Unterschiedliche Interessen Die Fronten in der Krim-Krise

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Geteilte Meinungen

Obama warnt Russland vor Intervention in der Ukraine

Die Zukunft der Ukraine liege in der Europäischen Union, so die neue Regierung in Kiew. Die Beziehungen zu Russland sollten freundschaftlicher Natur sein. Angesichts der drängenden Wirtschaftsprobleme der Ukraine dürfte Jazenjuk und seinem Kabinett zunächst die Aufgabe zukommen, finanzielle Hilfe von EU und Internationalem Währungsfonds sicherzustellen. Die Summe hat es in sich: Nach Angaben des amtierenden Finanzministers braucht das Land 35 Milliarden Dollar, um die kommenden zwei Jahre überstehen zu können.

Das will Russland:

Moskau sieht die Ukraine nicht nur als Geburtsstätte des russischen Staats und der russisch-orthodoxen Christenheit. Präsident Wladimir Putin hält das Land auch für einen wichtigen Wirtschaftspartner und möchte es in eine Allianz der früheren Sowjetrepubliken einbinden. Deshalb übte Russland auch gehörigen Einfluss aus, um die Partnerschaft mit der EU zu Fall zu bringen. Erst drohte es mit Handelssanktionen, dann lockte es mit einem Kredit von 15 Milliarden Dollar – Geld, das die wirtschaftlich angeschlagene Ukraine dringend benötigt. 

Die wirtschaftliche Bedeutung der Ukraine

Putin hat den Zusammenbruch der Sowjetunion einmal als größte geopolitische Katastrophe der Geschichte bezeichnet. Die Ukraine betrachtet er als sein Einflussgebiet – zumal die Krim mit ihren mehrheitlich russischen Einwohnern. Gestützt auf die Einnahmen aus dem Öl- und Gasexport und einen niedrigen Schuldenstand, fühlt sich der Kremlchef stark genug, um die Ukraine zumindest in Teilen in sein Reich zurückzuholen. Der Sturz des leicht zu beeinflussenden Präsidenten Janukowitsch muss er als Wortbruch des Westens aufgefasst haben, dessen Außenminister-Trio Neuwahlen ausverhandelt hatte. Darum griff er zum militärischen Hebel.

Das will die Europäische Union:

Die Europäische Union hat wie Russland ein Interesse an den Zugang zu den ukrainischen Märkten. Darüber hinaus geht es um den Ruf Brüssels. Wenn ein Land wie die Ukraine mit derart großem Willen nach Europa drängt, kann die EU gar nicht anders, als dem Land seine größtmögliche Unterstützung zuzusagen. Alles andere wäre ein Verrat an den eigenen Idealen.

Der politische Gedanke der EU-Integration bedeutet, dass der demokratisch-marktwirtschaftlich orientierte Werteraum Europa die Basis für den Frieden auf dem Kontinent ist – was den Export von Werten rechtfertigt. Würde Brüssel der Ukraine die kalte Schulter zeigen, wäre dies nach EU-Lesart ein Verrat an den eigenen Werten. Ob und wie die Ukraine an die Europäische Union herangeführt werden kann, ist jetzt bis auf weiteres aber nicht das erste Thema.  Die Ukraine braucht zunächst dringend Stabilität. Dazu gehört auch, dass der drohende Finanzkollaps abgewendet wird. Problematisch ist, dass die gewünschte Annäherung der Ukraine an die EU konträr zu den Plänen Russlands steht. Dabei ist das Land – selbst mit einem wild gewordenen Putin im Kreml – ebenfalls ein Teil Europas, die Menschen fühlen sich als Europäer. Auch wenn eine Mehrheit vorerst wenig Verständnis für westliche Werte aufbringt.

Das wollen die USA:

Die Vereinigten Staaten von Amerika wollen beweisen, dass sie in der Welt noch ein gewichtiges Wort mitzusprechen haben. Die Zweifel wachsen. Und deshalb gerät US-Präsident Barack Obama zu Hause immer stärker unter Druck. Der Republikaner John McCain, Obamas Gegenkandidat von 2008, kritisierte am Montag die „sorglose Außenpolitik“ des Präsidenten. Weil Obama Schwäche zeige, sei Russland in die Ukraine eingefallen, denn „niemand glaubt mehr an amerikanische Stärke“.

Wenn man schon nicht den Krim-Konflikt beeinflussen können, wie wolle man da im Atomstreit Druck auf den Iran aufbauen?, fragen die Republikaner. Für die Obama-Regierung geht es also schlicht darum, in der Krim-Krise nicht als Verlierer dazustehen. Ein Anschluss der Krim an Russland wäre für Obama ein Desaster.

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