Angesichts hoher Inflation beschleunigt die US-Notenbank (Fed) die Abkehr vom Krisenmodus und nimmt eine Zinswende ins Visier. Sie entschied am Mittwoch, die als Konjunkturstütze in der Corona-Pandemie eingesetzten Wertpapierkäufe schneller abzuschmelzen. Das monatliche Abbautempo bei den Zukäufen wird ab Mitte Januar von zuletzt 15 Milliarden auf 30 Milliarden Dollar verdoppelt. Im März wäre dieses als Tapering bekannte Manöver dann bei gleichbleibender Geschwindigkeit abgeschlossen, womit der Boden für eine Zinserhöhung bereitet wäre.
Wie aus dem Ausblick der Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell hervorgeht, halten sie drei Zinsschritte nach oben im kommenden Jahr für angebracht. Ende 2022 würde das Zinsniveau dann bei 0,9 Prozent liegen. 2023 könnte der Leitzins dann auf 1,6 und 2024 auf 2,1 Prozent steigen. Einstweilen beließen die Währungshüter den Leitzins aber in der Spanne von null bis 0,25 Prozent.
Die Fed sieht sich mit dem stärksten Inflationsdruck seit Anfang der 80er Jahre konfrontiert. Die Verbraucherpreise stiegen im November um 6,8 Prozent. Die Teuerungsrate ist damit sehr weit über das Ziel der Notenbank von 2,0 Prozent hinausgeschossen. In ihrer nun aktualisierten Inflationsprognose geht die Fed davon aus, dass die Teuerungsrate auch 2022 mit 2,6 Prozent erhöht bleiben wird.
Fed-Entscheid gibt Dollar und US-Aktien Rückenwind
Die Aussicht auf eine straffere US-Geldpolitik ermuntert Anleger zum Kauf von Dollar. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, baute am Mittwoch seine Gewinne aus und stieg um bis zu 0,4 Prozent auf 96,914 Punkte. Mit amerikanischen Aktien deckten sich Investoren ebenfalls ein. Der US-Standardwerteindex Dow Jones und der breit gefasste S&P 500 rückten nach anfänglichen Verlusten jeweils etwa 0,3 Prozent vor.
Die Notenbank wird künftig wie erwartet ihre Wertpapierkäufe doppelt so schnell zurückfahren wie bisher. Außerdem signalisierte sie für 2022 drei Zinserhöhungen. „Drei Anhebungen bedeuten einen Anstieg um 0,75 Prozentpunkte, deutlich mehr als der Markt erwartet hatte“, sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. „Am Aktienmarkt hatten Investoren darauf gehofft, die aggressive Seite der Fed zu sehen. Ihnen gefällt, dass die Fed endlich gegen die Inflation vorgeht, die außer Kontrolle geraten ist.“ Die sehr hohe US-Inflationsrate von über sechs Prozent zeige inzwischen deutlich, „dass das Biden-Konjunkturpaket überdimensioniert war und über das Ziel hinausgeschossen ist“, kommentierte ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann die Entscheidung der Fed.
„Eine durch historisch hohe Staatsschulden angefachte Nachfrage trifft auf ein durch Lieferengpässe eingeschränktes Angebot. Dieser Mix ist hochinflationär, so dass die Geldpolitik nun gegensteuern muss.“ LBBW-Analyst Elma Völker sieht in den neuen Leitzinsprojektionen, dass es nicht mehr allzu lange dauern dürfte, bis auch die Leitzinsen wieder zu steigen beginnen. „Wir rechnen derzeit mit einer ersten Zinsanhebung um die Jahresmitte 2022. Es könnte sogar noch zügiger gehen, falls die Inflationsängste bis zum Frühjahr weiterwachsen“.
Mehr zum Thema: Die US-Notenbank will den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik beschleunigen, die EZB will sich gegen den Aufwärtstrend bei den Zinsen stemmen. Das hat weitreichende Folgen für den Euro und die Inflation. Ein Kommentar.