US-Haushaltsstreit Das bedeutet der Shutdown für die Wirtschaft

Beim US-Haushaltsstreit ist kein Ende in Sicht. Quelle: dpa

Beim US-Haushaltsstreit ist kein Ende in Sicht. Noch sind die negativen Folgen für die Wirtschaft gering. Mit jedem Tag des Stillstands nehmen die ökonomischen Schäden jedoch zu.

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Der festgefahrene Haushaltsstreit in den Vereinigten Staaten sorgt jetzt auch den obersten Notenbanker des Landes. Jerome Powell, Präsident der amerikanischen Zentralbank Federal Reserve, sagte am Donnerstagabend in Washington: Sollte der Stillstand vieler US-Behörden sich zu einem längeren Shutdown entwickeln, werde sich das auch sehr deutlich in den Daten zeigen. Einen solchen Fall habe es in der Vergangenheit noch nicht gegeben.

Bislang bleibt US-Präsident Trump stur. Er will unbedingt seine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen. Abrupt brach er am vergangenen Mittwoch ein Spitzentreffen mit den Demokraten ab, die über eine Lösung im US-Haushaltstreit verhandeln wollten. Nach Angaben Trumps, waren sie nicht bereit, ihm die Mauer, oder zumindest eine Barriere aus Stahl zu geben. Das verkündete der US-Präsident nur Minuten später auf dem Kurznachrichtendienst Twitter und bezeichnete das Treffen als „totale Zeitverschwendung“.

Seit dem 22. Dezember 2018 bekommen rund 40 Prozent der US-Bundesangestellten kein Gehalt mehr. Es herrscht ein sogenannter teilweiser Shutdown. Bislang ist die weitere Finanzierung für wichtige Institutionen wie etwa des Handelsministeriums sowie acht weiterer Ministerien nicht geregelt. Mitarbeiter müssen entweder zu Hause bleiben oder, wenn sie als unabkömmlich klassifiziert sind, erst einmal unbezahlt weiterarbeiten. Rund 800.000 Angestellte sollen betroffen sein, dazu kommen weitere Hunderttausende Beschäftigte, die für Subunternehmer arbeiten und zwangsweise beurlaubt wurden, da ihre Arbeitgeber aktuell von der Regierung nicht bezahlt werden.

Shutdowns in den USA sind zwar nicht selten; dieser ist bereits der dritte in zwei Jahren. Doch bislang ist kein Ende in Sicht. Es sieht aus, als könnte dieser Ausstand der längste in der Geschichte werden.

Die Fed ist im Blindflug unterwegs

Betroffen ist etwa die Bundessteuerbehörde, die gewöhnlich in dieser Zeit Steuerrückerstattungen vornimmt. Diese werden wohl noch auf sich warten lassen. Zusätzlich arbeiten einige Statistikbehörden nicht, darunter das Census Bureau als auch das Bureau of Economic Analysis, die dem Handelsministerium unterstehen. Wichtige ökonomische Zahlen wie aktuelle Immobiliendaten sowie die Handelsbilanz werden dadurch momentan nicht aktualisiert.

Das treibt auch Fed-Chef Powell um. „Dauert der Shutdown an, haben wir ein deutlich unklareres Bild von der US-Wirtschaft“, sagte Powell. Der Offenmarktausschuss der Fed kommt am 30. Januar wieder zusammen, um über die weitere Zinspolitik zu beraten. Doch die rechtzeitige Veröffentlichung der Einzelhandelszahlen aus dem Dezember sei aktuell „sehr zweifelhaft“, sagt USA-Analyst Bernd Weidensteiner von der Commerzbank. „Für die wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger und nicht zuletzt für die Fed heißt dies, dass sie gegenwärtig im Blindflug unterwegs sind.“ Dies sei gerade vor dem Hintergrund pikant, als die Fed für 2019 die Datenabhängigkeit ihrer Politik besonders betont, erklärt Weidensteiner weiter.

Ebenfalls rechnet Weidensteiner für Januar mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit um rund 0,25 Prozentpunkte, die direkt aus dem Shutdown resultieren. Da die in Zwangsurlaub geschickten Bundesangestellten als „vorübergehend arbeitslos“ eingestuft würden.

