Sich selbst inszenieren – das versteht kaum ein Politiker so perfekt wie Barack Obama. Der 50-jährige US-Präsident krempelt die Hemdsärmel hoch, steigt mit breitem Grinsen auf das Podium des Hörsaals an der Uni in Miami. Im Publikum brandet Beifall auf. Mit ruhiger Stimme beschwört er, Amerika habe unter seiner Führung wieder zu alter Stärke zurückgefunden. Die Studenten kreischen vor Begeisterung.
Ähnlich fällt die Reaktion bei den Arbeitern der mächtigen amerikanischen Autogewerkschaft UAW (United Auto Workers) aus: Sie umjubeln Obama wie einen Popstar, als er ihnen in Washington ins Ohr säuselt, er habe die am Boden liegende amerikanische Autoindustrie gerettet. Landauf, landab verbreitet der Präsident der Vereinigten Staaten wie im Rausch die frohe Kunde: „America is back.“
Moment mal? War Amerika nicht erst vor einem knappen Jahr so gut wie am Ende, ein Problemfall für die gesamte Weltwirtschaft, geplagt von rasant steigenden Staatsschulden, hoher Arbeitslosigkeit, blutleerem Wachstum und einer kränkelnden Industrie? „Aus der Traum“, titelte die WirtschaftsWoche im Juli vergangenen Jahres zum drohenden Niedergang der größten Volkswirtschaft der Welt. Kurz darauf stufte die Ratingagentur Standard & Poor’s erstmals die Kreditwürdigkeit der USA um eine Stufe nach unten. Ist in nur einem knappen Jahr ein Wunder in Amerika geschehen?
Tatsächlich überraschte die amerikanische Wirtschaft im Schlussquartal 2011 mit einem kräftigen Wachstum von 0,7 Prozent – und hängte damit sogar Boomländer wie Brasilien (0,3 Prozent) und Australien (0,4 Prozent) ab.
Schrittweise erholt sich die kränkelnde Industrie. Durch Rationalisierungen und Entlassungen hat sie ihre Produktivität gesteigert. Rückenwind erhielten die Unternehmen vom schwachen Dollar und der Nullzinspolitik der US-Notenbank Fed. Auf die amerikanische Exportindustrie wirkte das wie ein Doping. Seit dem Rezessionstief haben die US-Betriebe ihre Ausfuhren um rund 25 Prozent gesteigert. Ob Apple, Microsoft, General Motors oder McDonald’s – die Konzerne verdienen wieder kräftig. Und sie stellen ein: Im Schnitt haben die Unternehmen in den vergangenen drei Monaten rund 245 000 neue Jobs aus dem Boden gestampft. „Die mächtige amerikanische Jobmaschine kommt in Gang“, jubelt Kathy Bostjancic, Ökonomin des unternehmensnahen Forschungsinstituts The Conference Board.
Amerika ist sogar wieder als Investitionsstandort attraktiv. Niedrige Energiekosten, wettbewerbsfähige Löhne und der schwache Dollar locken ausländische Konzerne an – allen voran aus Deutschland. In den Südstaaten der USA, die mit besonders niedrigen Löhnen und üppigen Fördergeldern locken, eröffnete Siemens im vergangenen Jahr eine neue Gasturbinenfabrik, VW ein neues Autowerk. Der Chemiekonzern Wacker baut in den USA eine neue Fabrik für die Produktion von Polysilicium für den Bau von Fotovoltaikanlagen.
Deutsche Autobauer profitieren von der US-Konsumlust
Deutsche Autokonzerne profitieren besonders von der wiedererwachten Konsumlust der Amerikaner: Volkswagen of America mit den Marken VW, Audi, Bentley und Lamborghini verkaufte im vergangenen Jahr in Nordamerika 444 000 Fahrzeuge, über 23 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch für 2012 erwartet der Autokonzern in Nordamerika ein zweistelliges Absatzwachstum. In diesem Jahr will VW in Amerika mehr als 500 000 Fahrzeuge ausliefern. Die US-Autobranche insgesamt erhöhte ihren Inlandsabsatz 2011 um gut zehn Prozent auf 12,8 Millionen Fahrzeuge. Für 2012 erwarten Experten ein Plus auf 13,6 Millionen Autos.
