US-Wahl Kann ein kranker Präsident gewählt werden?

US-Präsident Donald Trump hat sich mit Covid-19 infiziert. Was passiert, wenn der Krankheitsverlauf schwer wird? Quelle: REUTERS

Die Covid-19-Erkrankung von US-Präsident Donald Trump erschüttert die Märkte und könnte dem Wahlkampf eine unerwartete Wendung geben. Die amerikanische Verfassung eröffnet aber die Möglichkeit, die Wahl zu verschieben. Was wird Trump tun?

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Nur zwei Dinge stehen unverrückbar fest: Donald Trump ist positiv auf Covid-19 getestet worden und seine Amtszeit endet unwiderruflich am 20. Januar 2021 zur Mittagszeit – das sieht der 20. Verfassungszusatz der amerikanischen Verfassung vor.

Was aber passiert, wenn die Erkrankung des US-Präsidenten einen schweren Verlauf nimmt? Immerhin wurde Trump am Freitag Abend wegen seiner Infektion mit dem Coronavirus in ein Krankenhaus gebracht. Nach Angaben des Weißen Haues handelte es sich dabei um eine Vorsichtsmaßnahme auf Empfehlung der Ärzte. Für den Fall, dass Trump nicht mehr weitergieren kann führt der Vize-Präsident, also Mike Pence, die Amtsgeschäfte so lange weiter, bis der Präsident genesen ist – oder dessen Amtszeit abgelaufen ist. Der 25. Verfassungszusatz, der die Erkrankung des Regierungschefs regelt, ist so geschrieben, dass im Weißen Haus keine Lücke entsteht.

Alles andere ist offen. Theoretisch könnte der Kongress die Wahl verschieben, denn die Verfassung setzt keinen bestimmten Wahltag fest. Der Kongress hat aber das Recht, den Tag zu bestimmen, an dem die Wahlmänner ihre Voten abgeben. Die aktuellen Regelungen sehen dafür den ersten Montag nach dem zweiten Dienstag im Dezember vor, das wäre in diesem Jahr der 14. Dezember. Die Wahlmänner selbst werden von der Bevölkerung am 3. November gewählt – die US-Wahl ist eine indirekte Wahl. Entscheidend ist nicht die Mehrheit der Wählerstimmen, sondern eine Mehrheit bei den Wahlmännern.



Für eine theoretisch nach der US-Verfassung mögliche Verschiebung der Wahl braucht es ein entsprechendes Votum in beiden Häusern des Kongress, also im Senat und im Repräsentantenhaus. Im Senat gibt es zwar eine republikanische Mehrheit, im Repräsentantenhaus sind die Demokraten in der Überzahl. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Demokraten einer Verschiebung zustimmen würden“, sagt James Bindenagel, ehemaliger Geschäftsträger der US-Botschaft in Deutschland. „In der ganzen Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika sind noch nie Wahlen verschoben worden, weder im Bürgerkrieg noch während des Zweiten Weltkrieges“. Zwar könnte Trump versuchen, die Wahl aus taktischen Gründen auf einen anderen Termin zu legen, sagt Ex-Diplomat Bindenagel, aber „der Kongress würde dem nicht zustimmen“.

Sollte Trump so schwer an den Folgen von Covid-19 erkranken, dass er nicht in der Lage ist, zur Wahl anzutreten, könnte das Parteiengremium der Republikaner, das „Republican National Committee“ (RNC) theoretisch einen neuen Kandidaten aussuchen. Das gilt aber angesichts der fortgeschrittenen Zeit als extrem unwahrscheinlich. Im Notfall könnte sich dann Vize-Präsident Pence zur Wahl stellen, falls das RNC dem zustimmt.


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Offen ist, wie Trump mit der Verpflichtung umgeht, sich für zwei Wochen in Quarantäne zu begeben, also im Schlussspurt des Wahlkampfs keine öffentlichen Veranstaltungen mehr abzuhalten. Widersetzt er sich, würde es ihm enorm schaden, glaubt Bindenagel. Er sieht durch die Erkrankung Trumps jetzt ohnehin Joe Biden im Vorteil. „Die meisten Amerikaner wollen einen gesunden und keinen kranken Präsidenten,“ sagt er, „das wird vor allem die noch unentschiedenen Wähler beeinflussen“. Schließlich würde das bis jetzt knappe Rennen um das Weiße Haus von jenen sieben Prozent der US-Bürger entschieden, die sich noch nicht festgelegt haben.

Mehr zum Thema: Kurz vor der Wahl hat sich US-Präsident Trump mit dem Coronavirus angesteckt. Die Börsen reagieren geschockt.

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