US-Senator Ted Cruz quatschte in dieser Woche 21 Stunden lang dummes Zeug im Kongress in Washington. Mit der Nazi-Herrschaft in Deutschland verglich der Republikaner etwa die verhasste Gesundheitsreform, kurz Obamacare, genannt. Erreicht hat der Senator mit seinem Redemarathon gar nichts – außer, dem absurden Theater in Amerikas Hauptstadt die Krone aufzusetzen.
Die USA zittern vor der „Fiskalklippe“
Durch die "Fiskalklippe" könnten der US-Wirtschaft im kommenden Jahr mehr als 500 Milliarden Dollar entzogen werden. Das überparteiliche Haushaltsbüro im Kongress befürchtet, dass das Bruttosozialprodukt um 0,5 Prozent schrumpfen würde. Die Arbeitslosenquote würde bis Ende 2013 von derzeit 7,7 auf 9,1 Prozent steigen. Nach Einschätzungen des Internationalen Währungsfonds dürfte sich ein Einbruch der US-Konjunktur auf die gesamte Weltwirtschaft auswirken, die ohnehin schon gebannt die Schuldenkrise in der Eurozone verfolgt.
Die Steuererhöhungen betreffen die Einkommenssteuer, die Erbschaftssteuer, Abgaben auf Kapitalerträge sowie eine Reihe von Abschreibungsmöglichkeiten, die wegfallen würden. Die Beiträge zur staatlichen Rentenversicherung sollen dem Szenario entsprechend auch steigen. Obama warnt, dass eine typische Familie der Mittelschicht im Schnitt 2200 Dollar mehr Steuern zahlen müsste. Auch Konjunkturmaßnahmen wie die Verlängerung der Arbeitslosenhilfe würden Ende des Jahres auslaufen.
Das im August 2011 verabschiedete Haushaltskontrollgesetz verpflichtet die US-Regierung, die Ausgaben über zehn Jahre um 1,2 Billionen Dollar (gut 900 Milliarden Euro) zu kürzen. Allein im kommenden Jahr würden pauschal 55 Milliarden Dollar im Verteidigungshaushalt und weitere 55 Milliarden Dollar in anderen Bereichen gestrichen.
Zum Jahreswechsel laufen eine Reihe von Steuererleichterungen aus der Zeit von Obamas Vorgänger George W. Bush aus. Die meisten der Vergünstigungen wollen auch die Demokraten wie zuletzt im Dezember 2010 verlängern - nur bei den Topverdienern verlangen sie, dass die Steuersätze steigen. Weil sich die Republikaner dagegen stemmen, wirft Obama ihnen vor, die breite Bevölkerung als "Geisel" zu nehmen, um den Reichen ihre Steuerprivilegien zu erhalten.
Die ab Januar drohenden Kürzungen gehen auf den Haushaltskompromiss vom Sommer 2011 zurück, als der Streit um die Anhebung der Schuldenobergrenze die USA an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht hatte. Die damals vereinbarten drakonischen Einschnitte waren eigentlich als eine Art Drohkulisse gedacht, damit sich Republikaner und Demokraten auf einen ausgewogenen Plan zum Abbau des Haushaltsdefizits verständigen. Doch ohne Lösung bis Jahresende wird die Sparbombe automatisch gezündet.
Die "Fiskalklippe" ist der jüngste Ausdruck des seit Jahren schwelenden Streits zwischen Demokraten und Republikanern im Kongress über die Sanierung der Staatsfinanzen. Während die Demokraten von Präsident Barack Obama die Reichen stärker belasten wollen, lehnen die Republikaner höhere Steuern als Gefahr für Wirtschaft und Jobs ab. Stattdessen wollen sie vor allem bei den Sozialprogrammen stärker kürzen.
Den Beinahekrieg mit Syrien konnte US-Präsident Barack Obama gerade noch abwenden, die Staatspleite wird er womöglich nicht verhindern können. Amerika ist mal wieder im Krisenmodus. Dem Staat geht das Geld aus, wenn sich Demokraten und Republikaner nicht bis zum 1. Oktober in Sachen Haushaltsbudget einigen und das Schuldenlimit erhöhen.
