Erstmals seit Beginn des Krieges haben Russland und die Ukraine offiziell über ein Ende der Kampfhandlungen verhandelt. Die russischen Angriffe gingen auf Befehl von Präsident Wladimir Putin trotz der Gespräche auch am Montag weiter. Als Warnung an den Westen versetzte Russland – wie angekündigt – seine Abschreckungswaffen in erhöhte Alarmbereitschaft. Nach der EU verhängten die USA weitere scharfe Sanktionen. Russland sperrte für Deutschland und 35 weitere Staaten seinen Luftraum.
Alle aktuellen Entwicklungen am Montag im Überblick:
EU setzt Sanktionen gegen russische Oligarchen in Kraft
Die EU hat Sanktionen gegen Oligarchen aus dem Umfeld von Russlands Präsident Wladimir Putin in Kraft gesetzt. Damit werden unter anderem ihre Vermögenswerte in der EU eingefroren, wie am Montagabend aus einer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt hervorgeht. Zudem wird ihre Reisefreiheit eingeschränkt. Neben Oligarchen sind auch Menschen aus Putins engerem Kreis wie Kremlsprecher Dmitri Peskow von den Maßnahmen betroffen. Auch der Cellist und Putin-Vertraute Sergej Roldugin wird genannt. Roldugins Name tauchte bereits früher in der Berichterstattung zu den sogenannten Panama Papers auf. Die Enthüllungen ordneten ihm mehrere Offshore-Firmen zu.
Auf der Sanktionsliste aufgeführt werden zudem der Oligarch und Tui-Großaktionär Alexej Mordaschow, der enge Putin-Vertraute und Chef des Staatskonzerns Rosneft, Igor Setschin, sowie der Milliardär und Chef der Alfa-Bank, Michail Fridman. Außerdem genannt werden die Geschäftsleute Alischer Usmanow, Pjotr Aven und Nikolai Tokarew.
Russlands Oligarchen konnten sich bisher darauf verlassen, dass sie und ihr Geld in Europas Metropolen willkommen sind. Nach Putins Angriff auf die Ukraine sind sie jedoch verstärkt in den Blick westlicher Regierungen geraten.
Ein Problem ist, dass die EU auf große Vermögenswerte nicht zugreifen kann. Gerade in Großbritannien wurde es den Oligarchen bislang einfach gemacht, ihren Besitz mit Hilfe von Briefkastenfirmen und Strohmännern zu verschleiern.
Auch die Schweiz ist ein besonders wichtiger Finanzplatz für Russen. Nach Zahlen der Nationalbank lagen 2021 auf Schweizer Konten russische Vermögenswerte im Wert von rund 15 Milliarden Franken (14,5 Mrd Euro). Jedes Jahr sollen weitere Milliardenbeträge in die Schweiz fließen. Am Montag beschloss die Regierung in Bern, sich den EU-Sanktionen anzuschließen. Die Vermögen aller Unternehmen und Personen, die auf europäischen Sanktionslisten stehen, sind ab sofort gesperrt, wie Präsident Ignazio Cassis sagte.
Heftige Angriffe auf ukrainische Stadt Charkiw
Kurz nach Ende einer ersten Runde von Friedensverhandlungen zwischen Russen und Ukrainern hat es in der ukrainischen Hauptstadt Kiew Medienberichten zufolge mindestens zwei große Explosionen gegeben. Aus Charkiw meldeten die Nachrichtenagentur Unian und andere Medien mindestens drei Einschläge. Auch in anderen Gebietshauptstädten wurde Luftalarm ausgelöst. Unian veröffentlichte zudem ein Video, das einen großen Feuerball am Abendhimmel von Kiew zeigt.
Der Bürgermeister Charkiws, Ihor Terechow, sagte dem „Spiegel“ am Telefon, es würden Wohnblöcke beschossen und Zivilisten getötet. „Das ist ein Vernichtungskrieg gegen die Zivilbevölkerung.“
Bei Raketenangriffen russischer Streitkräfte auf Wohnviertel der ukrainischen Stadt Charkiw waren örtlichen Behörden zufolge zuvor bereits mindestens elf Menschen ums Leben gekommen. Dutzende Menschen seien zudem verletzt worden, sagt der Leiter der Regionalverwaltung, Oleg Synegubow. „Es ist ein Verbrechen“, fügte er hinzu. Die nordöstliche Stadt, die zweitgrößte der Ukraine, ist zu einem der wichtigsten Schlachtfelder seit der russischen Invasion geworden. Synegubow zufolge haben russische Truppen Artillerie auf Wohngebiete von Charkiw abgefeuert, wo es weder Stellungen der ukrainischen Armee oder strategische Infrastruktur gebe. „Das passiert tagsüber, wenn die Leute in die Apotheke gehen, Lebensmittel kaufen oder Wasser getrunken haben.“ Es war nicht sofort möglich, die Opferzahlen unabhängig zu überprüfen. Zuvor hatte der frühere Berater des Innenministeriums, Anton Heraschtschenko, von Dutzende Toten in Charkiw gesprochen.
Verhandlungen zwischen Russland und Ukraine beendet – weitere Gespräche geplant
Die Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine sind ohne greifbares Ergebnis zu Ende gegangen. „Wir reisen zu Beratungen in die Hauptstädte zurück“, sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak am Montag nach dem Treffen an der belarussisch-ukrainischen Grenze vor Journalisten. Details nannte er nicht. Beide Seiten hätten eine Reihe von Hauptthemen festgelegt, bei denen „bestimmte Entscheidungen“ getroffen werden müssten. Das Treffen dauerte mehr als fünf Stunden. Die Delegation aus der Ukraine fuhr am Abend nach Kiew zurück.
Der Leiter der russischen Delegation, Wladimir Medinski, sagte der Agentur Interfax zufolge: „Wir haben vor allem vereinbart, den Verhandlungsprozess fortzusetzen. Das nächste Treffen wird in den kommenden Tagen an der polnisch-belarussischen Grenze stattfinden.“ Darauf hätten sich beide Seiten verständigt. Bis dahin würden sich die Delegationen mit ihren „Führungen des Landes“ beraten.
Der russische Außenpolitiker Leonid Sluzki sagte, Russland wolle sich innerhalb von 24 Stunden eine Position bilden. Dann würden Datum und Uhrzeit für die nächste Verhandlungsrunde bestimmt.
Podoljak unterstrich in einem kurzen Statement zudem das Verhandlungsziel Kiews: „Das Hauptziel war die Einstellung des Feuers auf dem Territorium der Ukraine und der Kampfhandlungen.“





Die Gespräche hatten am Mittag mit deutlicher Verzögerung begonnen. Der belarussische Außenminister Wladimir Makej eröffnete sie, wie Videos von belarussischen Staatsmedien zeigten. Die Gespräche sind an der ukrainisch-belarussischen Grenze abgehalten worden. Die Kampfhandlungen gingen trotz der Verhandlungen weiter.
