US-Senatswahlen Trumps Handelskrieg wird zur Bedrohung für seine Senats-Kandidaten

Mit Zöllen auf Importe setzt der US-Präsident ein Wahlversprechen um. Doch seinen Republikanern könnte das bei den Senatswahlen im Herbst das Genick brechen.

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Trump: Handelskrieg wird zur Bedrohung für Senats-Kandidaten Quelle: AP

Nashville Die Schweinefarm von Jimmy Tosh ist ein ungewöhnlicher Schauplatz für den Kampf um die Macht im US-Senat. Doch der 6.000 Hektar große Betrieb im ländlichen Tennessee, zwei Stunden westlich von Nashville, führt die praktischen Risiken der Handelspolitik von Präsident Donald Trump vor Augen.

Er veranschaulicht auch die politische Bedrohung für republikanische Senatskandidaten in traditionell republikanischen Staaten – wie Marsha Blackburn aus Tennessee.

Tosh, der in dritter Generation Schweine züchtet und fast immer republikanisch gewählt hat, will in diesem Herbst für Blackburns demokratischen Gegner stimmen, den früheren Gouverneur Phil Bredesen. Ein Grund dafür ist, dass Trumps Handelskriege Toshs großem Familienbetrieb mit rund 400 Mitarbeitern und 30.000 Schweinen schaden.

Der Preis für Stahl, den er für neue Ställe braucht, steigt, wie Tosh klagt. Zudem werde der wachsende Markt für Schweinefleisch unter den neuen Zöllen leiden.

„Diese Zollsituation macht mir sehr, sehr, sehr große Sorgen“, sagte Tosh. „Ich glaube einfach, dass Bredesen mit dieser Situation besser umgehen würde.“ Blackburn sei in der Frage der Zölle zwar „in Richtung Mitte“ gerückt, „aber meiner Meinung nach ist das ein bisschen zu spät und nicht weit genug“.

Ähnliche Bedenken versetzen auch andere Staaten vor der Senatswahl in Aufruhr, darunter Missouri, Indiana, Pennsylvania und North Dakota. Die republikanischen Kandidaten müssen hier für die Handelspolitik eines Präsidenten geradestehen, den sie in der Vergangenheit in nahezu allen anderen Punkten unterstützt haben.

Populistische Angriffe gegen den Freihandel hatten Trump 2016 maßgeblich zu seinem politischen Aufstieg verholfen. Nun facht er vier Monate vor den wichtigen Zwischenwahlen einen internationalen Handelskrieg an, der sich für seine Parteikollegen im Senat als höchst problematisch erweisen könnte.

Am Freitag verhängte die Trump-Regierung Strafzölle von 25 Prozent auf Importe aus China mit einem Jahresvolumen von 34 Milliarden Dollar (29 Milliarden Euro). China wehrt sich mit Steuern im gleichen Umfang auf US-Produkte, darunter Sojabohnen, Elektro-Autos und Schweinefleisch. Die US-Regierung kassiert bei Stahl- und Aluminium-Importen aus verbündeten Ländern wie Kanada und Mexiko ab, was zu Konterschlägen gegen amerikanische Produkte wie Jeans, Motorräder und Whiskey geführt hat.

Die Spannungen haben zu einer Wende im Rennen um die Nachfolge des republikanischen Senators von Tennessee, Bob Corker, geführt, der in den Ruhestand geht. Blackburn, die schon seit acht Amtszeiten im Kongress sitzt, gehörte in den vergangenen zwei Jahren zu den wichtigsten Unterstützern Trumps. Doch nun sieht sie sich mit einer aufgebrachten Unternehmerschaft konfrontiert und stellt sich längst nicht mehr so entschlossen hinter die Handelspolitik des Präsidenten wie bisher.

Zwar hätten einige der betroffenen Länder, darunter China, schon seit Jahren Handelskriege gegen die USA geführt und es sei an der Zeit für Gegenmaßnahmen. Die Vergeltung sorge nun aber für „enorme Besorgnis, einfach ernste Besorgnis“.

Blackburn ist Mitverfasserin eines Briefs an Trumps Handelsminister Wilbur Ross, in dem dieser aufgefordert wird, die umfassenden Zölle noch einmal zu überdenken, um Nachteile für die Wirtschaft von Tennessee zu vermeiden.

Bedroht sind nach Angaben der lange Zeit Republikaner-nahen US-Handelskammer Exporte aus Tennessee im Wert von schätzungsweise 1,4 Milliarden Dollar. Diese Ausfuhren sind verbunden mit mehr als 850.000 Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft, der Auto- und der Stahlindustrie, der Whiskey- und Backwarenherstellung und anderen Branchen.

Landesweit werden der Handelskammer zufolge in Kürze US-Exporte im Umfang von 75 Milliarden Dollar mit Vergeltungszöllen belegt sein. Viele der am härtesten betroffenen Staaten sind solche, die Trump unterstützt hatten und in denen im November hochrangige Rennen um Senatssitze anstehen.

In Indiana etwa, wo der republikanische Kandidat Mike Braun den demokratischen Senator Joe Donnelly ablösen will, sind nach Angaben der Kammer mehr als 812.000 Jobs mit dem Welthandel verknüpft. Braun hatte im April erklärt, die Sorgen wegen der Zölle würden dramatisiert.

In Missouri kritisierte die demokratische Senatorin Claire McCaskill ihren republikanischen Gegner Josh Hawley scharf für dessen Rückhalt für Trumps Kurs in der Handelspolitik. Hawley, in dessen Staat mehr als 826.000 Arbeitsplätze am Welthandel hängen, hält es nach eigenen Worten für richtig, dass der Präsident bestehende Abkommen aufkündigt und neu verhandelt.

In North Dakota schließlich warf die demokratische Senatorin Heidi Heitkamp ihrem republikanischen Herausforderer Kevin Cramer vor, Hysterie zu schüren. Cramer macht China für den Handelsstreit verantwortlich, der bis zu 111.000 Jobs betreffen könnte.

Zurück in Tennessee treiben führende Unternehmen des Staates Blackburn zunehmend in die Enge. Der Whiskey-Hersteller Jack Daniel's ist stark vom Export abhängig. Auch der Küchengeräte-Produzent Electrolux, ein wichtiger Arbeitgeber in dem Bundesstaat, klagt über höhere Kosten aufgrund der Zölle. Eine Expansion in Tennessee sei angesichts der „Unsicherheit der US-Handelspolitik“ verschoben worden.

Der demokratische Senatskandidat Bredesen will sich die schlechte Stimmung zunutze machen. Er hofft, Blackburns Loyalität zum Präsidenten gegen sie verwenden zu können. „Sie ist offensichtlich sehr abgeneigt, etwas zu tun, das Trumps Manuskript widerspricht“, sagte er. Blackburn bemüht sich, von dem Thema abzulenken, und betont stattdessen ihre Unterstützung für Steuerkürzungen der Republikaner.

Schweinezüchter Tosh sorgt sich dennoch weiter um sein Familienunternehmen. „Die Schweinefleisch-Produzenten im Land sind momentan stärker als jeder andere Wirtschaftszweig betroffen“, sagte er. „Wir werden vermutlich ein paar Vorhaben, die wir hatten, zurückschrauben oder zumindest auf Eis legen müssen.“

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