Ukraine-Krieg: Die Lage am Montag Explosionen in Kiew und Charkiw – EU setzt Sanktionen gegen Oligarchen in Kraft

Ukraine, Butscha: Blick auf durch den Beschuss der russischen Armee zerstörte Häuser in der Nordukraine. Quelle: dpa

Russland und die Ukraine haben ihre Friedensverhandlungen ohne einen Durchbruch beendet. Kurz darauf kommen aus Kiew und Charkiw Meldungen von Explosionen. Die Lage im Überblick.

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Erstmals seit Beginn des Krieges haben Russland und die Ukraine offiziell über ein Ende der Kampfhandlungen verhandelt. Die russischen Angriffe gingen auf Befehl von Präsident Wladimir Putin trotz der Gespräche auch am Montag weiter. Als Warnung an den Westen versetzte Russland – wie angekündigt – seine Abschreckungswaffen in erhöhte Alarmbereitschaft. Nach der EU verhängten die USA weitere scharfe Sanktionen. Russland sperrte für Deutschland und 35 weitere Staaten seinen Luftraum.


Alle aktuellen Entwicklungen am Montag im Überblick:

EU setzt Sanktionen gegen russische Oligarchen in Kraft

Die EU hat Sanktionen gegen Oligarchen aus dem Umfeld von Russlands Präsident Wladimir Putin in Kraft gesetzt. Damit werden unter anderem ihre Vermögenswerte in der EU eingefroren, wie am Montagabend aus einer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt hervorgeht. Zudem wird ihre Reisefreiheit eingeschränkt. Neben Oligarchen sind auch Menschen aus Putins engerem Kreis wie Kremlsprecher Dmitri Peskow von den Maßnahmen betroffen. Auch der Cellist und Putin-Vertraute Sergej Roldugin wird genannt. Roldugins Name tauchte bereits früher in der Berichterstattung zu den sogenannten Panama Papers auf. Die Enthüllungen ordneten ihm mehrere Offshore-Firmen zu.

Auf der Sanktionsliste aufgeführt werden zudem der Oligarch und Tui-Großaktionär Alexej Mordaschow, der enge Putin-Vertraute und Chef des Staatskonzerns Rosneft, Igor Setschin, sowie der Milliardär und Chef der Alfa-Bank, Michail Fridman. Außerdem genannt werden die Geschäftsleute Alischer Usmanow, Pjotr Aven und Nikolai Tokarew.

Russlands Oligarchen konnten sich bisher darauf verlassen, dass sie und ihr Geld in Europas Metropolen willkommen sind. Nach Putins Angriff auf die Ukraine sind sie jedoch verstärkt in den Blick westlicher Regierungen geraten.

Ein Problem ist, dass die EU auf große Vermögenswerte nicht zugreifen kann. Gerade in Großbritannien wurde es den Oligarchen bislang einfach gemacht, ihren Besitz mit Hilfe von Briefkastenfirmen und Strohmännern zu verschleiern.

Auch die Schweiz ist ein besonders wichtiger Finanzplatz für Russen. Nach Zahlen der Nationalbank lagen 2021 auf Schweizer Konten russische Vermögenswerte im Wert von rund 15 Milliarden Franken (14,5 Mrd Euro). Jedes Jahr sollen weitere Milliardenbeträge in die Schweiz fließen. Am Montag beschloss die Regierung in Bern, sich den EU-Sanktionen anzuschließen. Die Vermögen aller Unternehmen und Personen, die auf europäischen Sanktionslisten stehen, sind ab sofort gesperrt, wie Präsident Ignazio Cassis sagte.

Heftige Angriffe auf ukrainische Stadt Charkiw

Kurz nach Ende einer ersten Runde von Friedensverhandlungen zwischen Russen und Ukrainern hat es in der ukrainischen Hauptstadt Kiew Medienberichten zufolge mindestens zwei große Explosionen gegeben. Aus Charkiw meldeten die Nachrichtenagentur Unian und andere Medien mindestens drei Einschläge. Auch in anderen Gebietshauptstädten wurde Luftalarm ausgelöst. Unian veröffentlichte zudem ein Video, das einen großen Feuerball am Abendhimmel von Kiew zeigt.