Die russische Delegation wurde angeführt vom Sonderbeauftragten des Kreml, Medinski. Die ukrainische Seite führte der Fraktionsvorsitzende der Präsidentenpartei, David Arachamija, an.
Zur Delegation aus Moskau gehörten zudem: Vize-Außenminister Andrej Rudenko, Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin, der russische Gesandte bei den Verhandlungen der sogenannten Kontaktgruppe, Boris Gryslow, und Leonid Sluzki.
Bei der ukrainischen Delegation reisten neben Arachamija Verteidigungsminister Olexij Resnikow, Präsidentenberater Podoljak, der stellvertretende Leiter der Delegation der Ukraine in der trilateralen Kontaktgruppe (Minskkram), Andrij Kostin, der Parlamentsabgeordnete Rustem Umjerow und der stellvertretende Außenminister Mykola Totschyzkyj an.
Zentrale Stelle soll EU-Waffenlieferungen an Ukraine koordinieren
Die Waffenlieferungen der EU-Staaten an die Ukraine sollen künftig über eine zentrale Stelle mit der EU-Finanzierung sowie mit der Nato koordiniert werden. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell kündigte dazu am Montag nach einer Videoschalte der EU-Verteidigungsminister die Einrichtung einer sogenannten Clearingstelle an. Diese solle auf der einen Seite die ukrainischen Anfragen und auf der anderen Seite die Angebote der EU-Staaten verfolgen, um für maximale Effektivität und Koordinierung der Unterstützung sorgen.
Die EU hatte am Sonntag beschlossen, eine halbe Milliarde Euro für die Lieferung von Waffen und Ausrüstung an die ukrainischen Streitkräfte zur Verfügung stellen. 450 Millionen Euro davon sollen für Waffenlieferungen und 50 Millionen für andere Dinge wie Treibstoff und Schutzausrüstung bereitgestellt werden. Der Beschluss trat am Montag offiziell in Kraft. Das Material soll über einen Logistik-Stützpunkt in Polen in die von Russland angegriffene Ukraine gebracht werden.
Borrell erklärte am Montag zudem, dass die Ukraine um Unterstützung mit Blick auf weltraumgestützte Erkenntnisse gebeten habe. Man werde deshalb das EU-Satellitencenter in Madrid mobilisieren. „Ich denke, dass bei der Mobilisierung von Ressourcen alles auf dem richtigen Weg ist. Es muss schnell gehen, denn der Krieg geht weiter.“
Schweiz übernimmt nach langem Zögern EU-Sanktionen gegen Russland
Die Schweiz übernimmt nach längerem Zögern nun doch die EU-Sanktionen gegen Russland. Das beschloss die Regierung in Bern am Montag. Zudem verhängte das Land Einreisesperren für Menschen, die dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nahe stehen. Vergangene Woche hatte die Schweiz noch unter Verweis auf ihre Neutralität darauf verzichtet, Sanktionen zu verhängen. Sie wollte zunächst lediglich sicherstellen, dass die Sanktionen über die Schweiz nicht umgangen würden.
Die Vermögen aller Unternehmen und Personen, die auf europäischen Sanktionslisten stehen, sind ab sofort gesperrt, wie Präsident Ignazio Cassis sagte. Auch die Finanzsanktionen gegen Putin, Premierminister Michail Mischustin und Außenminister Sergej Lawrow würden übernommen. Die Regierung habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, weil es sich in diesem Umfang um einen einmaligen Schritt der Schweiz handele. „Das durften wir uns unter dem Aspekt der Neutralität nicht leicht machen“, sagte Cassis. Aber: „Einem Aggressor in die Hände zu spielen, ist nicht neutral“, sagte er.
Diese Sanktionen gegen Russland wurden beschlossen
Alle Vermögenswerte der russischen Zentralbank in der EU sind eingefroren, um zu unterbinden, dass damit der Krieg von Kremlchef Wladimir Putin finanziert wird. Transaktionen mit dem Finanzinstitut sind verboten. Nach EU-Angaben wird zusammen mit anderen G7-Staaten rund die Hälfte der Finanzreserven der russischen Zentralbank eingefroren. Damit soll verhindert werden, dass Moskau die Reserven zur Stützung des Rubel-Wechselkurses nutzt.
Die westlichen Verbündeten haben einen Ausschluss von russischen Banken aus dem Finanz-Kommunikationssystem Swift beschlossen, um diese von den internationalen Finanzströmen abzuklemmen. Am 9. März kappte die EU auch für drei belarussische Banken den Zugang zu Swift. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zufolge wird auch sichergestellt, dass Sanktionen nicht durch die Verwendung von sogenannten Kryptowerten umgangen werden können. Das sind zum Beispiel virtuelle Währungen wie der Bitcoin.
Zudem dürfen mit etlichen Geschäftsbanken keine Geschäfte mehr gemacht werden, ihre Vermögen werden eingefroren. Auch gegen den Handel mit russischen Staatsanleihen wird entschieden vorgegangen.
Auch die USA haben schwerwiegende Sanktionen gegen die russische Zentralbank in Kraft gesetzt. US-Bürgern und Institutionen sind Transaktionen mit der Zentralbank damit verboten, zudem kann die Notenbank damit weltweit keine Geschäfte in US-Dollar mehr durchführen, wie ein ranghoher Vertreter des Weißen Hauses am Montag sagte. Zusammen mit den Sanktionen der Verbündeten sei der Großteil der russischen Devisenreserven im Wert von rund 630 Milliarden US-Dollar nun de facto blockiert und könne von Russland nicht dafür genutzt werden, die wirtschaftlichen Folgen des Kriegs aufzufangen, sagte er.
Auch der russische Staatsfonds und das Finanzministerium würden mit Sanktionen belegt, erklärte der Beamte. „Unsere Strategie ist es, einfach ausgedrückt, dafür zu sorgen, dass die russische Wirtschaft sich zurückentwickelt – so lange wie Präsident (Wladimir) Putin sich entscheidet, die Invasion in die Ukraine voranzutreiben“, sagte er. Die Sanktionen gegen die Zentralbank seien die bedeutendste Strafmaßnahme der US-Regierung. Ausnahmen gebe es nur für bestimmte Transaktionen, die mit dem Öl- und Gasmarkt zusammenhingen, betonte der Beamte. „Kein Staat ist vor Sanktionen gefeit“, betonte er.
Die beiden weltgrößten Kreditkartenanbieter, Visa und Mastercard, setzten die Geschäfte mit Russland aus. Visa erklärte, man werde alle Transaktionen in den kommenden Tagen einstellen. Danach würden in Russland ausgestellte Karten nicht mehr im Ausland funktionieren. Mastercard äußerte sich ähnlich. Beide Unternehmen hatten bereits vorher keine Transaktionen mehr für russische Banken abgewickelt, die von internationalen Sanktionen betroffen sind.
