UN-Vollversammlung Politische Entscheidungen hinter den Kulissen

In New York kommen diese Woche über 100 Staatschefs zur UN-Vollversammlung zusammen. Die Agenda ist bunt: Es gibt keine Beschlüsse und keine gemeinsamen Themen. Ob die Mächtigen der Welt dennoch etwas ändern werden?

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UN-Gebäude in New York: Die Erwartungen sind diesmal gering. Quelle: dpa

New York Im New Yorker Stadtviertel mit dem beschaulichen Namen Turtle Bay werden wieder die Gullydeckel verschweißt und die Papierkörbe abmontiert. Nichts soll Terroristen oder einer Bombe als Versteck dienen, denn an der „Schildkrötenbucht“ ist das Hauptquartier der Vereinten Nationen. Hier werden in dieser Woche hinter Betonblöcken und bewacht von Tausenden Polizisten mehr als 100 Staats- und Regierungschefs tagen. Die Vollversammlung versetzt die UN in Aufregung - doch die politischen Erwartungen sind gering.

Das liegt auch an der Struktur der sogenannten Generaldebatte. In der Vollversammlung hat, anders als im mächtigen Sicherheitsrat, jedes Land genau eine Stimme. Das gilt für China mit 1,3 Milliarden ebenso wie für Tuvalu mit 10.000 Einwohnern, für die USA, die fast ein Viertel des UN-Haushalts finanzieren, genauso wie für die Länder, die nur den Mindestbeitrag zahlen.

Zu Beginn jedes Sitzungsjahres kommen die Vertreter aller 193 Mitgliedsstaaten in New York zusammen und jeder darf 15 Minuten reden - zu welchem Thema auch immer.

Entsprechend bunt sind die Reden, und an die 15 Minuten hält sich kaum jemand. Muammar al-Gaddafi sprach vor drei Jahren sogar siebenmal so lang und der Präsident der Vollversammlung, in dem Jahr Ali Treki, wagte den damaligen libyschen Diktator nicht zu unterbrechen - Treki ist selbst Libyer.


Schaulaufen der Mächtigen

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad sorgte mit Ausfällen gegen Israel und die USA immer wieder dafür, dass Dutzende Diplomaten unter Protest den Saal verließen. Palästinenserführer Jassir Arafat sprach einst sogar mit dem Revolver am Gürtel und Kremlchef Nikita Chruschtschow schlug angeblich mit seinem Schuh auf das Rednerpult.

US-Präsident Barack Obama kommt gleich am Eröffnungstag an diesem Dienstag zu Wort. Ein paar Stunden nach ihm spricht Frankreichs neuer Präsident François Hollande das erste Mal vor den UN, am nächsten Tag Ahmadinedschad das letzte Mal - seine Amtszeit läuft im nächsten Jahr aus. Der Zufall des Protokolls hat dafür gesorgt, dass die höchsten Repräsentanten von Palästinensern und Israelis, Mahmud Abbas und Benjamin Netanjahu, kurz hintereinander reden, nur getrennt durch Slowenien. Und noch ein besonderer Gast wird erwartet: Thein Sein, der erste Staatspräsident Birmas seit Jahrzehnten bei den UN.

Es ist ein Schaulaufen der Mächtigen der Welt - aber Entscheidungen stehen gar nicht auf der Tagesordnung. Die Hoffnung vieler liegt auf Gesprächen hinter den Kulissen. So soll es ein Treffen der Sechsergruppe (USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland) zum iranischen Atomprogramm geben. Das Nahostquartett aus UN, EU, Russland und den USA wird wieder zusammentreten.

Aber das wichtigste Thema bleibt aus Sicht der UN Syrien. Der Konflikt war auch bei der letzten Generaldebatte schon ein halbes Jahr alt und hatte Tausende Menschen das Leben gekostet. Nun sind es mehr als 20.000 Tote, aber eine Lösung des Konflikts ist nicht abzusehen. Zumindest nicht in Turtle Bay.

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