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US-Wirtschaft Die Industrie soll Amerika vor dem Absturz retten

Lange galt der Industriesektor in den USA als antiquiert. Doch nach den Eskapaden der Finanzwelt soll die Branche nun Jobs schaffen und den Wohlstand vermehren, kurz: die USA retten. Ist das möglich?

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Die produktive Arbeit hat in den USA wieder einen höheren Stellenwert – in allen Gesellschaftsschichten. Quelle: rtr

Es sind silberne Giganten, mehr als zwölf Meter lang und mit 440 Tonnen Gewicht schwerer als ein Airbus A380. 7000 Einzelteile werden verarbeitet, um jene Gasturbine „SGT5-8000H“ zu schaffen, die 2,2 Millionen US-Haushalte mit Strom versorgen kann. Es sind Zahlen, die auch US-Präsident Barack Obama beeindrucken. Öffentlich lobte er das Siemens-Werk in Charlotte, North Carolina, in dem 1400 Mitarbeiter die riesigen Gasturbinen fertigen. Er schickte seinen Finanzminister Timothy Geithner zu einer Werksbesichtung. Dieser stellte stolz fest: „Bei uns werden Produkte hergestellt, die die ganze Welt braucht.“

Stolz auf die Industrie? Das hat es über Jahrzehnte in den USA nicht gegeben. Fabriken, Stahlwerke und Produktionshallen galten als Überbleibsel einer anderen Zeit. Der Finanz- und Dienstleistungssektor waren die Zukunft, die Branche, die Amerika Wohlstand bescheren sollte. Von 2000 bis 2010 sind zwischen Kalifornien und New York City laut US-Arbeitsministerium fast sechs Millionen Stellen im produzierenden Gewerbe weggefallen. Nicht einmal jeder zehnte Angestellte arbeitete zuletzt noch in einer Fabrik. Gestört hat es kaum jemand. Die Menschen fanden neue Arbeit im Versicherungswesen, in Restaurants, Freizeitparks und Call-Center. Doch die Finanz- und Wirtschaftskrise haben in den vergangenen Monaten zu einem Umdenken geführt. Plötzlich lernt Amerika, die Industrie neu zu schätzen. Mehr noch: Das produzierende Gewerbe soll die Wiederwahl des Präsidenten sichern, Hunderttausende Jobs schaffen und die US-Konjunktur anheizen. Kann die Branche das schaffen?

Die größten US-Konzerne – und wie viele Jobs sie stellen

„Wir erleben, oberhalb von Quartals- und Monatszahlen, einen grundsätzlichen Trend zur Re-Industrialisierung der USA“, sagt Helmuth Ludwig, Geschäftsführer der Industriesparte bei Siemens für das Nordamerika-Geschäft im Gespräch mit WirtschaftsWoche Online. „Die Vorzeichen sind gut, dass die Branche weiter wächst. Aber es ist eine langfristige Entwicklung.“

Interesse an Jobs in der Industrie
Positiv ist: In der Bevölkerung hat bereits ein Umdenken stattgefunden. Die produktive Arbeit hat wieder einen höheren Stellenwert – in allen Gesellschaftsschichten. „Etwas herzustellen, hat einen positiven Charakter“, hat auch Ludwig festgestellt. Selbst hoch qualifizierte Jugendliche, gar Absolventen der Elite-Unis, können sich inzwischen wieder vorstellen, für einen Industrie-Konzern zu arbeiten. Vor Jahren war das noch verpönt.

„Als ich vor 20 Jahren meinen Hochschul-Abschluss in Chicago gemacht habe – hat keiner verstanden, warum ich zu Siemens gegangen bin. Meine Kommilitonen wollten alle zur Wall Street“, so Ludwig. Als er in diesem Jahr zu einem Ehemaligentreffen zurück an seine alte Universität kam und mit den Studenten sprach, habe sich ein anderes Bild ergeben. „Rund die Hälfte der jungen Leute ist an einem Job in der Industrie interessiert.“

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