Die EU verbietet den Verkauf, die Lieferung, die Weitergabe oder die Ausfuhr bestimmter Güter und Technologien für die Ölveredelung. Auch Dienstleistungen in diesem Bereich werden eingeschränkt. Erklärtes Ziel ist es, Russland Möglichkeiten zur notwendigen Modernisierung seiner Ölraffinerien zu nehmen. Die USA wollen zudem den Import russischen Öls stoppen.
Die EU hat ein Ausfuhrverbot für Güter, Technologien und Dienstleistungen für die Luft- und Raumfahrtindustrie erlassen. „Dieses Verbot des Verkaufs aller Flugzeuge, Ersatzteile und Ausrüstungen an russische Luftfahrtunternehmen wird einen der Schlüsselsektoren der russischen Wirtschaft und die Konnektivität des Landes beeinträchtigen“, heißt es. Drei Viertel der derzeitigen russischen Verkehrsflugzeugflotte seien in der EU, den USA und Kanada gebaut worden.
Der Luftraum über allen EU-Staaten ist für russische Flugzeuge komplett gesperrt. Russlands staatliche Airline Aeroflot und russische Privatflugzeuge dürfen auch in Großbritannien nicht landen. Russischen Schiffen droht zudem ein Einlaufverbot in Häfen in der EU, ein Beschluss hierzu steht jedoch noch aus. In Großbritannien ist ein solches Verbot bereits in Kraft.
Bestimmte Güter und Technologien dürfen nicht mehr ohne weiteres aus der EU und anderen westlichen Ländern nach Russland gebracht werden. Dazu zählen unter anderem Mikroprozessoren oder Ausrüstung, die für die Produktion von Mikrochips benötigt werden. Auch die USA verbieten den Export von Hightech-Produkten nach Russland.
Die Bundesregierung hat die so genannten Hermes-Bürgschaften ausgesetzt und damit deutschen Unternehmen Geschäfte mit Russland erschwert – ganz unabhängig davon, ob es um sanktionierte Güter oder Branchen geht oder nicht.
Die russischen Staatsmedien RT und Sputnik werden in der EU verboten, um die „giftige und schädliche Desinformationen in Europa“ zu untersagen, wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erläuterte.
Die EU hat Sanktionen gegen Oligarchen aus dem Umfeld von Russlands Präsident Wladimir Putin in Kraft gesetzt. Damit werden unter anderem ihre Vermögenswerte in der EU eingefroren, wie am Montagabend aus einer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt hervorgeht. Zudem wird ihre Reisefreiheit eingeschränkt. Neben Oligarchen sind auch Menschen aus Putins engerem Kreis wie Kremlsprecher Dmitri Peskow von den Massnahmen betroffen. Auch der Cellist und Putin-Vertraute Sergej Roldugin wird genannt. Roldugins Name tauchte bereits früher in der Berichterstattung zu den sogenannten Panama Papers auf. Die Enthüllungen ordneten ihm mehrere Offshore-Firmen zu.
Auf der Sanktionsliste aufgeführt werden zudem der Oligarch und Tui-Grossaktionär Alexej Mordaschow, der enge Putin-Vertraute und Chef des Staatskonzerns Rosneft, Igor Setschin, sowie der Milliardär und Chef der Alfa-Bank, Michail Fridman. Ausserdem genannt werden die Geschäftsleute Alischer Usmanow, Pjotr Aven und Nikolai Tokarew.
Russlands Oligarchen konnten sich bisher darauf verlassen, dass sie und ihr Geld in Europas Metropolen willkommen sind. Nach Putins Angriff auf die Ukraine sind sie jedoch verstärkt in den Blick westlicher Regierungen geraten.
Diplomaten und Geschäftsleute verlieren zudem ihren privilegierten Zugang zur Europäischen Union.
Das US-Präsidialamt kündigt Sanktionen und Visa-Beschränkungen gegen 19 russische Oligarchen, ihre Familien und Verbündete an. Im Kampf gegen Desinformation seien auch sieben russische Einrichtungen sowie 26 Personen, die dort arbeiten, mit Strafmaßnahmen belegt worden, heißt es weiter.
Der Weltsport hat die Reihen noch enger gegen Russland geschlossen. Weitere Weltverbände haben sich dem Aufruf des Internationalen Olympischen Komitees angeschlossen, Russland und Belarus als Sanktion für den Krieg gegen die Ukraine auszuschließen. Dazu gehören unter anderem die Weltverbände im Tennis, Radsport und Ski, die internationale Föderationen für Eiskunst- und Eisschnelllauf, Eishockey sowie Handball- und Volleyballverbände.
Das Internationale Paralympische Komitee (IPC) wird am Mittwoch, zwei Tage vor der Eröffnung der Winter-Paralympics in Peking, über einen Ausschluss von Russland und Belarus entscheiden. Erst am 2. März sei die IPC-Exekutive vollständig versammelt, teilte der Dachverband dem Branchendienst „insidethegames.biz“ mit. Die ukrainischen Athleten werden trotz Krieges wohl rechtzeitig in Peking eintreffen. Das Team mit 20 Athleten sei auf dem Weg in die chinesische Hauptstadt und könne an diesem Mittwoch ankommen, sagte ein IPC-Sprecher.
Am Dienstagabend gaben der Tennis-Weltverband ITF sowie die Männer-Organisation ATP und die Frauen-Organisation in einer gemeinsamen Stellungnahme bekannt, dass die Tennis-Verbände von Russland und Belarus suspendiert sind. Die Spieler dürfen allerdings weiter bei der Tour oder bei den Grand Slams antreten, sie werden jedoch nicht mehr unter russischer Flagge geführt. So muss auch der neue Weltranglistenerste Daniil Medwedew vorerst keinen Ausschluss befürchten. Ähnlich verfährt der Radsport-Weltverband.
Auch der Leichtathletik-Weltverband schloss sich den Sanktionen an. „Alle Athleten, Betreuer und Offiziellen aus Russland und Belarus werden mit sofortiger Wirkung von allen Veranstaltungen der Leichtathletik-Weltserie ausgeschlossen“, hieß es in einer Mitteilung von World Athletics am Dienstag. Dazu gehören die Hallen-WM im März in Belgrad und die Freiluft-WM im Juli in Eugene/USA sowie die Mannschafts-WM im Gehen in Muscat, die am Freitag in Oman beginnt.
Die Schwimm-Funktionärskollegen der Fina verbannen russische und belarussische Sportler nicht und lassen sie weiter als neutrale Athleten bei internationalen Wettkämpfen starten. Die Teilnahme unter dem Namen Russland oder Belarus sei nicht mehr erlaubt. Russlands Präsident Wladimir Putin wurde aber der Fina-Orden aberkannt.
