Unruhen im Iran Israel und Saudi-Arabien gehen Proteste unterschiedlich an

Die Proteste im Iran sind eine Chance für dessen regionale Gegenspieler Israel und Saudi-Arabien. Beide Staaten sehen den Iran als Bedrohung an – Doch sie verfolgen ganz unterschiedliche Ansätze.

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Israel und Saudi-Arabien gehen Proteste im Iran an Quelle: AP

Dubai Die beiden größten Feinde des Irans in der Region, Saudi-Arabien und Israel, hoffen auf Zeichen eines bevorstehenden Wandels in der Islamischen Republik. Doch mit Blick auf die Proteste in der vergangenen Woche im Iran vertreten die beiden einen unterschiedlichen Ansatz. Während sich der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu direkt an die iranischen Demonstranten wendet, hat die saudi-arabische Seite offiziell keine Stellungnahmen über die Unruhen abgegeben.

In einem am Montag veröffentlichten Video lobte Netanjahu den Mut der Demonstranten, die Freiheit wollten. Er kritisierte das „grausame Regime“ des Irans, das Milliarden von Dollar dafür ausgebe, „Hass zu verbreiten“. „Das Regime versucht verzweifelt, Hass zwischen uns zu säen“, sagte Netanjahu. „Aber sie werden nicht Erfolg haben.“

Saudi-Arabien und Israel betrachten den Iran als Bedrohung in der Region und bezweifeln dessen Zusicherungen zum seinem Atomprogramm. Auch das Langstreckenraketenprogramm des Irans beunruhigt sie. Saudi-Arabien hat versucht, den Iran an der Verbreitung von Einfluss zu hindern, das aber mit wenig Erfolg. Das Königreich wirft dem Iran auch vor, schiitische Rebellen im Jemen zu unterstützen.

Israel hat mehrere Kriege gegen die libanesische Hisbollah-Miliz und die palästinensische Hamas geführt, die beide vom Iran unterstützt werden. Außerdem hat es mutmaßliche iranische Waffenlieferungen für die Hisbollah angegriffen.

Der Oberste Führer des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, hat den Feinden des Landes vorgeworfen, die Proteste zu schüren, die vor einer Woche wegen eines Anstiegs von Lebensmittelpreisen ausgebrochen waren und sich ausgebreitet haben. Er bezog sich offenbar auf Israel, Saudi-Arabien und die USA. Alle drei Staaten sind seit langem gegen die theokratische, von Geistlichen geführte Regierung des Irans und interessiert an einem demokratischen Wandel dort. Die Proteste haben aber offenbar nicht nur Iraner überrascht, sondern auch andere Länder in der Region, europäische Staaten und die USA.

Es ist unbekannt, welchen Einfluss ausländische Erklärungen zur Unterstützung auf Demonstranten im Iran tatsächlich haben. Offiziell scheint Saudi-Arabien abzuwarten und davon abzusehen, Stellungnahmen mit Unterstützung für Demonstranten herauszugeben, die Chameneis Aussagen Glaubwürdigkeit verleihen würden. Viele Iraner halten wenig von Saudi-Arabien oder dessen ultrakonservativer sunnitischer Auslegung des Islam, in der Schiiten schlecht wegkommen. Saudi-Arabien will möglicherweise, dass die Regierung von US-Präsident Donald Trump die Führung übernimmt, entweder indem sie Sanktionen verstärkt oder bei den Vereinten Nationen handelt.

In regierungsnahen Medien vermitteln saudi-arabische Kommentatoren vom Staat gebilligte Ansichten zu den Protesten. In einer Kolumne der Zeitung „Al-Riad“ stand am Mittwoch geschrieben, dass Iraner „das Ende eines Regimes“ wollten „und ein neues Regime, das ihnen ihre Rechte gibt, ein würdevolles Leben zu leben, was sie verdienen“. In der Zeitung „Okas“ wurde die Ansicht veröffentlicht, der Versuch des Irans, seine Revolution nach 1979 ins Ausland zu exportieren, habe nun negative Auswirkungen für die schiitischen Geistlichen, die das Land regierten.

Die prominente saudi-arabische Medienpersönlichkeit Abdelrahman al-Rasched, der enge Verbindungen zum Königspalast hat, warnte, dass sich die Region weiteres Chaos nicht leisten könne. „Für Länder in der Region, vor allem arabische Länder, wäre das ideale Szenario, dass das Regime nicht zusammenfällt, aber dass es seine Außenpolitik ändert und seinen aggressiven Ansatz beendet“, schrieb Al-Rasched in einer Kolumne, die auf pro-saudi-arabischen Webseiten auf Englisch und Arabisch veröffentlicht wurde.

Netanjahu geht es darum, sein Land und das iranische Volk als natürliche Verbündete darzustellen, die lediglich von den regierenden Geistlichen im Iran voneinander getrennt würden. Im vergangenen Jahr hat er mehrere Videos erstellt, in denen die iranische Öffentlichkeit angesprochen wird.

„Wenn dieses Regime endlich fällt, und das wird es eines Tages, werden die Iraner und Israelis wieder einmal große Freunde sein. Ich wünsche den iranischen Menschen Erfolg bei ihrer noblen Suche nach Freiheit“, sagte Netanjahu im neuesten Video, das auf Englisch mit Untertiteln in Farsi gezeigt wurde.

Netanjahus Sprecher David Keyes sagte, „viele Iraner“ schauten sich die Farsi-Videos des Ministerpräsidenten an. Die großen Nutzerzahlen auf den diversen Seiten Netanjahus bei sozialen Medien deuteten auf einen „viel tieferen Trend“ hin.

Der im Iran geborene Dozent für iranische Angelegenheiten an der israelischen Hochschule Interdisziplinäres Zentrum, Meir Dschawedanfar, hält den Einfluss aber für minimal. „Der Mehrheit der Menschen im Iran wird es egal sein“, sagte er.

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