Der Bürgermeister Charkiws, Ihor Terechow, sagte dem „Spiegel“ am Telefon, es würden Wohnblöcke beschossen und Zivilisten getötet. „Das ist ein Vernichtungskrieg gegen die Zivilbevölkerung.“

Bei Raketenangriffen russischer Streitkräfte auf Wohnviertel der ukrainischen Stadt Charkiw waren örtlichen Behörden zufolge zuvor bereits mindestens elf Menschen ums Leben gekommen. Dutzende Menschen seien zudem verletzt worden, sagt der Leiter der Regionalverwaltung, Oleg Synegubow. „Es ist ein Verbrechen“, fügte er hinzu. Die nordöstliche Stadt, die zweitgrößte der Ukraine, ist zu einem der wichtigsten Schlachtfelder seit der russischen Invasion geworden. Synegubow zufolge haben russische Truppen Artillerie auf Wohngebiete von Charkiw abgefeuert, wo es weder Stellungen der ukrainischen Armee oder strategische Infrastruktur gebe. „Das passiert tagsüber, wenn die Leute in die Apotheke gehen, Lebensmittel kaufen oder Wasser getrunken haben.“ Es war nicht sofort möglich, die Opferzahlen unabhängig zu überprüfen. Zuvor hatte der frühere Berater des Innenministeriums, Anton Heraschtschenko, von Dutzende Toten in Charkiw gesprochen.

Verhandlungen zwischen Russland und Ukraine beendet – weitere Gespräche geplant

Die Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine sind ohne greifbares Ergebnis zu Ende gegangen. „Wir reisen zu Beratungen in die Hauptstädte zurück“, sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak am Montag nach dem Treffen an der belarussisch-ukrainischen Grenze vor Journalisten. Details nannte er nicht. Beide Seiten hätten eine Reihe von Hauptthemen festgelegt, bei denen „bestimmte Entscheidungen“ getroffen werden müssten. Das Treffen dauerte mehr als fünf Stunden. Die Delegation aus der Ukraine fuhr am Abend nach Kiew zurück.

Der Leiter der russischen Delegation, Wladimir Medinski, sagte der Agentur Interfax zufolge: „Wir haben vor allem vereinbart, den Verhandlungsprozess fortzusetzen. Das nächste Treffen wird in den kommenden Tagen an der polnisch-belarussischen Grenze stattfinden.“ Darauf hätten sich beide Seiten verständigt. Bis dahin würden sich die Delegationen mit ihren „Führungen des Landes“ beraten.

Der russische Außenpolitiker Leonid Sluzki sagte, Russland wolle sich innerhalb von 24 Stunden eine Position bilden. Dann würden Datum und Uhrzeit für die nächste Verhandlungsrunde bestimmt.

Podoljak unterstrich in einem kurzen Statement zudem das Verhandlungsziel Kiews: „Das Hauptziel war die Einstellung des Feuers auf dem Territorium der Ukraine und der Kampfhandlungen.“