Russland darf nicht am Eurovision Song Contest (ESC) 2022 in Turin teilnehmen. Zudem hat das Royal Opera House in London die Planungen zu Gastauftritten des weltberühmten Moskauer Bolschoi-Theaters gestoppt. Die deutsche Stiftung Preußischer Kulturbesitz legte die Zusammenarbeit mit russischen Instituten zunächst auf Eis. Und auch der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) schränkt den wissenschaftlichen Austausch mit Russland ein.
Die Schweiz hatte den Einmarsch Russlands bereits auf das Schärfste verurteilt und der Ukraine volle Unterstützung zugesagt. Es würden umgehend 25 Tonnen Hilfsgüter in die Ukraine gebracht, hieß es.
In der EU habe der Kurs der Schweiz in den letzten Wochen für große Frustration gesorgt, sagte ein EU-Diplomat am Montag in Brüssel. Es sei unverständlich, wie man sich auf seine Neutralität berufen könne, wenn es um die Ahndung von Völkerrechtsbrüchen gehe. Auch Schweizer Medien zeigten Unverständnis. „Die Neutralität dient als Feigenblatt“, kritisierte die „Neue Zürcher Zeitung“.
Das Land ist ein wichtiger Finanzplatz für Russen. Nach Zahlen der Nationalbank lagen im vergangenen Jahr auf Schweizer Konten russische Vermögenswerte im Wert von rund 15 Milliarden Franken (14,5 Mrd Euro). Jedes Jahr sollen weitere Milliardenbeträge in die Schweiz fließen. Oligarchen wie der Putin-Vertraute Gennadi Timtschenko leben dort.
Russland sperrt Luftraum für Deutschland und 35 weitere Staaten
Als Reaktion auf Luftraumsperrungen mehrerer Staaten für russische Maschinen dürfen künftig Flugzeuge aus Deutschland und 35 weiteren Staaten nicht mehr über Russland fliegen. Das teilte die russische Luftfahrtbehörde Rosawiazija am Montag mit. Ausnahmen könne es mit einer Sondergenehmigung etwa des russischen Außenministeriums geben.
In einer veröffentlichten Liste werden weitere europäische Staaten wie Österreich, Polen, Frankreich, Finnland, Tschechien und Belgien erwähnt. Auch Kanada ist demnach betroffen. Wann diese Beschränkung wieder aufgehoben wird, wurde zunächst nicht mitgeteilt. Deutschland und andere EU-Staaten hatten sich für den Schritt angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine entschieden. Russland kündigte daraufhin an, Maschinen aus den jeweiligen Ländern ebenfalls nicht mehr in den russischen Luftraum fliegen zu lassen.
Die deutsche Regelung trat am Wochenende in Kraft und betrifft Flüge nach Deutschland sowie Überflüge, wie das Bundesverkehrsministerium mitteilte. Humanitäre Flüge seien von dem Verbot ausgenommen. Das Verbot soll laut Ministerium zunächst für drei Monate gelten.
Lesen Sie dazu auch: Problem für Lieferketten: Was wird aus Russlands Luftfracht-Joker?
Folge der Strafen gegen Russland: Sberbank-Töchtern droht die Pleite
Die scharfen Finanzsanktionen gegen Russland treffen erste Banken und könnten auch Auswirkungen für Sparer in Deutschland und anderen europäischen Ländern haben: Die EZB-Bankenaufsicht hält die Überlebensfähigkeit der europäischen Töchter der russischen Sberbank für stark gefährdet. Die Europäische Zentralbank sei zu der Beurteilung gelangt, dass die Sberbank Europe AG mit Hauptsitz in Wien sowie deren Tochtergesellschaften in Kroatien und in Slowenien, „ausfallen oder wahrscheinlich ausfallen“ werden, teilte die EZB in der Nacht zum Montag mit.
Das müssen Sie zu den Sanktionen gegen die russische Zentralbank wissen
Die russische Zentralbank verfügt nach eigenen Angaben über Reserven im Gesamtwert von umgerechnet gut 630 Milliarden Dollar (Stand Mitte Februar): US-Dollar, Euro, chinesische Yuan, Staatsanleihen, Gold. Theoretisch könnte Moskau damit seine Importe mehr als zwölf Monate lang bezahlen, rechnete Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer vor. Allerdings lagert dieser Schatz zum Großteil bei westlichen Zentralbanken und Geschäftsbanken. Der jüngsten Statistik zufolge hält die Moskauer Zentralbank Wertpapiere im Volumen von gut 311 Milliarden Dollar im Ausland. Zudem liegen rund 152 Milliarden Dollar als Bargeld oder Einlagen bei anderen Zentralbanken oder bei Banken außerhalb Russlands.
Devisenreserven haben große Bedeutung für die Fähigkeit einer Notenbank, Geld- und Währungspolitik zu betreiben. „Klassischerweise ist der Großteil der Devisenreserven in Staatsanleihen gebunden. Vor allem US-Anleihen und Bundesanleihen sind gefragt, weil man dafür am Markt eigentlich immer einen Käufer findet, falls man sie zu Geld machen will“, erklärt Christian Apelt, Devisenexperte der Landesbank Helaba. „In normalen Zeiten würde die russische Zentralbank zum Beispiel Dollar-Anleihen am Markt verkaufen und für den Erlös Rubel zurückkaufen, um die eigene Währung zu stützen.“ Mit der Entscheidung des Westens sei ein Teil der Vermögenswerte, die den Wert des Rubels darstellen, infrage gestellt, sagt Devisenexperte Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank.
Die USA, Kanada, Großbritannien und die EU haben der Notenbank verboten, auf den in ihren Ländern lagernden Teil der Devisenreserven zurückzugreifen. Experten schätzen, dass 40 bis 55 Prozent der gesamten Reserven davon betroffen sind. „Wegen der Sanktionen müsste Russland auf Umwegen versuchen, seinen Devisenschatz zu Geld zu machen, denn die relevanten Börsen sind für die Russen nun verschlossen“, sagte Helaba-Experte Christian Apelt.
Die EU-Kommission gibt an, dass damit ein Unterlaufen anderer Strafmaßnahmen verhindert werden soll. Auch Bankanalysten werten dies als Ergänzung der Sanktionen gegen große russische Geschäftsbanken. Deren Verbindung zum internationalen Bank-Informationssystem Swift soll gekappt werden. „Die russischen Banken bekommen also keine Einlagen mehr, es sei denn die Einlagen kommen über das eigene russische oder ein anderes Zahlungssystem“, erläuterte DIW-Forscherin Dorothea Schäfer. „Kunden außerhalb des eigenen russischen Zahlungssystems werden Gelder auf den Konten bei russischen Banken schnell abziehen wollen, oder schon abgezogen haben. Banken droht die Zahlungsunfähigkeit wegen Bank-Run. Das ist ja mit EU-Töchtern der Sberbank schon passiert.“
In Moskau, St. Petersburg und anderen Städten gab es teils kein Geld mehr an Bankautomaten, auf der Sanktionsliste stehende Banken zahlten nichts mehr aus. Auch in Läden berichteten Verkäufer über massenhaft Probleme, als Kunden mit Geldkarten der gelisteten russischen Banken bezahlen wollten. An vielen Bankfilialen bildeten sich lange Warteschlangen, teils einige Hundert Meter lang, weil Menschen ihr Geld abheben wollten. Viele Russen müssen zum Monatsende etwa die Miete zahlen, die oft auch bar ausgehändigt wird, damit Vermieter die Summen an der Steuerbehörde vorbeischleusen können.