Bei so vielen positiven Nachrichten stimmen auch die Investoren in den Jubel ein. Ende Februar übersprang der Dow-Jones-Index erstmals seit Mai 2008 die Marke von 13 000 Punkten. Noch stärker aufwärts ging es an der Technologiebörse Nasdaq. Sie schloss zeitweise bei mehr als 3000 Zählern – erstmals seit 2000. „Nach der blutleeren Erholung in den vergangenen drei Jahren könnte Amerika in den nächsten zwei bis drei Jahren einen zweiten Aufschwung erleben“, frohlockt Edward Yardeni, Chef des Analysehauses Yardeni Research.
Ist das schon die Wiederauferstehung Amerikas? Dampft die Wachstumslokomotive Amerika wieder aus vollem Rohr und befeuert die Weltwirtschaft? Bisher blieb die Erholung weit hinter der Dynamik früherer Aufschwünge zurück. Ende 2011 lag das Bruttoinlandsprodukt gerade einmal um sechs Prozent höher als zum Tiefpunkt Anfang 2009. In früheren Aufschwüngen legte es in vergleichbaren Zeiträumen mehr als zehn Prozent zu.
Marode Infrastruktur, hohe Steuern
Strukturelle Probleme wie die hohe Langzeitarbeitslosigkeit, der Fachkräftemangel, das schlechte Bildungssystem, die marode Infrastruktur, die hohen Steuern und ein sich nur schwach erholender Immobilienmarkt verhindern, dass das Land wie Phoenix aus der Asche steigt.
Dazu kommt der riesige Schuldenberg des Staates, der mit der Rekordsumme von 16,4 Billionen Dollar im nächsten Jahr auf 110 Prozent der Wirtschaftsleistung klettern wird. „Amerika ist noch nicht wieder da“, warnt Stanley Greenberg vom Wahlforschungs- und Meinungsinstitut Greenberg Quinlan Rosner in Washington. „Das wissen auch die Wähler. Sie werden sich bei den Wahlen im November nicht blenden lassen von dem Jubelgeschrei der Demokraten.“
Kopf-an-Kopf-Rennen in den Umfragen
Wenn alles so gut liefe, dann müsste Obama viel weiter vor seinen politischen Herausforderern liegen, sagt John Russo, Co-Director am Center for Working-Class Studies der Youngstown State University in Ohio. Nach aktuellen Umfragen ist Obamas Vorsprung zu seinem politischen Herausforderer, dem Republikaner Mitt Romney, äußerst knapp. Danach würden zurzeit 47 Prozent der Wähler für Obama stimmen, 44 Prozent für Romney.
"Gnadenloser Kampf um Ressourcen"
„Viele Amerikaner sind trotz der momentanen Erholung nicht zufrieden mit Obamas Wirtschaftspolitik“, sagt Russo. Nur noch 50 Prozent der US-Bürger glauben an den amerikanischen Traum vom Aufstieg. „Das ist sehr gefährlich für unser Land. Denn dieser Traum, dass man es schaffen kann, der hat dieses Land bisher zusammengehalten.“ Wenn die Hälfte der Amerikaner nicht mehr daran glaubt, dann bedeutet das nichts Gutes. „Der Ton ist schärfer geworden in Amerika“, sagt Russo.
Die Arbeitslosigkeit stagniert
Kein Wunder: Die Arbeitslosigkeit stagniert bei 8,3 Prozent. Mehr als 40 Prozent aller Arbeitslosen in den USA sind länger als ein halbes Jahr ohne Job. So hoch war diese Zahl zuletzt in der Rezession 1981/82. „Wir sind immer noch mindestens vier Jahre von einem normal funktionierenden Arbeitsmarkt entfernt“, sagt Harvard-Ökonom Lawrence Katz. Weitaus mehr Stellen müssten geschaffen werden, um die Lage auf dem Arbeitsmarkt nachhaltig zu verbessern. Die US-Wirtschaft bietet rund sechs Millionen Jobs weniger an als vor vier Jahren, kurz vor dem Ausbruch der Finanzkrise. „Anfang dieses Jahres hatten weniger Amerikaner einen Job als im Januar 2001“, sagt der Ökonom Paul Krugman. Das sei in elf Jahren ein Nullwachstum.
