In New York City herrschte am Dienstag Wahlfieber. „Das wird ein spannender Tag“, begrüßte mich meine Mitbewohnerin gleich am Morgen. Zwischen beruflichen Terminen werde sie ihre Stimme abgeben. Für wen? „Ich bin noch unentschlossen“, sagt sie. Klar ist nur, dass sie an den Vorwahlen der Demokraten teilnimmt. Von den republikanischen Kandidaten könne man ja wohl keinem ernsthaft seine Stimme geben.
Am Abend zeigte sich: So denken in New York City viele. Die Stadt, die wie keine zweite in den USA für Liberalität, Weltoffenheit und Toleranz steht, ist fest in der Hand der Demokraten. Und damit auch der dazugehörige Bundesstaat New York, der sich von Long Island bis nach Buffalo an der kanadischen Grenze erstreckt. Seit 1988 haben hier in den Hauptwahlen immer die Demokraten gewonnen. Das wird aller Voraussicht nach auch im November so sein.
Doch zurück zu den Vorwahlen: Knapp 60 Prozent der New Yorker, die an den Vorwahlen der Demokraten teilnahmen, stimmten für Hillary Clinton. Die ehemalige Senatorin von New York hat damit ihr Heimspiel deutlicher als erwartet gewonnen.
Die Erleichterung im Clinton-Lager dürfte groß sein. Hatte ihr Konkurrent Bernie Sanders doch zuletzt immer weiter aufgeholt. Zu Wahlkampfveranstaltungen, die Züge eines Hippiefestivals zeigten, kamen mal 18.500 (in der Bronx), zuletzt gar 28.000 (in Brooklyn) Zuhörer. Mit dem Sieg von New York dürfte Clinton die Nominierung bei den Demokraten nicht mehr zu nehmen sein.
Donald Trump hat beeindruckend gewonnen
Bei den Republikanern hat sich erwartungsgemäß Donald Trump durchgesetzt. Der Milliardär feierte sich und seinen Sieg in seinem Trump Tower auf der Prachtstraße, der Fifth Avenue. Ja, Donald Trump hat beeindruckend gewonnen. 62 Prozent der Republikaner wählten für den streitbaren Immobilientycoon.
Trump konnte am späten Dienstagabend hoffen, rund 90 der 95 Delegiertenstimmen von New York zu gewinnen - ein Erdrutschsieg. Mit dem Sieg lebt seine Hoffnung weiter, bis zum Nominierungsparteitag im Juli die nötigen 1237 Stimmen zusammen zu bekommen, um für die Republikaner im November um das Weiße Haus kämpfen zu dürfen.
Die Vorwahlen von New York zeigten aber auch: Sollte sich Trump durchsetzen, wird er es in der Hauptwahl schwer haben. Die Hoffnung, demokratische Staaten wie New York zu gewinnen, scheint übertrieben. Sein deutlicher Sieg bei den Republikanern ist Zeichen der Schwäche seiner parteiinternen Konkurrenz, nicht Zeichen der Beliebtheit Donald Trumps in weiten Teilen Amerikas.
Ted Cruz kritisiert Medienrummel
Das zeigt die Zahl der absoluten Stimmen: Knapp 1,1 Millionen New Yorker stimmten in den Vorwahlen für Hillary Clinton. Immerhin noch mehr als 700.000 Bürger wählten Bernie Sanders. Donald Trump hingegen konnte sich nur über etwas mehr als 500.000 Wähler freuen. Und das bei ungefähr 20 Millionen Menschen, die im Bundesstaat New York leben.
Das Lager der Republikaner ist schlicht dramatisch kleiner als das der Demokraten. So wie es auch schon bei den Vorwahlen in Illinois oder Michigan der Fall war.
Trump ist nicht äußerst beliebt in New York. Vielmehr profitierte er davon, dass es ihm seine Gegner leicht gemacht haben. John Kasich blieb im Wahlkampf in New York City unsichtbar, Ted Cruz, der größte Widersacher Trumps, ist derart unbeliebt in der Millionenmetropole, dass geplante Veranstaltungen am Protest der Bürger scheiterten.
Cruz hatte die Stimmung angeheizt, indem er Trump vor Wochen absprach, ein wahrer Konservativer zu sein. Vielmehr vertrete der Immobilienmogul „New Yorker Werte“. Was in Texas als Schimpfwort gelten mag, macht die Leute in New York stolz. Selbst Donald Trump ließ T-Shirts drucken, auf denen er sich zu den „New Yorker Werten“ bekannte.
Cowboys sind nicht mehrheitsfähig
Was diese Werte konkret sind? Die Antwort lieferte Cruz bei einer der TV-Debatten im Januar direkt mit. Die Leute in New York City seien sozial-liberal, für Abtreibung, für die Homo-Ehe; alles würde sich nur ums Geld und den Medienrummel drehen, so Cruz.
Cruz hat Recht. Einzig: Schämen braucht und tut sich dafür in New York keiner. Was der Senator aus Texas zudem vergessen hat: Republikaner haben nur dann eine Chance in New York und in weiten Teilen der USA zu punkten, wenn sie nicht dogmatisch und erzkonservativ daherkommen. Cowboys aus dem Süden sind in den USA nicht mehrheitsfähig.
Wer so auftritt, spielt seinen Gegnern in die Hände. In den Vorwahlen war der Profiteur Donald Trump. Cruz holte nicht einmal 15 Prozent der Stimmen. In den Hauptwahlen werden es die Demokraten sein. Donald Trump ist in New York beliebter als Ted Cruz. Populärer als jedweder demokratische Kandidat ist er aber bei Weitem nicht.