Die Europäische Zentralbank (EZB) warnte vor einer möglichen Pleite der Sberbank Europe AG mit Hauptsitz in Wien sowie deren Tochtergesellschaften in Kroatien und Slowenien. Den Instituten drohe das Geld auszugehen, weil Kunden in großem Stil Geld abzogen.
Die Zentralbank in Moskau versichert seit Tagen, dass Russland auf alle politischen Szenarien vorbereitet sei, Automaten auffüllen könne und auch Einlagen gesichert seien. Am Montag kündigte die russische Zentralbankchefin Elwira Nabiullina Schritte an, um einen Abzug von Kapital zu stoppen: Wer keinen ständigen Wohnsitz in Russland hat, soll nur begrenzt Mittel ausführen dürfen. Der Kreml versuchte, die Lage zu beruhigen: „Bisher gab es noch nie einen Anlass, an der Effektivität und Verlässlichkeit unserer Zentralbank zu zweifeln“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Russland habe sich seit langer Zeit auf „mögliche Szenarien“ vorbereitet – auch auf die schwersten Sanktionen, mit denen das Land jetzt konfrontiert sei.
Die Zentralbank hat am Montag gleich mehrere Schritte ergriffen. Insbesondere hob sie ihren Leitzins drastisch um 10,5 Prozentpunkte auf 20 Prozent an. Die Währungshüter erklärten, die höheren Zinsen sollen dem Abwertungsrisiko des Rubel und Inflationsgefahren entgegenwirken. Höhere Zinsen belasten aber auch die wirtschaftliche Entwicklung, die schon aufgrund der Wirtschaftssanktionen des Westens stark leiden dürfte. Das russische Finanzministerium führte darüber hinaus eine Pflicht für Unternehmen ein, Teile ihrer Erlöse in Fremdwährung zu veräußern. Die Maßnahme dürfte ebenfalls darauf abzielen, den Kurssturz des Rubel zu begrenzen.
„Bei der Sberbank Europe AG und ihren Tochtergesellschaften kam es zu erheblichen Abflüssen von Einlagen infolge der Auswirkungen der geopolitischen Spannungen auf ihre Reputation“, teilte die EZB mit. „Dadurch hat sich ihre Liquiditätslage verschlechtert. Zudem sind keine Maßnahmen verfügbar, bei denen realistische Aussichten darauf bestehen, dass diese Position auf Gruppenebene und auf Ebene der einzelnen Tochtergesellschaften in der Bankenunion wiederhergestellt wird.“
Als Reaktion untersagte die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) der Sberbank-Europatochter, „Auszahlungen, Überweisungen oder andere Transaktionen“ durchzuführen. Einzige Ausnahme von diesem Zahlungsmoratorium: Einleger dürfen „zur Sicherung des nötigsten täglichen Bedarfs“ maximal 100 Euro pro Tag abheben. Das Zahlungsverbot gilt bis einschließlich diesen Dienstag (1. März).
Die Sberbank Europe ist eine 100-prozentige Tochter der mehrheitlich in Staatsbesitz befindlichen Sberbank in Moskau. „Wir unternehmen alle Anstrengungen und unterstützen die Behörden uneingeschränkt, damit diese ihre Befugnisse einsetzen können, um diese beispiellose Situation im Sinne der Kunden zu meistern“, versicherte Sberbank-Europe-Chefin Sonja Sarközi in einer Mitteilung. Die Sberbank Europe hat eigenen Angaben zufolge etwa 773.000 Kunden in Zentral- und Osteuropa, davon 65.000 in Deutschland und Österreich.
Die Nationalbank in Prag leitete Schritte ein, um der Sberbank-Tochter in Tschechien die Banklizenz zu entziehen. Per Einstweiliger Verfügung sei der Niederlassung die Vergabe neuer Kredite und die Annahme neuer Einlagen untersagt worden, teilte eine Sprecherin mit.
Einlagen von Privatanlegern sind in der Europäischen Union bis zu einer Höhe von 100.000 Euro je Einleger und Bank gesetzlich geschützt. Dieser Schutz werde durch die Einlagensicherungssysteme in Österreich auch für die Zweigniederlassung der Bank in Deutschland, sowie in Kroatien und in Slowenien gewährt, erklärte die EZB.
Die deutsche Finanzaufsicht Bafin bekräftigte, Einlagen deutscher Einleger bei der Zweigniederlassung in Frankfurt am Main („Sberbank Direct“) seien über die österreichische Einlagensicherung geschützt. „Im Entschädigungsfall hat die österreichische Entschädigungseinrichtung die Entschädigungsansprüche der Einleger unverzüglich zu prüfen und die geeigneten Entschädigungsmaßnahmen zu treffen“, erklärte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). „Die deutsche Entschädigungseinrichtung ist im Entschädigungsfall für die Durchführung der Auszahlungen zuständig und hat die Ansprüche der Einleger in der Regel innerhalb von sieben Arbeitstage nach Feststellung des Entschädigungsfalls zu erfüllen.“
Innenministerium: 1800 Geflüchtete aus Ukraine angekommen
In den vergangenen Tagen haben Deutschland 1800 aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine geflohene Menschen erreicht. Das sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Montag in Berlin. Dabei handelt es sich nach Angaben aus Sicherheitskreisen hauptsächlich im Ukrainer, aber auch einige Menschen aus anderen Staaten, beispielsweise ausländische Studenten. Jüngsten Zahlen zufolge sind in der Ukraine 422.000 Menschen auf der Flucht.
Die Behörden in Deutschland seien dabei, humanitäre Hilfe auf den Weg zu bringen, sagte der Sprecher. So bereite sich das Technische Hilfswerk auf Transporte vor und beschaffe Hilfsgüter. Auf EU-Ebene spreche man über Hubs, also Knotenpunkte, wo medizinisches Material und Ausstattung nahe der Grenze zur Ukraine gebündelt werden solle. Auch für die Nachbarländer der Ukraine solle es Hilfe geben.