Obamas Optimismus könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Dinge in Amerika so schnell nicht wieder besser liefen, befürchtet auch Columbia-Professor Thomas Byrne Edsall. „Amerika steht eine Periode des Sparens bevor, wie sie das Land zuvor noch nie erlebt hat. Die Zukunft Amerikas wird brutal. Es wird ein gnadenloser Kampf um Ressourcen ausbrechen“, prophezeit Edsall.
Explodierende Gesundheitskosten
Um das wachsende Defizit abzubauen, sollen die Steuersenkungen aus der Ära des früheren Präsidenten George W. Bush Anfang des kommenden Jahres auslaufen und weitere Ausgaben im Staatshaushalt gestrichen werden. Doch die Amerikaner stecken hier in einem Dilemma: Ein umfassendes Sparprogramm dürfte die Konjunktur spürbar bremsen. Findet jedoch nach den Wahlen keine Konsolidierung statt, droht eine weitere Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA und eine fortgesetzte Talfahrt des Dollar.
Völlig offen ist zudem, wie das Land seine explodierenden Gesundheitskosten in den Griff bekommen will. Die Hälfte der Amerikaner ist gegen „Obamacare“, die Gesundheitsreform, die alle Amerikaner verpflichtet, eine Krankenversicherung abzuschließen. Das Ganze sei zu teuer und würde die Steuerzahler zu sehr belasten, so die Befürchtung der Bürger.
Explodierende Gesundheitskosten
Das Comeback
Zwischen Euphorie und Enttäuschung schwankt die Stimmung im Land. Städte wie Detroit und New York, Bundesstaaten wie Kalifornien und Missouri weisen immer noch Milliardenlücken in ihren Haushalten auf. Von Erholung ist hier nicht viel zu spüren. In Kalifornien etwa hat selbst der wirtschaftliche Boom im Silicon Valley die Finanzprobleme des Bundesstaates nicht lösen können. Das Defizit in der Staatskasse liegt bei 12,5 Milliarden Dollar. Die Autostadt Detroit im nördlichen Staat Michigan hat immer noch die größte Armutsrate von allen großen Metropolen Amerikas – daran hat die staatliche Rettung der Autoindustrie in Detroit und Umgebung nichts geändert.
Dass sich selbst schwere Strukturprobleme überwinden lassen, zeigt die alte Industriestadt Chattanooga in Tennessee. Mit ihren rund 170 000 Einwohnern hat sie sich förmlich aus dem eigenen Dreck gezogen. Galt Chattanooga Ende der Sechzigerjahre noch als dreckigste Stadt Amerikas, präsentiert sich die Arbeiterstadt, in der über Jahrzehnte vor allem Gießereien und Stahlfabriken standen, heute als grün, innovativ und lebenswert. Sie liegt im Tal des Flusses Tennessee, der sich gemütlich durch die Stadt schlängelt, umgeben von üppig grünen Bergen. Ein elektrischer Bus fährt die Bürger kostenlos in Downtown herum. Ein modernes Glasfasernetz liefert Unternehmen und Bürgern schnellstes Internet ins Haus, wie es sonst in den USA kaum zu finden ist.
Roter Teppich für Investoren
„Wir mussten viel nachholen, aber heute ziehen Menschen nach Chattanooga, die es sich leisten könnten, auch irgendwo anders zu leben“, sagt Bürgermeister Ron Littlefield, Demokrat mitten im tief republikanischen Tennessee. Littlefield, ein ruhiger, schlanker, älterer Herr, seit 2005 im Amt, ist mächtig stolz darauf, wie sich seine Stadt gewandelt hat. Ihm ist es gelungen, mit staatlichen Fördermitteln, niedrigen Löhnen und Steuern sowie Zuschüssen für die Ausbildung von Facharbeitern Investoren in die Stadt zu locken. Der französische Turbinenhersteller Alstom hat hier kürzlich ein Werk eröffnet. Die Franzosen sowie die deutschen Konzerne VW, Wacker Chemie und der Windmastproduzent Siag haben hier in den vergangenen Jahren mehr als 4000 Arbeitsplätze geschaffen. Weitere Jobs sind durch ein Logistikzentrum von Amazon hinzugekommen sowie dank etlicher Callcenter-Betreiber, darunter der deutsche Mobilfunkkonzern T-Mobile. Weitere Ansiedelungen sollen folgen.