Das sind die größten Militärmächte der Welt
Platz 8: Großbritannien„Rule Britannia, Britannia rule the waves“. Diese Zeiten sind vorbei. Die einst weltgrößte Seemacht kommt in der Kategorie Marine mit ihren 75 Schiffen nur auf Platz 37. Immerhin beim Budget erreicht das Vereinigte Königreich mit 68 Milliarden US-Dollar Platz 4. Insgesamt reicht es aber nur für Platz acht. Daran ändert auch ein aktueller Besuch von Premier Boris Johnson bei der Royal Air Force nichts. Alle Daten des Rankings entstammen dem Global Firepower Index. Quelle: dpa
Platz 7: FrankreichZuletzt kündigte Frankreich den militärischen Rückzug aus Mali an. Beim Verteidigungsbudget reicht es mit knapp 41 Milliarden US-Dollar nur noch für Platz 11. Dennoch ist das Land mit Platz 7 insgesamt militärisch immer noch eine Grande Nation. Das liegt unter anderem an einer guten Ausstattung mit Flugzeugen. Quelle: dpa
Platz 6: SüdkoreaSüdkorea steht im ständigen Konflikt mit der kommunistischen Diktatur im Norden der koreanischen Halbinsel. Viel entgegenzusetzen hat Diktator Kim Jong-un seinen südlichen Nachbarn jedoch nicht. Während Nordkorea im Global Firepower Index auf Platz 30 landet, kommt Südkorea auf Platz 6. Quelle: AP
Platz 5: JapanJapan landet auf dem fünften Platz des "Global Firepower Index". Dafür sorgt vor allem die gute Hafeninfrastruktur und die Schiffsflotte. Auch das Verteidigungsbudget fällt mit knapp 47 Milliarden US-Dollar recht hoch aus. Quelle: dpa
Platz 4: Indien22,7 Millionen Inder erreichen jährlich das militärfähige Alter – so viel wie in keinem Land der Erde. Somit ist es für Indien kein Problem, die mit 1,45 Millionen Mann zweitgrößte Armee der Welt aufzustellen. Die indischen Militärausgaben betrugen 2021 rund 49,6 Milliarden US-Dollar, womit es in der Kategorie Verteidigungsbudget für Platz 6 reicht. Insgesamt kommt Indiens Militärstärke auf Platz 4. Quelle: dpa/dpaweb
Platz 3: ChinaDie bevölkerungsreiche Weltmacht China stellt mit 2 Millionen Soldaten die größte Armee der Welt. Für Nachschub ist gesorgt. 2021 erreichten gut 19,5 Millionen Chinesen das militärfähige Alter, was weltweit die zweitmeisten sind. Außerdem besitzt China mit 35.000 gepanzerten Fahrzeugen die zweitmeisten der Welt und verfügt mit 777 Schiffen über die größte Seemacht der Welt. Das lassen sich die Chinesen einiges kosten: Mehr als 250 Milliarden US-Dollar flossen zuletzt in die chinesische Armee – nur die USA gaben mehr aus. Insgesamt weist China somit die drittgrößte Militärstärke auf. Quelle: dpa/dpaweb
Platz 2: RusslandSpätestens mit dem Einmarsch in die Ukraine ist die Schlagkraft der russischen Armee in den Fokus gerückt. Russland besitz mit 12.240 Maschinen die größte Panzerflotte, mit mehr als 4000 Flugzeugen die zweitgrößte Luftwaffe und mit 605 Schiffen die zweitgrößte Marine der Welt. Aktuell sind in der russischen Armee 850.000 Menschen im Einsatz, womit die Russen das fünftgrößte aktive Personal besitzen. All das ließ sich Putin vergangenes Jahr mit 154 Milliarden US-Dollar kosten. Das ist das weltweit drittgrößte Verteidigungsbudget. Quelle: REUTERS

Die Gespräche hatten am Mittag mit deutlicher Verzögerung begonnen. Der belarussische Außenminister Wladimir Makej eröffnete sie, wie Videos von belarussischen Staatsmedien zeigten. Die Gespräche sind an der ukrainisch-belarussischen Grenze abgehalten worden. Die Kampfhandlungen gingen trotz der Verhandlungen weiter.

Die russische Delegation wurde angeführt vom Sonderbeauftragten des Kreml, Medinski. Die ukrainische Seite führte der Fraktionsvorsitzende der Präsidentenpartei, David Arachamija, an.

Zur Delegation aus Moskau gehörten zudem: Vize-Außenminister Andrej Rudenko, Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin, der russische Gesandte bei den Verhandlungen der sogenannten Kontaktgruppe, Boris Gryslow, und Leonid Sluzki.

Bei der ukrainischen Delegation reisten neben Arachamija Verteidigungsminister Olexij Resnikow, Präsidentenberater Podoljak, der stellvertretende Leiter der Delegation der Ukraine in der trilateralen Kontaktgruppe (Minskkram), Andrij Kostin, der Parlamentsabgeordnete Rustem Umjerow und der stellvertretende Außenminister Mykola Totschyzkyj an.

Zentrale Stelle soll EU-Waffenlieferungen an Ukraine koordinieren

Die Waffenlieferungen der EU-Staaten an die Ukraine sollen künftig über eine zentrale Stelle mit der EU-Finanzierung sowie mit der Nato koordiniert werden. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell kündigte dazu am Montag nach einer Videoschalte der EU-Verteidigungsminister die Einrichtung einer sogenannten Clearingstelle an. Diese solle auf der einen Seite die ukrainischen Anfragen und auf der anderen Seite die Angebote der EU-Staaten verfolgen, um für maximale Effektivität und Koordinierung der Unterstützung sorgen.



Die EU hatte am Sonntag beschlossen, eine halbe Milliarde Euro für die Lieferung von Waffen und Ausrüstung an die ukrainischen Streitkräfte zur Verfügung stellen. 450 Millionen Euro davon sollen für Waffenlieferungen und 50 Millionen für andere Dinge wie Treibstoff und Schutzausrüstung bereitgestellt werden. Der Beschluss trat am Montag offiziell in Kraft. Das Material soll über einen Logistik-Stützpunkt in Polen in die von Russland angegriffene Ukraine gebracht werden.

