
Er ist zurück in der Menge. Umringt von Menschen mit roten Mützen, umrahmt von Schildern und Sternenbannern. Am 100. Tag seiner Präsidentschaft besteigt Donald Trump ein Podium in Pennsylvania, einem der Bundesstaaten, die ihn ins Weiße Haus gebracht haben. Er will sich feiern lassen von seinen Anhängern für seine ersten Wochen im Amt. Er feiert sich selbst. „Wir halten ein Versprechen nach dem anderen ein“, ruft er.
Aber seine Bilanz ist chaotisch, wichtige Vorhaben scheiterten, Kommentatoren zeichnen ein verheerendes Bild, die Umfragewerte sind schlecht. Doch Trump wischt das weg, er tut es als „Fake News“ ab, er prahlt. Washington ist weit weg an diesem Samstagabend.
In 200 Kilometer Entfernung hat sich die Hauptstadtpresse zu ihrem traditionellen Galadinner versammelt. In einem Hotel in Washington feiern sie die Rolle der Medien, den quicklebendigen Journalismus in den USA, der dem Präsidenten mit etlichen Enthüllungen in den vergangenen Wochen reichlich zugesetzt hat.
100 Tage Donald Trump in Zahlen
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Bob Woodward, der den Watergate-Skandal mit aufdeckte, verwahrt sich ganz entschieden gegen Trumps Kritik an den Medien, gegen die Zuschreibung „Fake News“. Ein Banner zelebriert den ersten Zusatzartikel der Verfassung. Jene Worte, die es dem Kongress verbieten, Gesetze zu verabschieden, die die Meinungs- und Pressefreiheit einschränken. Trump ist nicht da, aber er ist allgegenwärtig.
Er ist der erste Präsident seit 36 Jahren, der der Veranstaltung fernbleibt. Das ist Absicht. Er selbst sagt vor seinen Anhängern, er sei froh, dass er nicht dort sei, im „Washingtoner Sumpf“, bei den Hollywood-Schauspielern und Journalisten, die sich gegenseitig „trösten“ müssten. Die Menge jubelt.
Die Botschaft ist klar: Ich bin nach wie vor einer von Euch, ein Außenseiter
Der Präsident bespielt die ganze Klaviatur des Wahlkampfes noch einmal von neuem. Er beschwört sein Lieblingsfeindbild gleich zu Beginn herauf, schimpft mehrere Minuten lang über die Medien. Dann geht er dazu über, die Menge mit den bewährten Schlagworten aufzupeitschen: Obamacare, radikal-islamischer Terrorismus, die Mauer an der Grenze zu Mexiko.
Trump formt Daumen und Zeigefinger der rechten Hand zu einem O, er lässt den Arm durch die Luft zucken. Er hebt und senkt seine Stimme, presst die Wörter stoßweise hervor.
„Gibt es irgendetwas, was man mit einer Trump-Kundgebung vergleichen könnte?“, ruft der Präsident. Die Menschen jubeln ihm zu, sie skandieren immer wieder „USA, USA, USA“. Noch mehr gehen sie eigentlich nur ab, als Trump auf seine einstige Gegnerin Hillary Clinton zu sprechen kommt. „Sperrt sie ein“, brüllt die Menge da reflexartig.
Aber die Rückkehr in den Wahlkampfmodus wirkt künstlich, zu sehr aus der Zeit gefallen. Das wird besonders deutlich, als Trump davon spricht, dass er den Sumpf trocken legen werde. Es ist nicht mehr als eine leere Worthülse. Trump hat seine Regierung für Ex-Banker und Lobbyisten geöffnet, er bleibt mit seinen Geschäften verbunden. Er hat den Sumpf belebt.
Der Republikaner hat in seinen ersten Wochen als Präsident viele Kehrtwenden vollzogen. Von einer Annäherung an Russland sind die USA weit entfernt. Das Verhältnis ist eisig, seit Trump einen Militärangriff auf einen Stützpunkt der syrischen Luftwaffe befahl. Seine fast 18 Monate lang immer wieder vorgetragene Meinung, die Nato sei obsolet, verwarf er genauso wie seine Beteuerung, China als Währungsmanipulator zu brandmarken.
Trump musste einsehen, dass die Realpolitik sehr mühsam und zäh sein kann und die sehr konservativen Republikaner im Kongress auch gegen einen Präsidenten aus der eigenen Partei Widerstand leisten.





Seine wichtigsten Vorhaben liegen derzeit allesamt auf Eis. Die Abschaffung der Gesundheitsversorgung Obamacare scheiterte in den eigenen Reihen. Gerichte stoppten seine Einreiseverbote. Wie der Bau der Mauer an der Grenze zu Mexiko finanziert werden soll, ist unklar.
Das hält Trump am Samstag nicht davon ab, seine Versprechen noch einmal zu wiederholen. „Wir werden eine Mauer haben, sorgt euch nicht darum, geht nach Hause“, ruft er der Menge zu. Und: „Obamacare ist tot.“
Er beendet seine Rede, wie er sie immer beendet: mit der Beteuerung, Amerika wieder großartig zu machen. Dann bricht er auf. Er muss zurück nach Washington.