Dennoch liegt die Arbeitslosenquote in der Stadt immer noch über sieben Prozent. Das ist zwar unter dem nationalen Durchschnitt, aber noch viel zu hoch. Das weiß auch Bürgermeister Littlefield. „Wir sind bereit, für jedes weitere Unternehmen, das hierherkommt, den roten Teppich auszurollen“, wirbt er. „Ohne Incentives wären wir tot. Das ist der Preis des Geschäftes“, rechtfertigt Littlefield die staatlichen Fördergelder für die Wirtschaft. Die Bürger mussten dafür Steuererhöhungen hinnehmen und Kürzungen bei Sozialprogrammen.
Christopher Barry ist seinem Bürgermeister trotzdem dankbar. Der junge Mann hat einen Job als Arbeiter bei Wacker ergattert. Tausende hatten sich um einen der 650 zukünftigen Jobs in der Chemiefabrik beworben. Allerdings reichten die Qualifikationen vieler Bewerber nicht aus. Daher bildet der Chemiekonzern seine zukünftigen Facharbeiter erst einmal im neu gegründeten – und von der Stadt mit finanzierten – Wacker Institute aus.
Hoffnungen in der Provinz
Sechs Monate hat Barry dort Chemie, Physik, und Mathe gebüffelt. In den vergangenen Wochen kam noch ein Crashkurs in Deutsch hinzu. Jetzt ist er einer von 51, die für ein halbes Jahr nach Deutschland ins Wacker-Werk nach Burghausen in Süddeutschland fahren dürfen, um im dortigen Betrieb auch die Praxis kennenzulernen. Immerhin 19 Dollar erhält er pro Stunde. „Nicht viele Unternehmen geben einem heutzutage so eine Gelegenheit“, freut sich Barry.
„Chattanooga zeigt, dass wieder gewerblich-technische Berufe in Amerika entstehen können“, sagt Joe Kelly. Die Amerikaner müssten ihrer Jugend endlich wieder mehr technische Berufe beibringen und sie nicht nur in die Finanzindustrie locken, sagt der 52-Jährige. Kelly ist aus Pennsylvania für einen neuen Job nach Chattanooga gezogen. Er arbeitet als Manager für Siag.
Florida leidet noch immer unter der Immobilien-Krise
Für Ted Alling müsste es mehr Städte wie Chattanooga geben. Den 34-Jährigen mit der randlosen Brille und dem runden Gesicht hat die dynamische Unternehmenskultur von Alabama nach Chattanooga gezogen. „Die alten Schwerindustriezeiten werden nicht wiederkommen“, sagt Alling und gründete Access America, ein Logistikunternehmen, das Lastwagen quer durch das Land an Unternehmen vermittelt. Daneben betätigt er sich als Inkubator und fördert Jungunternehmer. „Wir haben Hunderte Pläne von jungen Technikfirmen erhalten – alle aus der Umgebung“, sagt Alling. „Es läuft gut in Chattanooga.“
LeeAnn Robinson ist weniger euphorisch als der Jungunternehmer. „Viel zu wenig tut die Obama-Regierung, um denjenigen zu helfen, die es wirklich nötig hätten“, sagt die 52-Jährige. Robinson ist Geschäftsführerin der Non-Profit-Organisation Neighborhood Housing Services (NHS) in Südflorida. „Vier Jahre liegt die Immobilienkrise zurück“, sagt die resolute Frau, „aber wir sehen hier kaum eine Besserung.“ Seit dem Rekordhoch Anfang 2006 sind die Preise für Eigenheime im ganzen Land um mehr als ein Drittel abgestürzt.
Mit am schlimmsten betroffen ist immer noch Florida. Ein Viertel aller Hausbesitzer in Miami könne die Raten für ihre Häuser nicht zahlen, so Robinson. Verkaufen ginge auch nicht, weil die Schulden höher sind, als das jeweilige Haus noch wert ist. Robinson und ihre 60 Mitarbeiter versuchen Zwangsvollstreckungen zu verhindern und verhandeln direkt mit den Banken, um Ratenzahlungen und Hypothekenkredite neu zu berechnen. Finanziert wird die Organisation mit Regierungsmitteln und Spenden.