Borrell erklärte am Montag zudem, dass die Ukraine um Unterstützung mit Blick auf weltraumgestützte Erkenntnisse gebeten habe. Man werde deshalb das EU-Satellitencenter in Madrid mobilisieren. „Ich denke, dass bei der Mobilisierung von Ressourcen alles auf dem richtigen Weg ist. Es muss schnell gehen, denn der Krieg geht weiter.“

Schweiz übernimmt nach langem Zögern EU-Sanktionen gegen Russland

Die Schweiz übernimmt nach längerem Zögern nun doch die EU-Sanktionen gegen Russland. Das beschloss die Regierung in Bern am Montag. Zudem verhängte das Land Einreisesperren für Menschen, die dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nahe stehen. Vergangene Woche hatte die Schweiz noch unter Verweis auf ihre Neutralität darauf verzichtet, Sanktionen zu verhängen. Sie wollte zunächst lediglich sicherstellen, dass die Sanktionen über die Schweiz nicht umgangen würden.

Die Vermögen aller Unternehmen und Personen, die auf europäischen Sanktionslisten stehen, sind ab sofort gesperrt, wie Präsident Ignazio Cassis sagte. Auch die Finanzsanktionen gegen Putin, Premierminister Michail Mischustin und Außenminister Sergej Lawrow würden übernommen. Die Regierung habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, weil es sich in diesem Umfang um einen einmaligen Schritt der Schweiz handele. „Das durften wir uns unter dem Aspekt der Neutralität nicht leicht machen“, sagte Cassis. Aber: „Einem Aggressor in die Hände zu spielen, ist nicht neutral“, sagte er.

Diese Sanktionen gegen Russland wurden beschlossen

Die Schweiz hatte den Einmarsch Russlands bereits auf das Schärfste verurteilt und der Ukraine volle Unterstützung zugesagt. Es würden umgehend 25 Tonnen Hilfsgüter in die Ukraine gebracht, hieß es.

In der EU habe der Kurs der Schweiz in den letzten Wochen für große Frustration gesorgt, sagte ein EU-Diplomat am Montag in Brüssel. Es sei unverständlich, wie man sich auf seine Neutralität berufen könne, wenn es um die Ahndung von Völkerrechtsbrüchen gehe. Auch Schweizer Medien zeigten Unverständnis. „Die Neutralität dient als Feigenblatt“, kritisierte die „Neue Zürcher Zeitung“.

Das Land ist ein wichtiger Finanzplatz für Russen. Nach Zahlen der Nationalbank lagen im vergangenen Jahr auf Schweizer Konten russische Vermögenswerte im Wert von rund 15 Milliarden Franken (14,5 Mrd Euro). Jedes Jahr sollen weitere Milliardenbeträge in die Schweiz fließen. Oligarchen wie der Putin-Vertraute Gennadi Timtschenko leben dort.

Russland sperrt Luftraum für Deutschland und 35 weitere Staaten

Als Reaktion auf Luftraumsperrungen mehrerer Staaten für russische Maschinen dürfen künftig Flugzeuge aus Deutschland und 35 weiteren Staaten nicht mehr über Russland fliegen. Das teilte die russische Luftfahrtbehörde Rosawiazija am Montag mit. Ausnahmen könne es mit einer Sondergenehmigung etwa des russischen Außenministeriums geben.

In einer veröffentlichten Liste werden weitere europäische Staaten wie Österreich, Polen, Frankreich, Finnland, Tschechien und Belgien erwähnt. Auch Kanada ist demnach betroffen. Wann diese Beschränkung wieder aufgehoben wird, wurde zunächst nicht mitgeteilt. Deutschland und andere EU-Staaten hatten sich für den Schritt angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine entschieden. Russland kündigte daraufhin an, Maschinen aus den jeweiligen Ländern ebenfalls nicht mehr in den russischen Luftraum fliegen zu lassen.

Die deutsche Regelung trat am Wochenende in Kraft und betrifft Flüge nach Deutschland sowie Überflüge, wie das Bundesverkehrsministerium mitteilte. Humanitäre Flüge seien von dem Verbot ausgenommen. Das Verbot soll laut Ministerium zunächst für drei Monate gelten.

