USA Das geheimnisvolle Imperium der Mormonen

Sie verwalten Milliarden, feiern Totentaufen und haben die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2002 gesichert. Nun wollen sie Mitt Romney zum US-Präsidenten machen. Wie ticken die Mormonen?

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Die berühmtesten Mormonen
Mitt RomneyAls Präsidentschaftskandidat der Republikaner ist er aktuell in aller Munde. Der ehemalige Gouverneur von Massachusetts mischte bereits im Präsidentschaftswahlkampf 2008 als aussichtsreicher Kandidat mit. Er gilt als gemäßigter Republikaner, hat allerdings seine Meinung zu bestimmten Themen in der Vergangenheit geändert. So spricht er sich heute beispielweise gegen Abtreibung aus. Im Vorwahlkampf in Iowa erklärte Romney, die USA müssten wieder zu einem Jerusalem der Welt werden, gleich einem leuchtenden Zionsberg. Quelle: Reuters
Stephenie Meyer Quelle: dpa
Jon Huntsman jr.Im aktuellen Präsidentschaftswahlkampf war er als Kandidat der Republikaner nominiert. Der Sohn eines Öl-Milliardärs aus Salt Lake City hat eine steile Karriere hinter sich. Von 2005 bis 2009 war Jon Huntsman jr. Gouverneur des US-Bundesstaats Utah, bis 2011 US-Botschafter in China. Asienkenntnisse hatte er schon von früher. In Taiwan war er zwei Jahre als Missionar unterwegs. Sein Großvater mütterlicherseits, David B. Haight wird von den Mormonen als Apostel verehrt. Quelle: Reuters
Brandon FlowersDer Sänger und Frontmann der Indie-Rock-Band „The Killers“ wurde in der Nähe von Las Vegas geboren. Als Flowers ein kleiner Junge war, trat sein Vater der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ bei. Die Familie zog in das Mormonen-Dorf Nephi in Utah um. Flowers brach das College ab und gründete seine Band, mit der er ab 2003 nach Veröffentlichung des ersten Albums großen Erfolg hatte. Im Januar 2010 gaben „The Killers“ bekannt, einige Zeit pausieren zu wollen. Im September 2010 veröffentlichte Flowers ein Soloalbum. Quelle: Presse
John Williard "Bill" Marriott jr.Bill Marriott ist Chef der amerikanischen Hotelkette “Marriott International“. Die aus Utah stammenden Marriotts gehören zu den bekanntesten Mormonen-Familien weltweit – und aufmerksame Hotelgäste bemerken das. Im Nachttisch jedes Hotelzimmers finden sie neben der Bibel auch das Buch Mormon. Und das erklärt möglicherweise auch, dass „Marriott International“ 2006 als eine der ersten Hotelketten ein generelles Rauchverbot einführte. Streng gläubige Mormonen sind jeder Art von Genussgiften abhold. Quelle: Presse
Shawn BradleyDer ehemalige Basketballspieler mit deutscher Staatsangehörigkeit spielte in der NBA zusammen mit Dirk Nowitzki für die Dallas Mavericks. Geboren wurde er im pfälzischen Landstuhl wo sein Vater als US-Soldat stationiert war.  Der 2,29-Riese ist tief religiöser Mormone. Mit 19 Jahren ging er als Missionar nach Australien. Seine Basketball-Karriere beendete er 2005 aufgrund gesundheitlicher Probleme. Heute leitet Bradley eine Hühnerfarm in Utah. Der Vater von sechs Kindern fällt immer wieder durch großzügige Spenden für wohltätige Zwecke auf. Quelle: dapd
Steve YoungSteve Young ist einer der legendären American-Football-Spieler. Als Quarterback bei den „San Francisco 94ers“  brachte er es zu großem Ruhm in der National Football League (NFL). Seine Karriere begann in der College-Football-Mannschaft der „Brigham Young University“ in Utah, die nach seinem Alturgroßvater Brigham Young, dem zweiten Präsidenten und Propheten der Mormonen und erstem Gouverneur des Utah-Territoriums. Bei der Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele 2002 in Salt Lake City trug Steve Young das britische Länderschild in die Arena.

Er konsumiert keinen Tabak und keinen Alkohol, trinkt keinen Kaffee und keinen Tee. Er ist in erster Ehe verheiratet, hat fünf Söhne und sechzehn Enkelkinder. Mitt Romney könnte der ideale Präsidentschaftskandidat der Republikaner sein, respektiert und geachtet von den Traditionalisten und Evangelikalen – wäre da nicht sein Glaube. Mitt Romney ist Mormone und für viele Erz-Konservative damit ein rotes Tuch.

Bei den Vorwahlen im konservativen South Carolina hatte Romney keine Chance, der deutliche Erfolg bei der Vorwahl am Samstag im mormonisch geprägten Nevada – Romney holte über 40 Prozent der Stimmen – wird die Akzeptanzprobleme des Kandidaten bei den Evangelikalen im Süden möglicherweise noch weiter verstärken.

Amerika, das auserwählte Land

„Die Mormonen haben eine Entstehungsgeschichte, die sich in wesentlichen Punkten von der christlichen Lehre unterscheidet. Zudem zelebrieren sie eine Totentaufe und halten geheime Tempelrituale ab“, erklärt Michael Utsch, Lehrbeauftragter an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin und wissenschaftlicher Referent der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen. „Dass sie damit auf heftige Ablehnung bei den traditionellen Christen stoßen, ist verständlich. Auch ich finde: Die mormonische Lehre ist mit christlicher Theologie nicht vereinbar.“

Grundlage der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“, wie die größte mormonische Gemeinschaft heißt, ist das Buch Mormon, das der damals 24-jährige Joseph Smith 1830 veröffentlichte. Darin heißt es, dass Jesus Christus nach seiner Auferstehung nach Amerika gekommen sei und dort gelehrt und eine Kirche gegründet habe. Amerika wird folglich als auserwähltes Land und Ort göttlichen Handels gesehen.

Heute gehören dem Mormonentum mindestens 13 Millionen Menschen an, knapp die Hälfte davon lebt in den USA. Die Glaubensgemeinschaft hat sich seit ihrer Entstehung zu einem Milliarden-Imperium entwickelt.

Spenden in Milliarden-Höhe

Haupteinnahmequelle der mormonischen Glaubensgemeinschaft, der knapp 65 Prozent der Bürger des US-Bundesstaates Utah angehören und die darüber hinaus viele Mitglieder in Nevada, Arizona und Missouri hat, sind Spenden der Mitglieder.

Mindestens zehn Prozent ihres Einkommens müssen die Glaubensangehörigen an ihre Kirche abliefern. Das spült jährlich mehr als sechs Milliarden US-Dollar in die Kassen.

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