„Unabhängigkeitskampf“ Die Briten planen bereits ein Brexit-Museum

Noch ist der EU-Austritt nicht vollzogen, doch britische Aktivisten planen schon ein Brexit-Museum. Sie rufen ihre Landsleute zu Spenden auf.

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London Es klingt wie ein Aprilscherz, doch es ist ernst gemeint. Drei führende Mitglieder der Brexit-Kampagne wollen ein Brexit-Museum eröffnen, das an ihren „Unabhängigkeitskampf“ gegen die EU erinnert. Als möglicher Standort ist die Brexit-Hochburg Lincoln in den englischen Midlands angedacht.

Die Sammlung soll nicht nur an den Wahlkampf vor dem Referendum im Juni 2016 erinnern, sondern die ganze Geschichte der „euroskeptischen Bewegung“ in Großbritannien nachzeichnen. Diese begann unmittelbar nach dem britischen Beitritt zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft im Jahr 1973, oder sogar schon davor, wie die Initiatoren auf ihrer Webseite schreiben.

Hinter der Initiative steckt Gawain Towler, der langjährige Sprecher der UK Independence Party (Ukip) und Vertraute des früheren Parteichefs Nigel Farage. Außerdem noch der Historiker Lee Rotherham, ein führender Aktivist der „Vote Leave“-Kampagne, und Alex Deane, der Chef der Kampagne „Grassroots Out“.

Das Trio appelliert an alle Landsleute, ihre Brexit-Souvenirs für die Sammlung einzuschicken. Die Briten sollen in ihren Schubladen und Kellern wühlen, auf den Dachboden steigen und die Garage durchsuchen. Man nehme Fotos, Redezettel, Plaketten, Anstecker, Tagebücher, Wahlkampftische, alte Zeitungen und persönliche Erinnerungsstücke, heißt es auf der Webseite.

Erlaubt seien auch Gegenstände der Remain-Kampagne, und sogar „Material von der EU selbst“.

Es wird jedoch noch eine Weile dauern, bis das Museum steht. „Es wird viele Jahre dauern“, warnen die Organisatoren. Zum einen sei es ein großes Unterfangen. Und es müsse auch noch Zeit vergehen, „damit das Land heilen kann“. Es gebe immer noch offene Wunden aus dem Wahlkampf, die man nicht verschlimmern wolle.

Es gehe darum, zeitgeschichtliche Dokumente zu sichern, bevor sie verloren seien, sagte Towler der „Financial Times“. Allein Farage habe 15 Jahre Ukip-Geschichte in seiner Garage. Das Museum sei wie eine US-Präsidentenbibliothek.

In den sozialen Medien wurde der Plan mit Spott überhäuft. „Wird es rund sein, so dass die Besucher immer im Kreis gehen, ohne je ein Ziel zu erreichen?“, fragte Alexander Clarkson, Dozent am King’s College in London. „Was für ein Spaß für die ganze Familie“, twitterte die FT-Journalistin Katie Martin. „Das ist eine Parodie, oder?“, twitterte der Historiker Stephen Basdeo.

Towler und seine Mitstreiter scheinen es jedoch ernst zu meinen. Das Museum solle auch zum 100. Jahrestag des britischen EWG-Beitritts im Jahr 2073 noch stehen, schreiben sie auf der Webseite. „Uns wird es dann nicht mehr geben, und wir bezweifeln, dass es die EU noch geben wird.“

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