Folge der Strafen gegen Russland: Sberbank-Töchtern droht die Pleite

Die scharfen Finanzsanktionen gegen Russland treffen erste Banken und könnten auch Auswirkungen für Sparer in Deutschland und anderen europäischen Ländern haben: Die EZB-Bankenaufsicht hält die Überlebensfähigkeit der europäischen Töchter der russischen Sberbank für stark gefährdet. Die Europäische Zentralbank sei zu der Beurteilung gelangt, dass die Sberbank Europe AG mit Hauptsitz in Wien sowie deren Tochtergesellschaften in Kroatien und in Slowenien, „ausfallen oder wahrscheinlich ausfallen“ werden, teilte die EZB in der Nacht zum Montag mit.

Das müssen Sie zu den Sanktionen gegen die russische Zentralbank wissen

„Bei der Sberbank Europe AG und ihren Tochtergesellschaften kam es zu erheblichen Abflüssen von Einlagen infolge der Auswirkungen der geopolitischen Spannungen auf ihre Reputation“, teilte die EZB mit. „Dadurch hat sich ihre Liquiditätslage verschlechtert. Zudem sind keine Maßnahmen verfügbar, bei denen realistische Aussichten darauf bestehen, dass diese Position auf Gruppenebene und auf Ebene der einzelnen Tochtergesellschaften in der Bankenunion wiederhergestellt wird.“

Als Reaktion untersagte die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) der Sberbank-Europatochter, „Auszahlungen, Überweisungen oder andere Transaktionen“ durchzuführen. Einzige Ausnahme von diesem Zahlungsmoratorium: Einleger dürfen „zur Sicherung des nötigsten täglichen Bedarfs“ maximal 100 Euro pro Tag abheben. Das Zahlungsverbot gilt bis einschließlich diesen Dienstag (1. März).

Die Sberbank Europe ist eine 100-prozentige Tochter der mehrheitlich in Staatsbesitz befindlichen Sberbank in Moskau. „Wir unternehmen alle Anstrengungen und unterstützen die Behörden uneingeschränkt, damit diese ihre Befugnisse einsetzen können, um diese beispiellose Situation im Sinne der Kunden zu meistern“, versicherte Sberbank-Europe-Chefin Sonja Sarközi in einer Mitteilung. Die Sberbank Europe hat eigenen Angaben zufolge etwa 773.000 Kunden in Zentral- und Osteuropa, davon 65.000 in Deutschland und Österreich.

Die Nationalbank in Prag leitete Schritte ein, um der Sberbank-Tochter in Tschechien die Banklizenz zu entziehen. Per Einstweiliger Verfügung sei der Niederlassung die Vergabe neuer Kredite und die Annahme neuer Einlagen untersagt worden, teilte eine Sprecherin mit.

Einlagen von Privatanlegern sind in der Europäischen Union bis zu einer Höhe von 100.000 Euro je Einleger und Bank gesetzlich geschützt. Dieser Schutz werde durch die Einlagensicherungssysteme in Österreich auch für die Zweigniederlassung der Bank in Deutschland, sowie in Kroatien und in Slowenien gewährt, erklärte die EZB.

Die deutsche Finanzaufsicht Bafin bekräftigte, Einlagen deutscher Einleger bei der Zweigniederlassung in Frankfurt am Main („Sberbank Direct“) seien über die österreichische Einlagensicherung geschützt. „Im Entschädigungsfall hat die österreichische Entschädigungseinrichtung die Entschädigungsansprüche der Einleger unverzüglich zu prüfen und die geeigneten Entschädigungsmaßnahmen zu treffen“, erklärte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). „Die deutsche Entschädigungseinrichtung ist im Entschädigungsfall für die Durchführung der Auszahlungen zuständig und hat die Ansprüche der Einleger in der Regel innerhalb von sieben Arbeitstage nach Feststellung des Entschädigungsfalls zu erfüllen.“

Innenministerium: 1800 Geflüchtete aus Ukraine angekommen

In den vergangenen Tagen haben Deutschland 1800 aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine geflohene Menschen erreicht. Das sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Montag in Berlin. Dabei handelt es sich nach Angaben aus Sicherheitskreisen hauptsächlich im Ukrainer, aber auch einige Menschen aus anderen Staaten, beispielsweise ausländische Studenten. Jüngsten Zahlen zufolge sind in der Ukraine 422.000 Menschen auf der Flucht.

