US-Konjunktur Fed-Chefin Janet Yellen verschleppt die Zinswende

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Krisen im Ausland lassen US-Export zurückgehen

Wer hat nun recht, die pessimistischen Experten oder die optimistischen Unternehmer? Wahr ist: Das amerikanische Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von Oktober bis Dezember, auf das Jahr hochgerechnet, nur um 0,7 Prozent zu. Vor allem die Exportwirtschaft trägt Schuld am mauen Wachstum. Im Ausland ist die Nachfrage nach US-Gütern deutlich zurückgegangen, weil die Wirtschaft in Abnehmerstaaten kriselt und der Dollar so stark geworden ist. Gegenüber allen wichtigen Währungen der Welt hat der Greenback massiv aufgewertet.

„Der Export ist schwieriger geworden“, sagt auch Vorstand Neubauer. Viele Auslandskunden hätten derzeit Schwierigkeiten, die hohen Preise für US-Güter zu bezahlen. Sie kauften günstiger in Europa oder Asien ein. Die Industrieproduktion in den USA sank im Januar um 0,7 Prozent.

Industrieproduktion in den USA

Besonders betroffen sind die Zulieferer der Ölindustrie, eine Branche, die in den vergangenen Jahren noch zu den großen Gewinnern gehörte. Der Fracking-Boom hatte für Jobs und Wachstum in den USA gesorgt. Doch die Goldgräberzeiten sind vorbei. US-Ölunternehmen können bei den aktuellen Minipreisen für ein Fass Öl nicht profitabel arbeiten; die Produktion ist größtenteils lahmgelegt.

Shoppinglust der Amerikaner ist ungebrochen

Ist also auch die Reindustrialisierung in den USA vorbei, bevor sie richtig begonnen hat? Riehle wiegelt ab. „Es gibt inzwischen viele kleine und mittelständische Unternehmen in den USA, die tolle Arbeit leisten und sich gegen den Trend stemmen“, sagt der Wittenstein-Geschäftsführer. Nach den enormen Zuwachsraten in den vergangenen Monaten sei es „im Strudel der Negativmeldungen“ einfach zu einer Korrektur gekommen. Außerdem sind die Auftragsbücher von Wittenstein allem Krisengerede zum Trotz bestens gefüllt. Das liegt an anderen Kunden, die gerade vom geringen Ölpreis profitieren: darunter der Konsumgüter-Konzerne etwa oder die Flugzeugindustrie.

Beide Branchenriesen spüren, dass die Shoppinglust der Amerikaner ungebrochen ist. Was diese aufgrund der niedrigen Energiepreise beim Heizen und an der Tankstelle sparen, geben sie für Kosmetik, Urlaub oder neue Autos aus. Die Einzelhandelsumsätze sind im Januar gegenüber dem Vergleichsmonat im Vorjahr um 3,4 Prozent gestiegen. „Der niedrige Ölpreis ist unter dem Strich für uns kein Problem. Zwar gehen Aufträge verloren, aber in anderen Branchen steigt die Nachfrage“, resümiert Riehle.

Deutsche Unternehmen in den USA erwarten Wachstum

Was im Kleinen gilt, lässt sich aufs große Ganze übertragen: Die Investmentbank JP Morgan prognostiziert, dass die niedrigen Rohstoffpreise der Wirtschaft nur minimal helfen. Größeren Schaden richten sie aber bislang auch nicht an. Zwar gingen allein im rohstoffreichen US-Bundesstaat Texas vergangenes Jahr rund 60.000 Jobs in der Öl- und Gasindustrie verloren, doch die amerikanische Arbeitslosenquote befindet sich mit derzeit 4,9 Prozent auf dem tiefsten Stand seit dem Beginn der Weltfinanzkrise im Jahr 2008.

Eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer ergab daher ein betont positives Fazit: „97 Prozent der deutschen Unternehmen in den USA gehen davon aus, auch 2016 zu wachsen.“ Demnach planen drei von vier Betrieben, neue Stellen zu schaffen. Mit derlei Optimismus befinden sich die Deutschen in guter Gesellschaft. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Wachstumsprognose für die USA zwar um 0,2 Prozentpunkte gesenkt. Aber die Fondsleute gehen weiter davon aus, dass Amerikas Wirtschaft bis Ende des Jahres um solide 2,6 Prozent zulegen wird.

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