in seiner täglichen Videoansprache. Der 44-Jährige war zuvor auch bei der Trauerfeier für die Opfer des Absturzes.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Videobotschaften, die er seit Beginn des russischen Angriffskriegs verbreitet hatte, nahm Selenskyj weder Bezug auf das aktuelle Geschehen an der Front noch auf die Forderungen an den Westen, wo speziell in Deutschland eine scharfe Debatte um Panzerlieferungen an die Ukraine läuft.

Stattdessen erinnerte Selenskyj an die vielen Opfer, die der Krieg bisher schon gefordert hat, und er richtete eine emotionale Botschaft an seine Landsleute. Er wünsche sich, dass alle Ukrainer den Verlust empfinden. Er wünsche, „dass wir fühlen, wie viele Leben, wie viele kluge Menschen der Krieg kostet. Ich möchte, dass wir alle heute ihr Andenken ehren.“, sagte der Präsident.

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Russisches Militär meldet neue Offensive

Das russische Militär hat nach eigenen Angaben bei einer neuen Offensive im Süden der Ukraine Geländegewinne erzielt. „Im Gebiet Saporischschja konnten durch Angriffe von Einheiten des Wehrkreises Ost günstigere Linien und Positionen eingenommen werden“, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow am Samstag in Moskau. Seinen Angaben nach haben die Russen bei den Angriffen 30 Ukrainer getötet und mehrere Militärfahrzeuge außer Gefecht gesetzt. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Zuvor hatten bereits russische Militärblogger über eine Offensive im Raum Orichiw und Huljajpolje berichtet. Die ersten Verteidigungslinien seien dabei überrannt worden. Laut dem Blog „Rybar“, der dem russischen Verteidigungsministerium nahestehen soll, wurden dabei auch mehrere Ortschaften eingenommen. Offiziell hat das Ministerium dies bislang nicht bestätigt. Der ukrainische Generalstab hatte am Morgen lediglich von Beschuss in der Region gesprochen, aber keine Angaben über einen Vormarsch russischer Truppen gemacht.

Die Region Saporischschja gilt als strategisch wichtig. Beide Seiten haben dort große Truppenkontingente stationiert. Aus ukrainischer Sicht wäre ein russischer Vormarsch gefährlich, weil dann die eigenen im Osten stationierten Truppen zur Verteidigung des Donbass in Gefahr geraten könnten, eingekesselt zu werden. Auf russischer Seite befürchtet man, dass die Ukrainer mit einem Vorstoß Richtung Meer einen Keil zwischen die russischen Truppen treiben könnten, womit die Versorgung der Einheiten in der Region praktisch unmöglich würde.

Was am Sonntag wichtig wird

Die Ukraine will weiter Druck machen auf Deutschland, Kampfpanzer zu liefern. Die russischen Truppen hingegen setzen ihre Angriffe in den Regionen Donezk und Saporischschja fort.

Der Chef des russischen Parlaments, Wjatscheslaw Wolodin, leitet eine Delegation der Staatsduma in den Iran. Beide Länder wollen ihre Handelsbeziehungen ausbauen. Der Iran hat sich im Ukrainekrieg zwar offiziell für neutral erklärt, wird allerdings von Kiew beschuldigt, den russischen Truppen unter anderem Drohnen für die Angriffe auf ukrainische Städte geliefert zu haben.

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