Die Behörden in Deutschland seien dabei, humanitäre Hilfe auf den Weg zu bringen, sagte der Sprecher. So bereite sich das Technische Hilfswerk auf Transporte vor und beschaffe Hilfsgüter. Auf EU-Ebene spreche man über Hubs, also Knotenpunkte, wo medizinisches Material und Ausstattung nahe der Grenze zur Ukraine gebündelt werden solle. Auch für die Nachbarländer der Ukraine solle es Hilfe geben.

Moskaus Verteidigungsminister: Abschreckungswaffen alarmbereit

Das russische Verteidigungsministerium hat die Abschreckungswaffen der Atommacht in verstärkte Alarmbereitschaft versetzt. Das sagte Minister Sergej Schoigu am Montag dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, wie aus einer Mitteilung der Behörde hervorgeht. Konkret nannte er die strategischen Raketentruppen, die Nord- und die Pazifik-Flotte und die Fernfliegerkräfte. Putin hatte den Schritt angeordnet als Reaktion auf angeblich aggressive Äußerungen der Nato.

Putin sprach in einem am Sonntag vom Kreml verbreiteten Video von Abschreckungswaffen und nannte nicht explizit Atomwaffen. „Die Spitzenpersönlichkeiten der führenden Nato-Staaten lassen aggressive Äußerungen gegen unser Land zu, deshalb befehle ich dem Verteidigungsminister und dem Chef des Generalstabs die Streitkräfte der Abschreckung der russischen Armee in ein besonderes Regime der Alarmbereitschaft zu versetzen.“

Wie gefährlich ist Putins Atom-Drohung? Das sind die Fakten

Putin sagte außerdem: „Sie sehen, dass die westlichen Länder nicht nur unfreundliche Handlungen gegen unser Land unternehmen. Im wirtschaftlichen Bereich – ich meine die illegitimen Sanktionen, über die alle gut Bescheid wissen.“ Die EU und die USA hatten zuvor beispiellose Sanktionen gegen Russland erlassen.

Mit Blick auf Putins international heftig kritisierten Befehl sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow zudem am Montag: „Es gab Erklärungen verschiedener Vertreter auf verschiedenen Ebenen über mögliche Konfliktsituationen und sogar Kollisionen und Zusammenstöße zwischen der Nato und der Russischen Föderation. Wir halten solche Äußerungen für absolut inakzeptabel. Ich werde die Autoren dieser Äußerungen nicht nennen, obwohl es die britische Außenministerin war.“

Putin hatte am vergangenen Donnerstag in seiner Erklärung zum Beginn des Einmarsches in die Ukraine davor gewarnt, gegen Russland Aggressionen zu üben. Er drohte mit den härtesten Konsequenzen und betonte, Russland sei heute eine „der mächtigsten Nuklearmächte der Welt“. Putin hatte am 19. Februar auch eine großangelegte Übung der nuklearen Streitkräfte abgehalten. Dabei kamen Waffen ohne Atomsprengköpfe zum Einsatz.

Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri hatte nach Putins Rede mitgeteilt, dass es nicht damit rechne, dass der Ukraine-Krieg zum Einsatz von nuklearen Waffen führen wird. „Ich glaube nicht, dass ein Atomkrieg eine wahrscheinliche Folge dieser Krise ist“, sagte Sipri-Direktor Dan Smith der Deutschen Presse-Agentur in Skandinavien. „Wenn Atomwaffen existieren, dann gibt es aber leider natürlich immer diese kleine Möglichkeit. Und das wäre katastrophal.“

Moskauer Börse bleibt am Montag geschlossen

Die Moskauer Börse bleibt am Montag geschlossen. Angesichts der Lage werde der Handel ausgesetzt, teilte die russische Notenbank am späten Montagvormittag mit. Wann am Dienstag gehandelt werden soll, will die Notenbank nach eigenen Angaben dann am Dienstag entscheiden.

Bereits am Morgen hatte Russlands Zentralbank Wertpapierhändlern untersagt, russische Wertpapiere im Besitz von Ausländern zu verkaufen. Mit Kapitalspritzen und Fremdwährungsgeschäften sollen zudem heimische Geldinstitute gestützt werden.

Bei einer Wiedereröffnung dürfte es an der Moskauer Börse turbulent zugehen. Hintergrund sind die Wirtschaftssanktionen, die westliche Staaten gegen Russland nach dem Angriff auf die Ukraine verhängt haben. In der vergangenen Woche – also vor der Sanktionsverschärfung – fiel der russische RTS-Index um ein Drittel.