Das bedeutet: tausende Staatsangestellte müssten unbezahlten Zwangsurlaub nehmen, Bundesbehörden, Museen müssten schließen. Zinsen für Staatsanleihen könnten nicht mehr bedient, Renten nicht ausgezahlt werden.
Eine neue Rezession droht
Spätestens am 17. Oktober seien die Reserven aufgebraucht, stellte US-Finanzminister Jack Lew fest. Die Amerikaner legen ihre Schuldenobergrenze gesetzlich fest. Zurzeit liegt das Limit bei 16,7 Billionen Dollar. In den kommenden Tagen wird diese Summe erreicht, also darf der Staat ohne eine Erhöhung dieser Grenze durch den Kongress nicht mehr Geld ausgeben. Amerika drohe, wenn es zu keiner Einigung im Schuldenstreit käme, eine neue Rezession, sagte US-Präsident Barack Obama.
Fiskalpolitik neu ordnen
Ums so erstaunlicher ist es, wie gelassen sowohl die US-Bürger bleiben als auch die gefürchteten Ratingagenturen, die noch im Sommer 2011, als sie die Kreditwürdigkeit der USA erstmals in der Geschichte herunterstuften, die Weltmärkte ins Chaos stürzten.
Die größten Pleitekandidaten der USA
Kaliforniens Haushaltsloch brachte schon Ex-Gouverneur Arnold Schwarzenegger zur Verzweiflung. Weder die Schließung von Gefängnissen noch die Sperrung von Nationalparks konnten die Finanzkrise des Landes lösen. In diesem Jahr wird im bevölkerungsreichsten US-Staat wohl eine Lücke im Haushalt von 25,4 Milliarden Dollar klaffen. Zur Einordnung: Das ist fast ein Drittel (29,3 Prozent) des Gesamtetats von 2011. Nun wird überall gespart – außer bei der Filmförderung für Hollywood.
Der fünftgrößte US-Staat war jahrelang die Heimat von US-Präsident Barack Obama. Er arbeitete in Chicago und ist noch heute in der „windy city“ äußert beliebt. Die Finanzlage des Landes ist besorgniserregend. Für 2012 erwartet Illinois ein Haushaltsloch von 15 Milliarden Dollar (44,9 Prozent des aktuellen Budgets). Die Bonität des Staates gilt schon jetzt als gering. Investoren leihen Illinois nur für hohe Zinsen ihr Geld. Die Schuldenspirale dreht sich damit immer weiter.
Der Bundesstaat an der Grenze zu Kanada hat nicht nur viele Gewässer ("Land der tausend Seen"), sondern auch viele Schulden. Für das Gesamtjahr 2012 gehen die Behörden von einem Haushaltsloch von knapp vier Milliarden US-Dollar aus. Schon im Juli 2011 war Minnesota zeitweise zahlungsunfähig. Zoos und Nationalparks wurden geschlossen, Bauarbeiten an Straßen wurden eingestellt und 22.000 staatliche Bedienstete in den unbezahlten Urlaub geschickt.
Der kleine Ostküstenstaat zwischen New York und Rhode Island steckt ebenfalls in der schwersten Finanzkrise seiner Geschichte. Im Haushalt 2012 fehlen 3,7 Milliarden Dollar (20,8 Prozent des 2011er-Etats). Selbst die private Elite-Uni Yale in Connecticut bleibt von der Krise nicht verschont. In ihrem Uni-Budget für 2011/12 fehlen 68 Millionen Dollar.
Der Südstaat musste in den vergangenen Jahren viele Tiefschläge verkrafte. Erst wütete Hurrikan „Katrina“ über das Land, dann folgte eine schmerzhafte Rezession und 2010 schließlich noch die Ölkatastrophe. Der Haushalt ist vollkommen überlastet. Es klafft 2012 ein Loch von 1,7 Milliarden US-Dollar (22 Prozent des 2011er-Etats).
Der Wüstenstaat ist durch eine Stadt weltbekannt: Las Vegas. Die Spielermetropole zieht jährlich Touristen aus allen Teilen der Erde an. Der Haushalt des Bundesstaates kann davon aber nicht profitieren. 2012 wird der Haushalt eine Lücke von 1,5 Milliarden Dollar aufweisen. Allerdings: Die Summe entspricht fast der Hälfte des derzeitigen Etats Nevadas.