Moskaus Verteidigungsminister: Abschreckungswaffen alarmbereit
Das russische Verteidigungsministerium hat die Abschreckungswaffen der Atommacht in verstärkte Alarmbereitschaft versetzt. Das sagte Minister Sergej Schoigu am Montag dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, wie aus einer Mitteilung der Behörde hervorgeht. Konkret nannte er die strategischen Raketentruppen, die Nord- und die Pazifik-Flotte und die Fernfliegerkräfte. Putin hatte den Schritt angeordnet als Reaktion auf angeblich aggressive Äußerungen der Nato.
Putin sprach in einem am Sonntag vom Kreml verbreiteten Video von Abschreckungswaffen und nannte nicht explizit Atomwaffen. „Die Spitzenpersönlichkeiten der führenden Nato-Staaten lassen aggressive Äußerungen gegen unser Land zu, deshalb befehle ich dem Verteidigungsminister und dem Chef des Generalstabs die Streitkräfte der Abschreckung der russischen Armee in ein besonderes Regime der Alarmbereitschaft zu versetzen.“
Wie gefährlich ist Putins Atom-Drohung? Das sind die Fakten
Russlands Atomwaffen sind im Grund immer einsatzbereit. Nun hat Putin die strategischen Abschreckungswaffen, zu denen auch die nuklearen gehören, in erhöhte Kampfbereitschaft versetzen lassen. Das sei die zweite Stufe vor der vollen Kampfbereitschaft, sagt der Generalmajor Boris Solowjow der Zeitung „Komsomolskaja Prawda“, der selbst früher bei den entsprechenden Streitkräften war. „Dann kann in jedem beliebigen Moment der „rote Knopf“ betätigt werden.“
Russland hat anstelle eines roten Knopfes Atomkoffer, wovon es drei gibt – neben Putin beim Verteidigungsminister und beim Generalstabschef. „Dieses System dient als Absicherung gegen einen beliebigen Fehler bei der Anwendung von Atomwaffen“, sagt Solowjow. Konkret in Kampfbereitschaft versetzt wurden die strategischen Raketentruppen, die Nord- und die Pazifik-Flotte und die Fernfliegerkräfte.
Er nennt „aggressive“ Äußerungen von Führungspersönlichkeiten der Nato-Staaten als Grund. Putin spricht von „Selbstverteidigung“ des Landes. Aus russischer Sicht handelt es sich um eine defensive Maßnahme für den Fall, dass die USA von ihrem in der Militärdoktrin verankerten Erstschlagrecht Gebrauch machen. Putin erinnert immer wieder daran, dass die USA schon Atomwaffen gegen Städte eingesetzt hätten, Russland aber nie.
Russland hat in seiner Doktrin nur einen Verteidigungseinsatz dieser Waffen vorgesehen. Der Militärexperte Boris Solowjow erklärt, dass Putin mit seinem Erlass daran erinnert habe, dass Russland sich verteidige, wenn der Staat auch mit anderen Waffen angegriffen werde oder sein Bestehen in Gefahr sehe.
Die Drohung ist sehr ernst zu nehmen. Das sagten am Sonntag und Montag auch Vertreter von Nato-Staaten, unter anderem Außenministerin Annalena Baerbock. Putin hatte in seiner Rede zum Beginn des Krieges gegen die Ukraine gesagt, dass niemand es wagen solle, Russland anzugreifen. „Der Aggressor sollte wissen, dass die Vergeltung unumgänglich ist. Und dann kommen wir als Märtyrer in das Paradies, und sie verrecken einfach, bevor sie es auch nur schaffen, Reue zu zeigen“, sagte er damals. Auch die historisch beispiellosen Sanktionen sieht er als einen Angriff.
Nach Angaben des US-Militärhistorikers James Acton hat es eine solche Situation zuletzt vor 50 Jahren gegeben. „Das letzte Mal, dass das in einer Krise zwischen den USA und Russland beziehungsweise der Sowjetunion geschah, war während des Jom-Kippur-Krieges 1973. Damals sprachen die USA eine solche Warnung aus“, sagte er dem „Spiegel“. Der Jom-Kippur-Krieg war einer von mehreren Kriegen zwischen Israel und arabischen Staaten im Nahost-Konflikt.
Die Nato übt sich bislang in Zurückhaltung. Generalsekretär Jens Stoltenberg bezeichnete Putins Ankündigung zwar als „unverantwortlich“ und beschwor die Einigkeit der Nato-Staaten. Jedoch vermied der Norweger jede rhetorische Eskalation. Hinzu kommt, dass nicht die Nato selbst über Atomwaffen verfügt, sondern die drei Bündnisstaaten USA, Frankreich und Großbritannien. Stoltenberg bekräftigte am Montag nach einem Gespräch mit dem litauischen Präsidenten Gitanas Nauseda, dass man „jeden Verbündeten und jeden Zentimeter alliierten Gebiets verteidigen“ werde.
Nach außen hin auffallend ruhig. US-Präsident Joe Biden reagierte bereits in seiner ersten Ansprache nach dem Kriegsbeginn nicht explizit auf Putins Drohung gegen den Westen – und auf dessen Verweis auf die russischen Nuklearkapazitäten. Ebenso wenig reagierte Biden bislang öffentlich auf Putins Anordnung, die Abschreckungswaffen der Atommacht nun tatsächlich in verstärkte Alarmbereitschaft zu versetzen.
Der US-Präsident scheint nicht geneigt, sich mit Putin in eine rhetorische Eskalationsspirale dieser Dimension zu begeben – anders als sein Amtsvorgänger Donald Trump, der nicht davor zurückschreckte, per Twitter Nuklear-Drohungen gegen Nordkorea auszusenden. Biden bemüht sich dagegen um Deeskalation.
Das Weiße Haus und das US-Verteidigungsministerium versichern, die USA hätten alle notwendigen Fähigkeiten, um sich zu verteidigen. Und das Pentagon betont, zu einer möglichen Änderung der eigenen Alarmbereitschaft äußere man sich prinzipiell nicht. Die öffentliche Zurückhaltung bedeutet aber nicht, dass die USA hinter den Kulissen untätig wären.
Das Friedensforschungsinstitut Sipri zählte Anfang 2021 insgesamt 13.080 Atomwaffen weltweit, mehr als 12.000 davon in den Händen der USA und Russlands. Das sind zwar deutlich weniger als zu den Hochzeiten des Kalten Krieges mit etwa 70.000. Dafür sind die Atomwaffen inzwischen moderner und schlagkräftiger.
Russland verfügt über Raketen aller Reichweiten. Die mit Atomsprengköpfen bestückbaren Langstreckenbomber lässt Putin schon seit Jahren immer wieder um den Erdball kreisen. Die Interkontinentalraketen fliegen über 10.000 Kilometer. Die Sarmat-Interkontinentalraketen ( NATO-Codename: SS-X-30 Satan 2) haben 18.000 Kilometer Reichweite. Damit kann Russland sowohl über den Nord- als auch über den Südpol angreifen und Ziele weltweit erreichen.
