UN-Bericht Zahl ziviler Opfer in Afghanistan extrem hoch

Im ersten Halbjahr 2017 sind 1662 Zivilisten in Afghanistan getötet worden. Das sei nur ein Teil der grausamen Situation in dem kriegszerrütteten Land, sagt UN-Menschenrechtskommissar Al-Hussein.

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Afghanische Sicherheitskräfte stehen am 03. Mai in Kabul am Tatort eines Selbstmordanschlags. Der Bombenanschlag im dichten Morgenverkehr hat sich nach Angaben des afghanischen Innenministeriums gegen einen internationalen Militärkonvoi gerichtet. Nach offiziellen Angaben kamen durch die Autobombe mindestens acht Zivilisten ums Leben. Quelle: dpa

Kabul Während des Konflikts in Afghanistan sind nach Angaben der Vereinten Nationen im ersten Halbjahr 2017 mehr als 5000 Zivilisten getötet oder verletzt worden. Zwischen Januar und Juni seien 1662 Menschen ums Leben gekommen, außerdem habe es 3581 Verletzte gegeben, teilten die UN am Montag in einem Bericht mit. Diese Zahl sei „erschreckend“, könne jedoch niemals das komplette Leid der Menschen in Afghanistan vermitteln, erklärte UN-Menschenrechtskommissar Said Raad al-Hussein.

Hinter jedem der Opfer stecke eine zerbrochene Familie, unvorstellbare Traumata und Leid sowie der brutale Verstoß gegen Menschenrechte, fügte Al-Hussein hinzu. Die Mehrheit der Todesopfer, darunter diesmal mehr Frauen und Kinder, hat es dem Bericht zufolge bei Anschlägen von Aufständischen gegeben. Bei solchen Angriffen seien 1141 Zivilisten ums Leben gekommen. Das sind zwölf Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. 2348 weitere Menschen seien verletzt worden.

Der massive Lastwagenanschlag im Zentrum von Kabul am 31. Mai mit mindestens 92 Toten und fast 500 Verletzten war demnach der schwerwiegendste Angriff seit der von den USA angeführten Afghanistan-Invasion zum Sturz der Taliban im Jahr 2001.

In dem Bericht wurden die afghanischen Sicherheitskräfte gelobt, weil diesmal weniger Zivilisten als zuvor im Kreuzfeuer umgekommen seien. Bei Militäreinsätzen habe es 434 zivile Opfer gegeben, hieß es. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums, Daulat Wasiri, sagte der Nachrichtenagentur AP, das Militär sei bei seinen Einsätzen sehr vorsichtig, um zivile Todesopfer zu vermeiden.

Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid wies den Bericht als „voreingenommen“ zurück. Darin seien keine Zivilisten hinzugezählt worden, die von afghanischen Kräften oder denjenigen der internationalen Koalition getötet worden seien. Zahlen nannte er nicht.

Wie Ministeriumssprecher Wasiri am Montag sagte, haben die afghanischen Sicherheitskräfte die radikalislamischen Taliban aus einem wichtigen Gebiet in der Provinz Helmand vertrieben. Bei den heftigen Kämpfen im Bezirk Nawai seien mehr als 50 Taliban getötet worden, sagte Wasiri. Die Sicherheitskräfte hätten große Mengen an Waffen und Munition erbeutet. Fünf ihrer Mitstreiter seien verletzt worden. Die Taliban äußerten sich dazu zunächst nicht.

Nawai liegt den Angaben zufolge nur 16 Kilometer von der Provinzhauptstadt Laschkarga entfernt. Die Taliban hätten die Stadt von dort aus immer wieder angegriffen, sagte Wasiri.

Im Westen des Landes wurden drei Grenzpolizisten überfallen. Taliban hätten sie in der Provinz Herat an der Grenze zum Iran aus ihrem Auto gezerrt und erschossen, sagte Gouverneurssprecher Dschelani Farhad. Unter den Getöteten sei ein Frau.

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