„Wir können es schaffen”
Locker wirkt der Mann – wie immer. Leichten Schrittes geht er zum Podium. Dort schließt ihn seine Frau in die Arme, drückt ihn fest an sich, ihre Augen sind geschlossen, irgendetwas murmelt sie in sein Ohr.
Michelle Obama hat ihrem Ehemann mit einer mitreißenden, emotionalen Rede vor zwei Tagen ein sicheres Fundament für diesen Parteitag der Demokraten gebaut. Nun muss Obama beweisen, dass er die Massen begeistern kann.
Obamas Parteitagsrede
„...wenn alles gesagt und getan ist - wenn Ihr diesen Wahlzettel ...in die Hand nehmt -, dann werdet Ihr es mit der klarsten Wahl...seit Generationen zu tun haben. In den nächsten Jahren werden große Entscheidungen in Washington getroffen werden, über Jobs und die Wirtschaft, Steuern und Defizite, Energie und Bildung, Krieg und Frieden - Entscheidungen, die auf Jahrzehnte hinaus große Auswirkungen auf unser Leben und das Leben unserer Kinder haben werden.“
„Es wird eine Wahl zwischen zwei verschiedenen Wegen für Amerika sein...Eine Wahl zwischen zwei fundamental verschiedenen Visionen für die Zukunft.“
„Aber Du musst das wissen, Amerika: Unsere Probleme können gelöst werden. Unsere Herausforderungen können bewältigt werden. Der Weg, den wir bieten, mag härter sein, aber er führt zu einem besseren Ort. Und ich bitte Euch, diese Zukunft zu wählen...“
„Unsere Freunde auf dem republikanischen Parteitag waren mehr als glücklich, über alles zu sprechen, das nach ihrer Ansicht falsch läuft mit Amerika. Aber sie haben nicht viel darüber zu sagen gehabt, wie sie es richtig machen würden. Sie wollen Eure Stimme haben, aber sie wollen nicht, dass Ihr ihren Plan kennt. Und das liegt daran, dass alles, was sie zu bieten haben, das gleiche Rezept ist, das sie in den vergangenen 30 Jahren gehabt haben.“
„Ich will nicht so tun, als ob der Weg, den ich anbiete, schnell oder leicht ist. Das habe ich nie getan. Ihr habt mich nicht gewählt, damit ich Euch sage, was Ihr hören wolltet. Ihr habt mich gewählt, damit ich Euch die Wahrheit sage. Und die Wahrheit ist, es wird für uns mehr als einige wenige Jahre dauern, um die Herausforderungen zu bewältigen, die sich über Jahrzehnte hinweg aufgebaut haben.“
„Wenn Du an ein Land glaubst, in dem jeder eine faire Chance erhält, und jeder seinen fairen Beitrag leistet, und jeder sich an dieselben Regeln hält, dann brauche ich diesen November Deine Stimme...Ja, unsere Straße ist länger - aber wir reisen gemeinsam auf ihr. Wir kehren nicht um. Wir lassen niemanden zurück. Wie ziehen einander hoch. Wir gewinnen Stärke aus unseren Siegen, und wir lernen aus unseren Fehlern. Aber wir behalten unsere Augen auf jenen fernen Horizont gerichtet...in dem Wissen, dass wir wirklich gesegnet sind, Bürger der größten Nation auf der Erde zu sein. “
„In einer Welt neuer Bedrohungen und neuer Herausforderungen könnt Ihr eine Führung wählen, die geprüft worden ist und sich bewährt hat....Aber trotz aller Fortschritte, die wir erzielt haben, bleiben Herausforderungen...Mein Kontrahent und sein Vizekandidat sind Neulinge in der Außenpolitik...sie wollen uns in eine Ära des Getöses und der Schnitzer zurückbringen, die Amerika bereits so viel gekostet haben.“
„Ich bin nicht länger nur ein Kandidat. Ich bin der Präsident...Und während ich stolz auf das bin, was wir gemeinsam erreicht haben, bin ich mir weitaus stärker meiner eigenen Fehler bewusst...Aber ich habe nie größere Hoffnungen für Amerika gehabt. Nicht, weil ich glaube, dass ich alle Antworten habe...Ich bin hoffnungsvoll wegen Euch.“
Wie die Amerikaner so sind, plänkelt Obama zunächst ein bisschen rum mit seinem Publikum. Er sei der glücklichste Ehemann überhaupt, er sei superstolz auf seine beiden Töchter, die grinsend im Publikum sitzen und die - obwohl es an diesem Abend sehr spät werden wird - morgens früh in die Schule müssten.
Obama erinnert selbst daran, dass er älter geworden sei – und auch müde, schießt es einem dabei gleich durch den Kopf. Kein Wunder bei all den Problemen, mit denen er sich in diesen vier Jahren herumplagen musste: die Finanzkrise, 9/11, Krieg im Irak und Afghanistan, der zermürbende Kampf in Washington mit den Republikanern, das Ringen um die Gesundheitsreform, die hohe Arbeitslosigkeit im Land, die Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko, das horrende Haushaltsdefizit, die Eurokrise und, und, und.
Obama redet sich in Rage: „Unsere Probleme können gelöst werden, unsere Herausforderungen können gemeistert werden“, beschwört er seine Zuhörer. Allerdings reichten vier Jahre dafür nicht. Er brauche mehr Zeit.