Es sind Worte, die Mut machen: „Deutsche Unternehmen in China sind technisch in der Lage, fast auf Vorkrisenniveau zu produzieren“, sagt Maximilian Butek, Mitglied des Vorstands der Deutschen Handelskammer in China. Gemeinsam mit seinen Kollegen präsentierte Butek am Donnerstag die Ergebnisse einer Stimmungsumfrage unter deutschen Unternehmen vor Ort. Und es sieht – anders als bei der ersten Befragung dieser Art Ende Februar – nicht mehr alles ganz so düster aus.
Für deutsche Firmen, die im eigenen Land und im Rest der Welt wegen des Ausbruchs des Coronavirus zunehmend unter Druck geraten, ist es zumindest ein Hoffnungsschimmer, dass in der zweitgrößten Volkswirtschaft die Produktion nun langsam wieder anläuft. Kommt es auf dem chinesischen Festland zu keiner zweiten großen Infektionswelle, was nicht sicher ist, könnte die Volksrepublik dazu beitragen, das wegbrechende Geschäft in anderen Teilen der Welt zumindest teilweise auszugleichen.
Die Ergebnisse der März-Umfrage zeigen, dass sich Personalquote, Produktionskapazitäten und die interne Logistik für die meisten Befragten normalisiert haben. Die eigentliche Geschäftstätigkeit sei aber noch kaum wieder aufgenommen worden.
„Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Unternehmen sind nach wie vor gravierend“, so die Handelskammer. Mehr als zwei Drittel der befragten Firmen prognostizieren demnach für das erste Halbjahr einen zweistelligen Umsatzrückgang. Das sind sogar noch einmal 20 Prozent mehr als im Februar. Die meisten Unternehmen seien bestrebt, Investitionen zu verschieben oder abzublasen. Die Geschäfte würden voraussichtlich erst zu Beginn des zweiten Halbjahres wieder auf das Vorkrisenniveau zurückkehren.
Mit der weltweiten Verbreitung von Covid-19 verlagern sich die Herausforderungen für in China tätige deutsche Unternehmen. Da wären etwa Reisebeschränkungen, weil China aus Angst vor „importierten Infektionen“ Ausländer vorerst nicht mehr ins Land lässt. Auch innerhalb der Landesgrenzen werden Reisen durch weiterhin bestehende Quarantänemaßnahmen erschwert.
Weil das Virus jetzt im Rest der Welt grassiert, verringere sich die Nachfrage nach Dienstleistungen und Produkten aus China. Auch gebe es Störungen der globalen Lieferketten.
Damit das Geschäft in China zügig wieder anlaufe, sei es laut Handelskammer wünschenswert, dass die Regierung mehr unternähme, um die Konjunktur wieder anzukurbeln. Insbesondere Konsum- oder Investitionsanreize könnten den Markt wiederbeleben und die Nachfrageseite stabilisieren.
Derzeit beschränkt sich Peking vor allem darauf, Geld ins Finanzsystem zu pumpen, damit Banken Kredite günstig an Unternehmen weitergeben können. Auch wurden Liquiditätshilfen und Steuererleichterungen angekündigt.
Die Regierung hat außerdem gezielte Subventionen für Firmen in Aussicht gestellt. So soll etwa der schon länger unter Druck stehenden Automobilindustrie weiter unter die Arme gegriffen werden. Subventionen und Steuerbefreiung beim Kauf von Elektro- und Hybridautos sollen verlängert werden.
Die Finanzhilfen fallen allerdings bei weitem nicht so ausufernd aus wie während der Finanzkrise 2008. Damals hatte Peking ein massives Stimulus-Paket von einer halben Billion US-Dollar auf den Weg gebracht hatte, was in den Folgejahren zu einer rasch steigendenden Verschuldung führte.
Die nun in China getroffenen Maßnahmen haben also längst noch nicht den Umfang erreicht wie die gewaltigen Rettungspakete in Europa und den USA.
Dieses Mal, so heißt es bei Wirtschaftsexperten in Peking, soll versucht werden, zunächst mit gezielten Maßnahmen Ergebnisse zu erzielen, um die Schulden nicht unnötig weiter hochzutreiben.
„Ein vorrangiges Ziel ist es, mit den Hilfen Probleme bei der Wiederaufnahme der Produktion zu lösen“, sagt ein Ökonom, der auch die Pekinger Regierung berät. „Größere Eingriffe sind aber noch längst nicht vom Tisch.“
Ganz genau wird derzeit in Peking beobachtet, wie sich die Wirtschaftsdaten weiter entwickeln. Hoffnung machten in dieser Woche Zahlen des Pekinger Statistikamtes, wonach sich die Stimmung bei chinesischen Industriefirmen im März wieder aufgehellt hat. Der offizielle Einkaufsmanagerindex (PMI) des herstellenden Gewerbes machte einen Sprung von 35,7 auf 52 Punkte.
Die Weltbank zeichnet dagegen weiterhin ein düsteres Bild der Lage. Die Organisation sagte in einem neuen Bericht am Dienstag voraus, dass die Ausbreitung von Covid-19 das Wirtschaftswachstum in China, das nach früheren Vorhersagen eigentlich um die sechs Prozent wachsen sollte, in diesem Jahr zum Stillstand bringen könnte. In einem besseren Szenario wären noch 2,3 Prozent Wachstum drin.
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Von Shenzhen aus steuert Arne Weber sein Unternehmen Faytech. Für die WirtschaftsWoche hat er dokumentiert, wie er die vergangenen Wochen erlebte, wie er die Coronakrise anfangs unterschätzt und am Ende doch gut überstanden hat. Alle Berichte des Corona-Tagebuchs aus Shenzhen finden Sie hier.