Der nördliche Nachbar von Kalifornien wird 2012 wohl ein Haushaltsloch von 1,8 Milliarden US-Dollar verkraften müssen. Diese Summe beträgt ein Viertel des Gesamthaushaltes von 2011. Es wird drastisch gespart: Sowohl bei Kranken und Rentnern als auch bei Schülern und Studenten.
Mit Sorge verfolgt dagegen die Europäische Zentralbank den erneuten Streit um das Haushaltsbudget in den USA: Die Amerikaner müssten die Fiskalpolitik neu ordnen und nicht immer alle paar Monate die Schuldenobergrenze verschieben und den Zentralstaat damit praktisch handlungsunfähig zu halten“, sagte EZB-Direktor Jörg Asmussen.
Haushaltsstreit in Washington lastet auf den Börsen
Der Leitindex Dow Jones Industrial gab in der vergangenen Woche 1,25 Prozent nach. Auch der breitere S&P-500-Index schloss die vergangene Handelswoche mit einem Minus ab. Beide Indizes fuhren damit nach drei Gewinnwochen hintereinander Verlust ein. Der Dow Jones Industrial fiel auf 15 258,24 Punkte, der S&P-500-Index fiel auf 1691,75 Punkte.
Dabei läuft es eigentlich ganz gut mit der US-Konjunktur: um immerhin 2,5 Prozent ist die Wirtschaft in den USA im zweiten Quartal gewachsen, die Stimmung ist grundsätzlich positiv bei den Unternehmen, wenn da nicht das Chaos in Washington wäre.
Verhasste Gesundheitsreform
Hauptgrund des Streits zwischen Demokraten und Republikaner um das neue Haushaltsbudget ist die geplante Gesundheitsreform, die Millionen Amerikaner erstmals krankenversichern soll. Ab 2014 gilt eine allgemeine Versicherungspflicht ähnlich wie in Deutschland. Die Zwangsversicherung und die damit einhergehenden zusätzlichen finanziellen Belastungen von Unternehmen mit mehr als 50 Angestellten, die sich von 2015 an, an den Gesundheitskosten ihrer Mitarbeiter beteiligen müssen, sind den Rechten in Amerika ein Dorn im Auge.
Der konservative Tea-Party-Flügel der Republikaner will finanzielle Zugeständnisse beim Budget und der Erhöhung des Schuldenlimits nur zustimmen, wenn bei der Finanzierung der Gesundheitsreform massiv gekürzt wird. Am liebsten wollen sie das umfassende Reformgesetz komplett blockieren.
Obama will nicht verhandeln
Das von den Republikanern kontrollierte Abgeordnetenhaus beschloss vergangene Woche einen Gesetzentwurf, der die Regierung zunächst bis Mitte Dezember finanziert, für die Gesundheitsreform sollen jedoch sämtliche Zahlungen gestoppt werden. Prompt lehnte der von den Demokraten dominierte Senat das Gesetz mit dieser Nebenbedingung ab.
An diesem Freitag billigte der Senat stattdessen einen Übergangshaushaltsetat ohne diese Nebenbedingung zur Gesundheitsreform, um zu verhindern, dass der Regierung am 1. Oktober das Geld ausgeht. Diese Vorlage wird nun wiederum dem Abgeordnetenhaus vorgelegt.
US-Präsident Obama will sein wichtiges Reformgesetz nicht mit Etatverhandlungen verbinden. Eine solche politische Erpressung mache er nicht mit.
Zu Verhandlungen sei er nicht bereit. Prompt laufen die Republikaner dagegen Sturm: „Der Präsident sagt, er wird nicht verhandeln. Sorry, aber so geht das nicht“, sagte John Boehner, der Sprecher der Republikaner im Repräsentantenhaus. Ein Kompromiss zwischen den beiden Parteien ist nicht in Sicht. Amerika spielt ein peinlich absurdes Theaterspiel mit gefährlichem Ausgang für die globale Konjunktur.