
Vor 25 Jahren wurden die UN-Kinderrechte verabschiedet - doch nach wie vor existieren sie für viele Kinder nur auf dem Papier. Gewalt und Ausgrenzung seien bei der Umsetzung die größten Hürden, beklagte Unicef bei der Vorstellung des aktuellen Reports „Jedes Kind hat Rechte“.
„Gerade die ärmsten Kinder sind von sozialen und medizinischen Fortschritten oft ausgeschlossen“, sagte Jürgen Heraeus, Vorsitzender von Unicef Deutschland. Immer noch sterben den Angaben nach 6,6 Millionen Kinder jährlich an vermeidbaren Krankheiten, bevor sie das Schulalter erreichen.
Zwar konnte seit 1989 die Kindersterblichkeit halbiert und der Anteil arbeitender Kinder um ein Drittel gesenkt werden. Aber vor allem für benachteiligte Kinder müssten Regierungen, Wirtschaft und Zivilgesellschaften noch mehr tun.
Mehr als 150 Millionen Mädchen und 73 Millionen Jungen erfahren jedes Jahr sexuelle Gewalt, besonders häufig in Kriegsgebieten. „In Entwicklungsländern sind mehr als 30 Prozent der Mädchen unter 18 Jahren - einige davon nicht mal sieben Jahre alt - von frühen und erzwungenen Eheschließungen betroffen“, betonte die UN-Sonderbeauftragte zu Gewalt gegen Kinder, Marta Santos Pais.





Pais würdigte auch Fortschritte im Bereich Kinderschutz. Diese gingen jedoch zu langsam voran, kritisierte sie. „Das Risiko von Gewalt ist weiter hoch, auch und gerade dort, wo Kinder eigentlich am sichersten aufgehoben sein sollten - in der Schule, zu Hause, in Heimen oder in Jugendstrafanstalten.“ Laut Unicef zeigen 300 Millionen Kinder unter fünf Jahren problematisches Beziehungsverhalten und Aggressivität, weil sie in ihrem Umfeld Gewalt ausgesetzt sind.
Das Wohlergehen von Kindern müsse endlich zum Maßstab für sozialen Fortschritt und die Zukunftsfähigkeit eines Landes gemacht werden, forderte Unicef. Mit der Unterzeichnung der Kinderrechtskonvention hätten sich dazu praktisch alle Staaten verpflichtet.
Lob und Tadel gab es für Deutschland: „Deutschland hat die Konvention von Anfang an unterstützt, aber das heißt nicht, dass bei uns alles in Ordnung ist“, sagte Heraeus und erinnerte daran, dass zwischen 2000 und 2010 knapp neun Prozent der Kinder hierzulande in anhaltender Armut gelebt hätten. Er forderte, auch in Deutschland eine unabhängige Ombudsstelle für Kinder einzurichten.
Der Staatssekretär im Bundesfamilienministerium, Ralf Kleindiek, sprach sich dafür aus, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. „In bestimmten Situationen brauchen Kinder eine eigene Rechtsstellung, auch unabhängig von den Eltern.“ Zudem werde es vor dem geplanten G8-Gipfel 2015 in Deutschland eine große Diskussionsveranstaltung für Kinder und Jugendliche geben, deren Ergebnisse dann den Staatschefs präsentiert werden.