Inzwischen ist auf dem Immobilienmarkt eine leichte Erholung zu spüren. Im Januar legten die Baubeginne um 1,5 Prozent gegenüber dem Vormonat zu, die Baugenehmigungen verzeichneten ein Plus von 0,7 Prozent. „Doch die Erholung ist nur sehr moderat“, sagt Jed Smith von der National Association of Realtors in Washington. Zu lange habe sich die Regierung darauf verlassen, die Banken würden freiwillig die Hypothekenraten für diejenigen senken, die ihr Haus nicht mehr bezahlen können. Nun hat sich nach monatelangen Verhandlungen die Regierung in Washington mit fünf großen Banken auf Hilfen für gefährdete Hausbesitzer geeinigt. Die Finanzinstitute stellen 26 Milliarden Dollar für Hausbesitzer zur Verfügung, deren Hypothek höher ist als der Wert ihres Hauses. Sie erhalten entweder eine günstige Neufinanzierung oder einen Schuldenschnitt. Für Obama ist das ein wichtiger Erfolg.
Zukunft der Weltwirtschaft hängt von Amerika ab
Doch nicht nur Obama ist darauf angewiesen, dass die US-Wirtschaft endlich wieder Fahrt aufnimmt. Die Zukunft der gesamten Weltwirtschaft hängt von Amerika ab. Denn Europa wird auf Jahre hinaus als globale Wachstumslokomotive keine Rolle spielen. Die Schuldenkrise hat den alten Kontinent fest im Griff, die Krisenländer kämpfen mit der Rezession, die Zukunft des Euro ist ungewiss. China, das der Weltwirtschaft nach der Lehman-Pleite mit milliardenschweren Konjunkturprogrammen Impulse gegeben hatte, schaltet mehrere Gänge zurück. Vor wenigen Tagen stutzte die Regierung in Peking ihre Wachstumsprognosen auf nur noch 7,5 Prozent zurück, 2,5 Prozentpunkte weniger als im Schnitt der vergangenen 30 Jahre.
Mit einem Anteil von 21,5 Prozent an der weltweiten Produktion sind die Vereinigten Staaten nach wie vor die größte Volkswirtschaft der Welt, vor der Euro-Zone (18,6 Prozent) und China (10,4 Prozent). Kehrt Amerika zu alter Stärke zurück, stünde auch die Weltwirtschaft auf einer solideren Basis. Vor allem Europa würde von Amerikas neuer Stärke profitieren. Für die Länder der Alten Welt ist Amerika nach wie vor der wichtigste ausländische Absatzmarkt. 18 Prozent aller Exporte gehen über den Atlantik, weit mehr als nach China (8,4 Prozent). Auch die deutschen Exporterfolge hängen erheblich vom Wohl und Wehe der US-Wirtschaft ab.
Warnung vor allzu großer Eurphorie
Noch gehen die meisten Ökonomen davon auf, dass sich der US-Aufschwung festigt. Allerdings warnen sie vor allzu großer Euphorie. „Die Konjunktur profitiert bisher allein davon, dass die Bremseffekte vom Arbeits- und Häusermarkt nachlassen“, sagt Harm Bandholz, US-Chefvolkswirt der Bank UniCredit. Deshalb gleich von einem Comeback Amerikas zu sprechen, sei verfrüht. Eskaliert Europas Schuldenkrise, ist mit größeren Turbulenzen an der Börse zu rechnen – mit negativen Folgen für die Verbraucherstimmung und den Konsum.
Mindestens ebenso groß ist das Risiko, sollte der Atomkonflikt zwischen dem Iran und dem Westen eskalieren. Ein Militärschlag gegen den Iran würde den Ölpreis auf neue Rekordstände hieven. Die Ökonomen des Finanzdienstleisters Global Insight haben berechnet, dass ein Anstieg des Ölpreises um zehn Dollar je Fass die Wirtschaft in den nachfolgenden 24 Monaten um 0,7 Prozent ausbremst. Klettert der Ölpreis bei einer militärischen Auseinandersetzung in Nahost um 50 auf 170 Dollar, bräche das Wachstum der US-Wirtschaft um 3,5 Prozent ein. Amerika befände sich dann wieder in der Rezession.