Russland versucht sich auch mit anderen Maßnahmen gegen die Folgen der Wirtschafts- und Finanzsanktionen zu stemmen. Die Zentralbank in Moskau verdoppelte am Montag den Leitzins auf 20 Prozent von 9,5 Prozent. „Dies ist notwendig, um die Finanz- und Preisstabilität zu unterstützen und die Ersparnisse der Bürger vor Wertverlusten zu schützen“, hieß es zur Begründung. Damit reagierte die Notenbank auf weitere Sanktionen der Europäischen Union, die sich auch gegen die Zentralbank selbst richten.

Die neuen Restriktionen sollen verhindern, dass Russland seine hohen Devisenreserven etwa in Euro, Pfund und Dollar nutzen kann. Großbritannien kündigte einen ähnlichen Schritt an, die USA wollen folgen. Japan und Südkorea schlossen sich dem Ausschluss Russlands aus dem internationalen Finanzabwicklungssystem Swift an. Südkorea verhängte zudem einen Exportstopp für Hochtechnologiegüter an Russland. Der Rubel stürzte wegen der verschärften Sanktionen auf ein Rekordtief. Bereits am Sonntag hatten sich vor Bankautomaten in Russland Schlangen gebildet.

Bei russischen Staatsanleihen lösten die verschärften Sanktionen am Montag Panikverkäufe aus. So verloren die Papiere mit Laufzeiten bis 2024 und 2043 jeweils mehr als 50 Prozent an Wert. Im Gegenzug verdoppelten sich die Renditen auf 17,073 beziehungsweise 20,003 Prozent.

Auch bei Unternehmen und Banken zeigten die Maßnahmen erste Wirkung. Der britische Ölkonzern BP kündigte an, seinen knapp 20-prozentigen Anteil an dem staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft abzustoßen.

von Rüdiger Kiani-Kreß, Thomas Stölzel

Russische Truppen setzten auch in der Nacht zum Montag ihren Vormarsch in der Ukraine fort und stießen erneut auf Widerstand. Explosionen waren in der Hauptstadt Kiew und der zweitgrößten Stadt des Landes, Charkiw, zu hören. Kämpfe gab es demnach auch im Süden im Gebiet von Mariupol, wie der örtliche Regionalgouverneur mitteilte. Die ukrainische Seite berichtet über zahlreiche zivile Opfer der Angriffe, weil auch Wohngebiete beschossen würden. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax befand sich die Stadt Berdjansk am Asowschen Meer in der Hand des russischen Militärs. Auch hätten russische Truppen die Kontrolle über das Gebiet um das Atomkraftwerk Saporischschja übernommen. Eine weitere Eskalation des Konflikts hatte es am Sonntag gegeben, weil Russlands Präsident Wladimir Putin die Atomstreitkräfte seines Landes in Alarmbereitschaft versetzte.

Selenskyj pocht auf EU-Beitritt: „Haben das verdient“

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj pocht angesichts des russischen Angriffskriegs auf einen EU-Beitritt seines Landes. „Wir wenden uns an die EU zur unverzüglichen Aufnahme der Ukraine nach einer neuen speziellen Prozedur“, sagte Selenskyj am Montag. „Ich bin überzeugt, dass das gerecht ist. Ich bin überzeugt, dass wir das verdient haben. Später am Tag unterzeichnete Selenskyj ein entsprechendes Gesuch zur EU-Aufnahme und ließ Fotos davon veröffentlichen.

In den vergangenen Tagen seien 16 Kinder durch Beschuss getötet und 45 weitere verletzt worden. Diese Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. An die russischen Soldaten gerichtet sagte Selenskyj: „Rettet einfach Euer Leben! Geht!“

Kiew hatte bereits in den vergangenen Tagen die Aufnahme in die Europäische Union gefordert. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach sich am Sonntag für einen Beitritt der Ukraine aus. „Im Laufe der Zeit gehören sie tatsächlich zu uns. Sie sind einer von uns, und wir wollen sie drin haben“, sagte von der Leyen.

Ein Sprecher der Europäischen Kommission dämpfte allerdings die Erwartungen auf einen raschen Beitritt. Es gebe einen Prozess für die Beitrittsverhandlungen, um EU-Mitglied zu werden, sagte der Sprecher. Die endgültige Entscheidung liege bei den EU-Ländern und nicht der Kommission. Eine formelle Beitrittsanfrage sei bislang nicht bei den EU-Staaten eingegangen, auch wenn es bereits Zusammenarbeit in vielen Bereichen gebe. Bevor Länder EU-Mitglieder werden können, müssen sie etwa die geltenden EU-Gesetze in nationales Recht umsetzen und eine Reihe von Kriterien erfüllen.

