US-Regierung Der riskante Shutdown-Deal

Der Shutdown der Bundesbehörden in den USA ist aufgehoben - aber die Einigung steht auf einem wackligen Fundament. Der Haushaltsstreit kann jederzeit erneut eskalieren.

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USA: Der riskante Shutdown-Deal Quelle: dpa

Washington Am Ende wollte jeder der Retter der Nation sein. „In ein paar Stunden wird die Regierung wieder öffnen“, verkündete der demokratische Minderheitenführer im US-Senat, Chuck Schumer, am frühen Montagnachmittag. Für US-Präsident Donald Trump hatte er nur Spott übrig. „Der angebliche ‘Dealmaker’ hat von der Seitenlinie zugeschaut”, lästerte Schumer und versprach: „Für den Moment haben wir eine Einigung, aber wir werden weiterkämpfen”.

Mitch McConnell, republikanischer Mehrheitsführer, ließ sich mit nach oben gestrecktem Daumen auf dem Capitol Hill fotografieren. Die Demokraten hätten den dreitägigen Shutdown provoziert und die politische Arbeit lahmgelegt. „Militärausgaben, Katastrophenhilfe, Gesundheitsversorgung, Einwanderung und Grenzsicherheit: Jetzt können die Gespräche darüber endlich weitergehen.”

Trump selbst wollte im Laufe des Montags persönlich ein paar Worte an die Bürger richten und das Ende des Shutdowns verkünden. Details zum Auftritt standen bis zum Nachmittag noch nicht fest. Sarah Sanders, Sprecherin des Weißen Hauses, betonte: „Spätestens Dienstagfrüh werden Behörden und Ämter mit voller Kapazität zur Verfügung stehen.”

Den Durchbruch hatte eine parteiübergreifende Gruppe von mehr als 20 Senatoren gebracht, die seit Sonntagabend über eine Kompromissvorlage diskutierten. Nachdem die Verhandlungsführer im Senat eine Einigung verkündet hatten, stimmte die Kammer mit überwältigender Mehrheit dafür, die Bundesbehörden wieder für den Betrieb zu öffnen.

Der Senat muss dem Finanzierungsplan noch endgültig zustimmen und das Repräsentantenhaus muss ihn bestätigen, bevor er zur Unterschrift auf Trumps Schreibtisch landet. Das dürfte im Laufe des Montags geschehen, eine Mehrheit in beiden Kammern gilt als sicher.

Über das Wochenende und in den Montag hinein hatten die Demokraten die Haushaltsverhandlungen blockiert, um den Republikanern und US-Präsident Trump Zugeständnisse in der Einwanderungspolitik abzutrotzen. Nun haben sich beide Seiten auf ein Paket verständigt, das den Regierungsapparat vorerst mit Geld versorgt - allerdings nur für die kommenden drei Wochen.

Als Gegenleistung für ihr Umschwenken bekamen die Demokraten die Aussicht auf eine Dauerlösung für undokumentierte Einwanderer, die als Kinder ins Land gebracht wurden, zugesichert. Diese sogenannten „Dreamer” leben seit Jahrzehnten im Land, die meisten sind gut integriert, arbeiten oder studieren. Bis März sind sie durch eine Initiative der Obama-Ära, der „Deferred Action for Children Arrivals“ (Daca), vor Abschiebung geschützt.

Diese Themen wurden verschoben

Republikanerführer McConnell sagte, der Senat werde im Februar eine „freie und offene Debatte“ über die Einwanderungspolitik führen. „Wir werden weiter für die Dreamer kämpfen”, versprach sein demokratischer Counterpart Schumer. Außerdem wird ein Programm, das Kindern aus sozial schwachen Familien die Gesundheitsversorgung sichert, um sechs Jahre verlängert. Auch das war ein Wunsch der Demokraten.

Andere Knackpunkte wurden vertagt. So drängen die Republikaner auf zusätzliche Militärausgaben, die Demokraten auf höhere Katastrophenhilfen für Puerto Rico. Trump fordert die Finanzierung einer Flüchtlingsmauer an der Grenze zu Mexiko und ein Ende der sogenannten „Green Card Lotterie”, über die das Außenministerium jedes Jahr 50.000 Visa für Einwanderer weltweit verteilt.

Auch eine Handvoll Republikaner hatte den ursprünglichen Haushaltsplan und die damit verbundenen Kostensteigerungen abgelehnt. Doch selbst wenn die Reihen geschlossen gewesen wären, hätten die Republikaner die Zustimmung einiger Demokraten gebraucht.

Insofern war der Haushaltsstreit ein Test, ob sich die rivalisierenden Seiten im Ernstfall zusammenraufen auf eine vernünftige Lösung einigen können. Bestanden haben sie ihn nicht. Im Gegensatz zum letzten Ereignis dieser Art im Jahr 2013, als der Shutdown mehr als zwei Wochen dauerte, war der Spuk zwar dieses Mal schnell wieder vorbei. Doch wie lange der Frieden anhalten wird, ist ungewiss. Der Countdown für eine nächste mögliche Eskalation im Haushaltsstreit läuft.

Denn viele Fragen sind offen: Was genau wird eine mögliche Einwanderungsreform beinhalten? Wird sie tatsächlich eine Mehrheit im Senat bekommen? Auch vom Repräsentantenhaus müsste ein solches Gesetz abgesegnet werden, hier gibt es bislang keine Zusicherung der Republikaner. Und wer garantiert, dass Trump das Gesetz unterschreibt? “Die Demokraten haben sich billig verkauft”, kommentierte das Analyse-Portal “Politico”, “sie haben den Shutdown-Streit verloren”.

Die Einigung kam rechtzeitig, bevor der Shutdown seine volle Wirkung entfalten konnte. Zehntausende von Bundesbedienstete waren am Montag landesweit von der Arbeit freigestellt. In der Hauptstadt Washington DC. waren die U-Bahnen zum Regierungsviertel deshalb spürbar leerer als sonst, vereinzelt waren Gebäude für die Öffentlichkeit geschlossen, wie etwa die Bibliothek des US-Kongresses. Freizeiteinrichtungen wie der Zoo oder die populären Smithsonian-Museen blieben aber geöffnet.

Trumps private Pläne waren von dem Konflikt durchkreuzt worden. Eigentlich hätte er am Wochenende an einem Galadinner in Mar-a-Lago teilnehmen sollen, zu Ehren seines ersten Jahrestags im Amt. Doch dann war er wegen der Regierungskrise gezwungen, in Washington zu bleiben. Seine Teilnahme am Weltwirtschaftsforum in Davos am Donnerstag gilt aber dank der vorläufigen Einigung als sicher.

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