In den 80er Jahren waren noch 7000 Atomwaffen in beiden Teilen Deutschlands stationiert. Heute sind nach Expertenschätzungen 15 bis 20 Bomben der USA übrig, die auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel lagern. Offizielle Angaben gibt es dazu zwar nicht. Es gilt aber als offenes Geheimnis, dass es sich um Bomben vom Typ B61-4 handelt. Sie sind 3,58 Meter lang, sehen aus wie kleine Raketen und haben eine Sprengkraft von bis zu 50 Kilotonnen – vier Mal so viel wie die Bombe, die vor fast 80 Jahren die japanische Großstadt Hiroshima in Schutt und Asche legte.
Die Bomben von Büchel sind Deutschlands Beteiligung an der nuklearen Abschreckung der Nato. Sollten sie zum Einsatz kommen, würden Kampfjets der Bundeswehr sie zum Ziel transportieren und abwerfen. Spitzenpolitiker aller drei Koalitionsparteien haben immer wieder Mal den Abzug dieser Bomben aus Deutschland gefordert. Diese Diskussion dürfte sich mit dem von Kanzler Olaf Scholz vollzogenen Paradigmenwechsel in der Außen- und Sicherheitspolitik aber erledigt haben.
„Das ist verbales Säbelrasseln“, sagt der Nuklearwaffenexperte Hans Kristensen der „New York Times“. Er betont: „Wir werden sehen, wohin er (Putin) damit steuert. Dieser Krieg ist erst vier Tage alt und er hat bereits zweimal mit Atomwaffen gedroht.“ Matthew Kroenig, der ebenfalls zu Atomwaffen forscht, sagt der Zeitung: „Staaten mit Atomwaffen können keinen Atomkrieg führen, weil sie damit ihre Auslöschung riskieren würden, aber sie können damit drohen und tun es auch.“ Es sei eine Art Spiel, um das Kriegsrisiko zu erhöhen, „in der Hoffnung, dass die andere Seite einen Rückzieher macht und sagt: 'Oh je, das ist es nicht wert, einen Atomkrieg zu führen.'“
Putin sagte außerdem: „Sie sehen, dass die westlichen Länder nicht nur unfreundliche Handlungen gegen unser Land unternehmen. Im wirtschaftlichen Bereich – ich meine die illegitimen Sanktionen, über die alle gut Bescheid wissen.“ Die EU und die USA hatten zuvor beispiellose Sanktionen gegen Russland erlassen.
Mit Blick auf Putins international heftig kritisierten Befehl sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow zudem am Montag: „Es gab Erklärungen verschiedener Vertreter auf verschiedenen Ebenen über mögliche Konfliktsituationen und sogar Kollisionen und Zusammenstöße zwischen der Nato und der Russischen Föderation. Wir halten solche Äußerungen für absolut inakzeptabel. Ich werde die Autoren dieser Äußerungen nicht nennen, obwohl es die britische Außenministerin war.“
Putin hatte am vergangenen Donnerstag in seiner Erklärung zum Beginn des Einmarsches in die Ukraine davor gewarnt, gegen Russland Aggressionen zu üben. Er drohte mit den härtesten Konsequenzen und betonte, Russland sei heute eine „der mächtigsten Nuklearmächte der Welt“. Putin hatte am 19. Februar auch eine großangelegte Übung der nuklearen Streitkräfte abgehalten. Dabei kamen Waffen ohne Atomsprengköpfe zum Einsatz.
Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri hatte nach Putins Rede mitgeteilt, dass es nicht damit rechne, dass der Ukraine-Krieg zum Einsatz von nuklearen Waffen führen wird. „Ich glaube nicht, dass ein Atomkrieg eine wahrscheinliche Folge dieser Krise ist“, sagte Sipri-Direktor Dan Smith der Deutschen Presse-Agentur in Skandinavien. „Wenn Atomwaffen existieren, dann gibt es aber leider natürlich immer diese kleine Möglichkeit. Und das wäre katastrophal.“
Moskauer Börse bleibt am Montag geschlossen
Die Moskauer Börse bleibt am Montag geschlossen. Angesichts der Lage werde der Handel ausgesetzt, teilte die russische Notenbank am späten Montagvormittag mit. Wann am Dienstag gehandelt werden soll, will die Notenbank nach eigenen Angaben dann am Dienstag entscheiden.
Bereits am Morgen hatte Russlands Zentralbank Wertpapierhändlern untersagt, russische Wertpapiere im Besitz von Ausländern zu verkaufen. Mit Kapitalspritzen und Fremdwährungsgeschäften sollen zudem heimische Geldinstitute gestützt werden.
Bei einer Wiedereröffnung dürfte es an der Moskauer Börse turbulent zugehen. Hintergrund sind die Wirtschaftssanktionen, die westliche Staaten gegen Russland nach dem Angriff auf die Ukraine verhängt haben. In der vergangenen Woche – also vor der Sanktionsverschärfung – fiel der russische RTS-Index um ein Drittel.
Russland versucht sich auch mit anderen Maßnahmen gegen die Folgen der Wirtschafts- und Finanzsanktionen zu stemmen. Die Zentralbank in Moskau verdoppelte am Montag den Leitzins auf 20 Prozent von 9,5 Prozent. „Dies ist notwendig, um die Finanz- und Preisstabilität zu unterstützen und die Ersparnisse der Bürger vor Wertverlusten zu schützen“, hieß es zur Begründung. Damit reagierte die Notenbank auf weitere Sanktionen der Europäischen Union, die sich auch gegen die Zentralbank selbst richten.
Die neuen Restriktionen sollen verhindern, dass Russland seine hohen Devisenreserven etwa in Euro, Pfund und Dollar nutzen kann. Großbritannien kündigte einen ähnlichen Schritt an, die USA wollen folgen. Japan und Südkorea schlossen sich dem Ausschluss Russlands aus dem internationalen Finanzabwicklungssystem Swift an. Südkorea verhängte zudem einen Exportstopp für Hochtechnologiegüter an Russland. Der Rubel stürzte wegen der verschärften Sanktionen auf ein Rekordtief. Bereits am Sonntag hatten sich vor Bankautomaten in Russland Schlangen gebildet.
Bei russischen Staatsanleihen lösten die verschärften Sanktionen am Montag Panikverkäufe aus. So verloren die Papiere mit Laufzeiten bis 2024 und 2043 jeweils mehr als 50 Prozent an Wert. Im Gegenzug verdoppelten sich die Renditen auf 17,073 beziehungsweise 20,003 Prozent.
Auch bei Unternehmen und Banken zeigten die Maßnahmen erste Wirkung. Der britische Ölkonzern BP kündigte an, seinen knapp 20-prozentigen Anteil an dem staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft abzustoßen.