Doch wie stark kann der temporäre Stillstand der Behörden auch die US-Wirtschaft beeinflussen?

Konsumausfall wird nach Shutdown-Ende nachgeholt

Am ehesten wohl über den Konsumkanal. Aktuell bekommen Hunderttausende kein Gehalt und dürften sich bei ihren Ausgaben entsprechend zurückhalten. Und der private Konsum ist wichtig, immerhin macht er 68 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der USA aus.

Über die tatsächlichen Ausmaße lässt sich aktuell nur mutmaßen, allerdings zeigt eine Studie zum Shutdown von 2013, dass die betroffenen Haushalte sehr wohl mit einer kurzfristigen Reduzierung ihrer Konsumausgaben um etwa zehn Prozent reagieren. Unter der Obama-Regierung hatte ein gut zweiwöchiger Shutdown die US-Behörden 2013 lahmgelegt. Auch damals erhielten hunderttausende Angestellte kein Geld. Scott Baker von der Kellog School of Management in Chicago und Constantine Yannelis von der Stanford University untersuchten 2015, die Auswirkungen des Shutdowns auf die Konsumausgaben. Die betroffenen Haushalte schränkten verstärkt ihre Ausgaben für Kleidung, Kaffeebesuche oder allgemeine Unterhaltungsausgaben ein. Am größten war der negative Effekt des Shutdown bei denjenigen, die sogar in den Zwangsurlaub geschickt wurden. Sie reduzierten ihre Verbrauchsausgaben gar um durchschnittlich 15 Prozent im Vergleich zu nicht betroffenen Staatsangestellten. Der Grund für diesen asymmetrischen Effekt: Die Angestellten, die zuhause auf ein Ende des Shutdowns warteten, hatten selbst Zeit, sich um ihre Kinder zu kümmern. Sie konnten daher auf eine bezahlte Betreuung verzichten oder konnten selbst kochen und mussten nicht auswärts essen.

Zugleich stellte die Studie auch deutlich höhere Konsumausgaben nach Ende des Shutdowns fest. Doch diese Nachholeffekte konnten insgesamt nur etwa 60 bis 70 Prozent des entgangenen Konsums ausgleichen. Während ausgefallene Einkäufe beispielsweise für Kleidung nachgeholt wurden, geschah das bei versäumten Restaurantbesuchen nicht, wie Ökonom Baker erklärt.

Die Bundesangestellten, die kein Gehalt während des Shutdowns erhalten und trotzdem arbeiten müssen, werden im Nachhinein vollständig entschädigt. Auch diejenigen, die nicht gearbeitet haben und im Zwangsurlaub waren, sind in der Regel nachträglich bezahlt worden.

„Die Schäden nehmen überproportional zu“

Wie schwer der Shutdown die US-Konjunktur negativ beeinflussen kann, hängt letztlich davon ab, wie lange der Shutdown andauert. Beispielsweise könnten „Haushalte ihre Ersparnisse aufbrauchen oder ihr Kreditkartenlimit erreichen,“ mahnt US-Ökonom Baker. Ebenfalls gebe jeder weitere Tag des Shutdowns den betroffenen Haushalten mehr Zeit ihr Ausgabeverhalten weiter anzupassen. So könnte sich die dämpfende Wirkung auf den privaten Konsum noch verstärken.

USA-Analyst Weidensteiner ist ähnlicher Ansicht. „Im Ganzen sind die wirtschaftlich negativen Folgen bislang als gering einzuschätzen“, sagt er. „Allerdings nehmen die Schäden überproportional zu, je länger der Ausstand dauert.“ Als Faustregel lasse sich sagen, dass etwa ein Zehntelprozentpunkt an BIP-Wachstum für jede Woche des Shutdowns verloren gehen.

Folglich sollte auch Trump an einem möglichst schnellen Ende des Shutdowns interessiert sein, schließlich twitterte der Präsident erst am vergangenen Mittwoch: „Unserem Land geht es in so vielen Dingen so gut. Großartige Job-Zahlen mit einem Rekordergebnis im Dezember.“

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