US-Entscheidungen am Wahltag Kiffen, Kondome und die Rückkehr der Todesstrafe

In den USA wurde nicht nur ein neuer Präsident gewählt. Gleichzeitig waren in mehreren Bundesstaaten Bürger zu Volksabstimmungen aufgerufen. Mit dem Ergebnis: Mehr Rausch – und weniger Bevormundung.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Kondome für Pornostars Pflicht? Das sollte in Kalifornien Gesetz werden. Die Bürger entschieden sich bei der Wahl dagegen. Quelle: dpa

Alle vier Jahre werden die Bürger in den USA auch Gesetzgeber. Sie wählen nicht nur ihren Präsidenten, sondern stimmen auch über Gesetze ab, die nur in ihrem Bundesstaat gültig sein sollen. Eingebracht werden die Vorschläge von Bürgern oder Politikern. Wenn sie eine Mindestzahl von Unterstützern erreichen, kommen sie auf die Wahlzettel. Was davon durchgekommen ist und was nicht, wirft ein Schlaglicht auf das neue Amerika unter dem künftigen Präsidenten Donald Trump.

Einige Staaten entschieden sich für eine weitere Entkriminalisierung von Cannabis, auch Hasch genannt. In Kalifornien, Massachusetts und Nevada, ist der Zug am Joint jetzt auch zum puren Vergnügen erlaubt, genauso wie der Genuss von Alkohol. Doch auch für den Genuss von Cannabis gibt es Einschränkungen: Konsumenten müssen mindestens 21 Jahre alt sein, man darf nur eine geringe Menge des Stoffs mit sich führen und eine Handvoll Pflanzen im Garten anbauen. Das Rauchen in der Öffentlichkeit ist untersagt.

In Arizona konnten sich die Befürworter nicht durchsetzen, die anderen Staaten erlauben den Einsatz als verschreibungspflichtiges Medikament. Seit Monaten hat sich die Cannabis-Industrie auf diesen Tag vorbereitet und auch die Staaten reiben sich die Hände. Kalifornien rechnet auf mittlere Sicht mit jährlichen Steuereinnahmen aus dem Hasch-Verkauf von bis zu einer Milliarde Dollar.

Auch wenn Donald Trump unverbrüchlich zum freien Waffenbesitz steht und die Waffenlobby NRA zu seinen besten Unterstützern zählt, wird er im Weißen Haus einen schweren Stand haben. Vier Bundesstaaten haben sich für schärfere Waffengesetze ausgesprochen. In Kalifornien etwa wird in Zukunft jeder Munitionskauf an eine zentrale Erfassungsstelle gemeldet. Das ist eine Reaktion auf die Funde von wahren Munitionslagern bei einigen Tätern früherer Massenmorde an Schulen oder Universitäten. Für den Munitionskauf ist zudem eine eigene Erlaubnis notwendig. Private Waffenverkäufe müssen über einen lizensierten Waffenhändler abgewickelt werden, der die gesetzlich vorgeschriebene Personenüberprüfung vornimmt.

Der legale, unkontrollierte Waffenhandel zwischen Privatpersonen, auch im Internet, gilt als größtes Schlupfloch in der US-Waffenkontrolle und ist in vielen Bundesstaaten weiter erlaubt. Im Bundesstaat Washington kann die Polizei jetzt bei Familien in „Krisensituationen“, etwa nach häuslicher Gewalt, auf Antrag eines Gerichts oder eines Familienangehörigen legal erworbene Waffen zeitweilig beschlagnahmen. Nevada stimmte ebenfalls für striktere Waffenkontrollen, in Maine kam der Antrag nicht durch. Alle Anträge hatte die Waffenlobby NRA heftig bekämpft. Anti-Waffen-Aktivisten fürchten jetzt, der Verband werde Druck auf Trump ausüben, damit er ein Bundesgesetz erlässt, das die Landesgesetze aus Kraft setzt.


Keine Chance auf Abschaffung der Todesstrafe

In drei Staaten gab es Abstimmungen zur Todesstrafe – und in allen Fällen war das Ergebnis pro Todesstrafe. In Kalifornien wurde die Abschaffung abgelehnt und gleichzeitig beschlossen, den juristischen Prozess zu beschleunigen. So sollen mehr Verurteilte schneller hingerichtet werden können. Eine historische Entscheidung fiel in Nebraska: 2015 wurde die Todesstrafe abgeschafft, aber der republikanische Gouverneur legte sein Veto ein. Alle Abgeordneten, einschließlich der Republikaner, überstimmten das Veto aber. Der Gouverneur brachte daraufhin einen Antrag ein, die Bürger sollen die Abschaffung wieder abschaffen. Der Antrag fand auch seinen Weg auf den Wahlzettel und bekam seine Mehrheit. Die Todesstrafe wird wieder eingeführt.

In Oklahoma ließ sich die Regierung von den Wählern bestätigen, dass die Todesstrafe in der Landesverfassung verankert und als nicht grausam oder ungewöhnlich bewertet wird. Damit, so Kritiker, wird es praktisch unmöglich, jemals wieder gegen die Todesstrafe vorzugehen, weil das dann eine Verfassungsänderung verlangen würde.

Keine Gegenliebe fanden Umweltthemen, ein Vorschlag einer Steuer für große Luftverschmutzer wurde ebenso abgelehnt wie ein Verbot von Plastiktüten in Kalifornien. Abgelehnt wurde auch ein Antrag, Preisobergrenzen für Medikamentenkäufe durch den Staat Kalifornien einzuführen. Die Pharmaindustrie hatte fast 120 Millionen Dollar in Spenden investiert, um die Gegner des Plans zu unterstützen. Die Angst war, dass andere Bundesstaaten auch auf die Idee kommen könnten, sich zu Medikamenten-Großkäufern zusammenzuschließen und so Preise zu drücken und Rabatte zu verlangen. Alleine der Staat Kalifornien kauft pro Jahr für rund 3,7 Milliarden Dollar Medikamente und die Preise steigen unaufhörlich. Pharma-Aktien gehörten zu den Profiteuren des US-Wahlergebnisses.

Abgelehnt wurde auch ein anderer, sehr kalifornischer Gesetzesvorschlag. In der Nähe von Los Angeles liegt das sogenannte „Silikon Valley“ (man achte auf das „k“), wo die weltweit größte Anballung von Unternehmen der Pornoindustrie beheimatet ist. Proposition 60 sollte nun den Gebrauch von Kondomen in allen pornografischen Filmen vorschreiben. Bei Missachtung hätten hohe Strafen gedroht. Die Pornoindustrie hat den Gesetzesvorschlag heftig bekämpft und mit einem Wegzug aus Kalifornien gedroht. Aber Kritiker haben auch angemerkt, dass dieses Gesetz selbst dann Anwendung finden würde, wenn ein verheiratetes Ehepaar in seinem Schlafzimmer ein Video drehen würde. So wurde „Prop 60“ letztendlich vom Wähler doch mehr als Spaßbremse und nicht als wichtige Verbesserung der Sicherheit am Arbeitsplatz eingestuft und verworfen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%