Russische Truppen setzten auch in der Nacht zum Montag ihren Vormarsch in der Ukraine fort und stießen erneut auf Widerstand. Explosionen waren in der Hauptstadt Kiew und der zweitgrößten Stadt des Landes, Charkiw, zu hören. Kämpfe gab es demnach auch im Süden im Gebiet von Mariupol, wie der örtliche Regionalgouverneur mitteilte. Die ukrainische Seite berichtet über zahlreiche zivile Opfer der Angriffe, weil auch Wohngebiete beschossen würden. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax befand sich die Stadt Berdjansk am Asowschen Meer in der Hand des russischen Militärs. Auch hätten russische Truppen die Kontrolle über das Gebiet um das Atomkraftwerk Saporischschja übernommen. Eine weitere Eskalation des Konflikts hatte es am Sonntag gegeben, weil Russlands Präsident Wladimir Putin die Atomstreitkräfte seines Landes in Alarmbereitschaft versetzte.
Selenskyj pocht auf EU-Beitritt: „Haben das verdient“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj pocht angesichts des russischen Angriffskriegs auf einen EU-Beitritt seines Landes. „Wir wenden uns an die EU zur unverzüglichen Aufnahme der Ukraine nach einer neuen speziellen Prozedur“, sagte Selenskyj am Montag. „Ich bin überzeugt, dass das gerecht ist. Ich bin überzeugt, dass wir das verdient haben. Später am Tag unterzeichnete Selenskyj ein entsprechendes Gesuch zur EU-Aufnahme und ließ Fotos davon veröffentlichen.
In den vergangenen Tagen seien 16 Kinder durch Beschuss getötet und 45 weitere verletzt worden. Diese Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. An die russischen Soldaten gerichtet sagte Selenskyj: „Rettet einfach Euer Leben! Geht!“
Kiew hatte bereits in den vergangenen Tagen die Aufnahme in die Europäische Union gefordert. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach sich am Sonntag für einen Beitritt der Ukraine aus. „Im Laufe der Zeit gehören sie tatsächlich zu uns. Sie sind einer von uns, und wir wollen sie drin haben“, sagte von der Leyen.
Ein Sprecher der Europäischen Kommission dämpfte allerdings die Erwartungen auf einen raschen Beitritt. Es gebe einen Prozess für die Beitrittsverhandlungen, um EU-Mitglied zu werden, sagte der Sprecher. Die endgültige Entscheidung liege bei den EU-Ländern und nicht der Kommission. Eine formelle Beitrittsanfrage sei bislang nicht bei den EU-Staaten eingegangen, auch wenn es bereits Zusammenarbeit in vielen Bereichen gebe. Bevor Länder EU-Mitglieder werden können, müssen sie etwa die geltenden EU-Gesetze in nationales Recht umsetzen und eine Reihe von Kriterien erfüllen.
Ukraine verklagt Russland vor höchstem UN-Gericht wegen Völkermordes
Die Ukraine hat beim höchsten UN-Gericht eine Völkermordklage gegen Russland eingereicht und fordert Sofortmaßnahmen gegen Russland, wie der Internationale Gerichtshof am Sonntagabend in Den Haag mitteilte. Die Ukraine beruft sich nach Angaben des Gerichts auf die Konvention gegen Völkermord. Russland habe „fälschlicherweise behauptet“, dass in Luhansk und Donezk Völkermord begangen werde und damit die Invasion begründet. Die Ukraine weise die Vorwürfe „mit Nachdruck“ zurück, geht aus der Anklageschrift hervor.
Das Gericht soll nun in einem Dringlichkeitsverfahren erklären, dass „Russland keine rechtliche Grundlage hat“, in und gegen die Ukraine vorzugehen. Ein Termin für eine Anhörung steht noch nicht fest. Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Klage bereits über Twitter angekündigt.
In der Anklage beschuldigt die Ukraine Russland auch, „Taten von Genozid in der Ukraine zu planen“ und „absichtlich Menschen der ukrainischen Nationalität zu töten oder schwer zu verletzen.“ Das Gericht soll Sofortmaßnahmen anordnen, um die Verletzung der Rechte der Ukraine und seiner Bürger zu verhindern.
Gerichtsverfahren vor dem Internationalen Gerichtshof sind meist langwierig. Bei einem Dringlichkeitsantrag kann eine Anhörung allerdings schon innerhalb weniger Wochen angesetzt werden.
Vor dem UN-Gericht läuft bereits ein Verfahren gegen Russland. Die Ukraine hatte das Land wegen der Besetzung der Krim und der Finanzierung russischer Separatisten und Waffenlieferungen angeklagt.
Der Internationale Gerichtshof soll Konflikte zwischen Staaten friedlich beilegen. Urteile sind bindend. Allerdings besitzt das Gericht keine Machtmittel, um einen unterlegenen Staat zu zwingen, sein Urteil auch umzusetzen. Es kann dann den UN-Sicherheitsrat anrufen.
Bislang 102 getötete Zivilpersonen und mehr als 400.000 aus der Ukraine geflohen
Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, nennt neue Opferzahlen aus der Ukraine: Danach seien bislang 102 Zivilpersonen getötet und 304 verletzt worden. Die tatsächlichen Zahlen dürften aber „erheblich höher“ sein, sagt Bachelet. Die meisten Todesopfer seien bei Raketenangriffen zu verzeichnen gewesen. Zudem warnt UN-Generalsekretär Antonio Guterres vor zunehmenden Menschenrechtsverletzungen im Zuge des Ukraine-Kriegs. Die Vereinten Nationen würden diese mit Teams vor Ort beobachten. „Wir müssen allen Menschen in der Ukraine zeigen, dass wir in dieser Zeit der Not an ihrer Seite stehen.“
Sanktionen gegen Russlands Zentralbank
Die EU hat in der Nacht nach Angaben aus Brüssel und Berlin die angekündigten schwerwiegenden Sanktionen gegen die russische Zentralbank in Kraft gesetzt. Sie umfassen ein Verbot von Transaktionen der Bank in Bezug auf die hohen russischen Währungsreserven in Euro. Zudem wird das Vermögen der Bank in der EU beschlagnahmt. Kanzleramts-Staatssekretär Jörg Kukies kündigt in einem Tweet an, dass die USA vergleichbare Schritte gehen würden.
Meta meldet Hackerangriffe auf Facebook-Konten in Ukraine
Die Facebook-Konten mehrerer öffentlicher Personen in der Ukraine, darunter Militärvertreter und Politiker, sind nach Unternehmensangaben Ziel von Hackerangriffen geworden. Es sei versucht worden, von den Konten aus YouTube-Videos zu verbreiten, in denen ukrainische Truppen als geschwächt dargestellt werden, teilt der Facebook-Mutterkonzern Meta mit. Es seien Maßnahmen ergriffen worden, um die betroffenen Konten zu sichern.
Lesen Sie auch: Schwere Hackerattacken gegen die Ukraine begleiteten Russlands Einmarsch. Sicherheitsexperten fürchten, der Konflikt könnte im Netz auch auf Deutschland und die EU übergreifen.