Eine langfristige Einwanderungsreform, ja, aber beim Begriff „Executive Order“, also Maßnahmen die praktisch über Nacht in Kraft treten können, läuft es Tech-Managern und ausländischen Fachkräften eiskalt den Rücken runter, seit sie die Auswirkungen der jüngsten Einreise-Verordnung gesehen haben. Rund 1,5 Millionen H1-B-Berechtigte, Ärzte, Lehrer, Dozenten, Wissenschaftler und Computer-Spezialisten aus aller Welt arbeiten seit 1990 in den USA. Jede negative Änderung könnte zu gravierenden Verwerfungen in Forschung und Industrie führen. CNN-Money will bereits einen Entwurf der Order zugespielt bekommen haben, allerdings fehlten Details, heißt es.
Die H1-B-Visa, gesponsert und bezahlt von US-Arbeitgebern, sind zudem ein erfolgreiches Mittel um Studenten im Land zu halten. Ausländische Top-Absolventen haben oft für hunderttausende Dollar Studiengebühren ihr Wissen an Privat-Universitäten wie Stanford erhalten und gehen dann ohne Visa zurück in ihre Heimat. Schon Barack Obama hatte sich 2011 vehement für eine Änderung der Visa-Regeln eingesetzt, allerdings für eine Lockerung. „Ich will nicht, dass diese Studenten das nächste Intel in China oder Frankreich gründen. Ich will sie hier haben“, sagte er bei einer Veranstaltung von Facebook.
Doch es gibt viele Kritiker am H1-B-Visa-Programm. Die Vorwürfe lauten von Lohndumping bis Pseudo-Sklaverei. Ein Visa-Inhaber muss nur mindestens 60.000 Dollar im Jahr verdienen. Im Silicon Valley ist dafür kaum eine Putzfrau zu bekommen, geschweige denn ein US-Softwareprofi. Das ist an strenge Auflagen gebunden. Wer seinen Arbeitsplatz verliert, der muss innerhalb weniger Wochen das Land verlassen. Das wirkt disziplinierend, wenn es darum geht, gegen zu geringe Bezahlung oder schlechte Arbeitsbedingungen zu protestieren, sagen Kritiker.
Daneben wird von angeblicher Ausbeutung durch Outsourcing-Firmen berichtet, die für ihre Klienten, zum Beispiel indische Spezialisten, Visa beantragen, diese dann an US-Firmen vermitteln und im Gegenzug einen Teil des monatlichen Gehalts abzweigen.
Ein Schlupfloch im Gesetz soll schon seit geraumer Zeit geschlossen werden. Das Gesetzesentwurf des „Protect and Grow American Jobs Act (HR 170)“ soll es deutlich erschweren, US-Angestellte durch Ausländer mit H1-B-Visa zu ersetzen. Ein weiterer Gesetzesvorschlag sieht vor, Firmen mit mehr als 50 Mitarbeitern höchstens 50 Prozent Visa-Mitarbeiter zu erlauben. Das trifft Giganten wie Facebook weniger, wo rund 15 Prozent der Angestellt mit einem H1-B arbeiten. Aber kleinere, hochspezialisierte Tech-Firmen können schnell an diese Schwelle stoßen.
Das schon alleine, weil sie das Elefantenrennen um einheimische Top-Talente mit Einstiegsgehältern um 150.000 bis 200.000 Dollar gar nicht mitmachen können. Visa-Inhaber sind bereit, die relativ geringen Mindestgehälter zu Beginn zu akzeptieren, um einen Fuß in das gelobte Land zwischen San Francisco und San Jose setzen zu können.
Das heutige System einer Computer-Lotterie wird in dem Vorschlag durch ein Bevorzugungs-Modell ersetzt werden. Es würde um Beispiel ausländische Absolventen von US-Universitäten gegenüber Bewerbern aus anderen Ländern ohne US-Ausbildung bevorzugen.