Ukraine verklagt Russland vor höchstem UN-Gericht wegen Völkermordes

Die Ukraine hat beim höchsten UN-Gericht eine Völkermordklage gegen Russland eingereicht und fordert Sofortmaßnahmen gegen Russland, wie der Internationale Gerichtshof am Sonntagabend in Den Haag mitteilte. Die Ukraine beruft sich nach Angaben des Gerichts auf die Konvention gegen Völkermord. Russland habe „fälschlicherweise behauptet“, dass in Luhansk und Donezk Völkermord begangen werde und damit die Invasion begründet. Die Ukraine weise die Vorwürfe „mit Nachdruck“ zurück, geht aus der Anklageschrift hervor.

Das Gericht soll nun in einem Dringlichkeitsverfahren erklären, dass „Russland keine rechtliche Grundlage hat“, in und gegen die Ukraine vorzugehen. Ein Termin für eine Anhörung steht noch nicht fest. Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Klage bereits über Twitter angekündigt.

In der Anklage beschuldigt die Ukraine Russland auch, „Taten von Genozid in der Ukraine zu planen“ und „absichtlich Menschen der ukrainischen Nationalität zu töten oder schwer zu verletzen.“ Das Gericht soll Sofortmaßnahmen anordnen, um die Verletzung der Rechte der Ukraine und seiner Bürger zu verhindern.

Gerichtsverfahren vor dem Internationalen Gerichtshof sind meist langwierig. Bei einem Dringlichkeitsantrag kann eine Anhörung allerdings schon innerhalb weniger Wochen angesetzt werden.

Vor dem UN-Gericht läuft bereits ein Verfahren gegen Russland. Die Ukraine hatte das Land wegen der Besetzung der Krim und der Finanzierung russischer Separatisten und Waffenlieferungen angeklagt.

Der Internationale Gerichtshof soll Konflikte zwischen Staaten friedlich beilegen. Urteile sind bindend. Allerdings besitzt das Gericht keine Machtmittel, um einen unterlegenen Staat zu zwingen, sein Urteil auch umzusetzen. Es kann dann den UN-Sicherheitsrat anrufen.

Bislang 102 getötete Zivilpersonen und mehr als 400.000 aus der Ukraine geflohen

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, nennt neue Opferzahlen aus der Ukraine: Danach seien bislang 102 Zivilpersonen getötet und 304 verletzt worden. Die tatsächlichen Zahlen dürften aber „erheblich höher“ sein, sagt Bachelet. Die meisten Todesopfer seien bei Raketenangriffen zu verzeichnen gewesen. Zudem warnt UN-Generalsekretär Antonio Guterres vor zunehmenden Menschenrechtsverletzungen im Zuge des Ukraine-Kriegs. Die Vereinten Nationen würden diese mit Teams vor Ort beobachten. „Wir müssen allen Menschen in der Ukraine zeigen, dass wir in dieser Zeit der Not an ihrer Seite stehen.“

Sanktionen gegen Russlands Zentralbank

Die EU hat in der Nacht nach Angaben aus Brüssel und Berlin die angekündigten schwerwiegenden Sanktionen gegen die russische Zentralbank in Kraft gesetzt. Sie umfassen ein Verbot von Transaktionen der Bank in Bezug auf die hohen russischen Währungsreserven in Euro. Zudem wird das Vermögen der Bank in der EU beschlagnahmt. Kanzleramts-Staatssekretär Jörg Kukies kündigt in einem Tweet an, dass die USA vergleichbare Schritte gehen würden.

Meta meldet Hackerangriffe auf Facebook-Konten in Ukraine

Die Facebook-Konten mehrerer öffentlicher Personen in der Ukraine, darunter Militärvertreter und Politiker, sind nach Unternehmensangaben Ziel von Hackerangriffen geworden. Es sei versucht worden, von den Konten aus YouTube-Videos zu verbreiten, in denen ukrainische Truppen als geschwächt dargestellt werden, teilt der Facebook-Mutterkonzern Meta mit. Es seien Maßnahmen ergriffen worden, um die betroffenen Konten zu sichern.

Lesen Sie auch: Schwere Hackerattacken gegen die Ukraine begleiteten Russlands Einmarsch. Sicherheitsexperten fürchten, der Konflikt könnte im Netz auch auf Deutschland und die EU übergreifen.

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