US-Wahlkampf Wie die Welt auf Trump und Clinton blickt

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Warum China und der Nahe Osten nichts von Trump halten

Dieses Mal dauerte es 52 Minuten, bis Trump seinen ewigen Joker zog: China. Während in der Volksrepublik das Wirtschaftswachstum bei 7 Prozent läge (sic! Es sind 6,7 Prozent.), sei es in den USA nur noch ein Prozent. Das sei eine „nationale Katastrophe“, kritisierte er und schob wenig später nach, dass vor allem der chinesische Billigstahl Jobs in den USA vernichte. Seine Anfeindungen gegen das Land gingen zuletzt sogar soweit, dass Trump China in einem seiner Tweets für den Klimawandel verantwortlich machte: „Das Konzept der globalen Erderwärmung ist von und für die Chinesen erfunden worden“, schrieb der Milliardär. „Und zwar lediglich, um die USA in der Produktion nicht mehr wettbewerbsfähig zu machen.“

Trotz dieser andauernden Provokationen hat die chinesische Politik den amerikanischen Wahlkampf, die Debatten und die Kandidaten bisher kaum kommentiert. Lediglich der chinesische Außenminister Lou Jiawei ging in einem Interview im vergangenen April auf den US-Wahlkampf ein – und nannte Trump einen „irrationalen Charakter“.

In den chinesischen Staatsmedien wird durchaus über den Wahlkampf berichtet – und damit vor allem über Trump. Er sei exzentrisch, ein Clown und Angeber, so das Urteil. Dass ein Politikamateur wie Trump Präsident werden könnte, ist aus chinesischer Sicht nach der Flüchtlingskrise und dem Brexit die endgültige Bankrotterklärung der westlichen Demokratien. Eine chinesische Zuschauer kommentierte die gestrige Debatte in dem chinesischen sozialen Netzwerk Weibo so: „Einen Hahnenkampf zwischen einem Lügner und einem Verrückten live im Fernsehen ausstrahlen -  ist das ein Zeichen für die Überlegenheit der amerikanischen Demokratie?“

Lea Deuber

Türkei

Die Türken interessieren sich momentan nicht sonderlich für den US-Wahlkampf. Auch der zweiten Fernsehdebatte wird wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Menschen kümmern andere Dinge: Der Einmarsch der eigenen Armee in Syrien, und vor allem die Nachwirkungen des Putsches. Eines aber ist klar: Trump hat nicht nur in der Türkei, sondern in der gesamten islamischen Welt keine Sympathien. Für Äußerungen wie „Der Islam hasst uns“, seine Forderung nach einem Einreise-Verbot für Moslems (das er zwar gestern Nacht relativierte) und nach einer Registrierungspflicht für schon dort Lebende haben die meisten Menschen bestenfalls Kopfschütteln übrig.

"Weil du dann im Gefängnis wärst"
Donald Trump Quelle: dpa
Donald Trump (links), Hillary Clinton (rechts) Quelle: REUTERS
Donald Trump küsst seine Frau Melania Quelle: AP
Donald Trump Quelle: AP
Hillary Clinton Quelle: REUTERS
Hillary Clinton (links), Donald Trump (rechts) Quelle: REUTERS
Hillary Clinton (links), Zuschauer (rechts) Quelle: REUTERS

Im schlimmsten Fall aber befeuern sie die zahlreichen Verschwörungstheorien gegen die USA. Der türkischen Regierung geht es darüber hinaus um die Auslieferung des Predigers Fetullah Gülen, der im amerikanischen Exil lebt und den Ankara hinter dem gescheiterten Putsch vom 15. Juli vermutet.

In anderen Ländern der Region sieht es nicht besser aus: Den Iran-Deal möchte Trump rückgängig machen. Zudem prahlte er damit, iranische Schiffe „aus dem Wasser zu schießen“. Zwar hat sich Trump schon mit dem ägyptischen Staatschef Sisi getroffen. Insgesamt aber wirkt seine Politik im Nahen Osten erratisch und konturlos. Clinton steht immerhin für Kontinuität, außerdem äußerte sie sich gestern Nacht klar gegen eine Ausgrenzung der Muslime – das macht sie vielleicht nicht beliebt, aber Trump ist noch unbeliebter.

Philipp Mattheis

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