
Rand Paul schimpft wie ein Rohrspatz. Dass die Kriegsveteranen derzeit nicht die Gedenkstätte für die Soldaten des Zweiten Weltkriegs besuchen können, daran sei US-Präsident Barack Obama schuld, empört sich der Republikaner und Tea-Party-Aktivist. Allen Ernstes behauptet der 50-jährige US-Senator aus Kentucky, Obama habe Schlägertrupps geschickt, um das Denkmal in Washington abzuriegeln. Der den Amerikanern heilige Ort inmitten der Hauptstadt ist ein Nationalpark. Und als solcher ist er, wie alle anderen im Lande auch, seit dem 1. Oktober geschlossen – so lange, bis sich Demokraten und Republikaner im Kongress auf ein Budget einigen. „Das Denkmal ist frei zugänglich, da macht eine Absperrung doch überhaupt keinen Sinn“, keift Paul. Obama wolle damit nur den Republikanern die Schuld an der Haushaltskrise in die Schuhe schieben.
Tatsächlich macht Obama vor allem Politiker wie Paul, die der Tea Party – dem rechtspopulistischen Flügel der Republikanischen Partei – angehören, für den Haushaltsnotstand verantwortlich. Paul zählt zu ihren Anführern. Für den Präsidenten sind sie eine „kleine extreme Splittergruppe“, die es geschafft habe, den Staat lahmzulegen. Selbst moderate Republikaner kritisieren die Anhänger der Tea Party als „Lemminge mit Sprengstoffwesten“.
Die radikalen Aktivisten weigern sich beharrlich, einem neuen Haushalt zuzustimmen, solange nicht die Gesundheitsreform, die Millionen Amerikaner erstmals krankenversichert, zurückgenommen oder zumindest verschoben wird. So wollen sie das Gesetz, das der Kongress bereits verabschiedet und das Oberste Gericht als verfassungskonform bestätigt hat, doch noch stoppen. Seit Anfang Oktober hat der Staat daher kein gültiges Budget, Nationalparks und staatliche Museen sind bereits geschlossen, rund 800.000 Angestellte des Bundes hat die US-Regierung in den unbezahlten Urlaub geschickt.





Von insgesamt 435 Abgeordneten im US-Repräsentantenhaus, davon 234 Republikaner, gehören gerade einmal knapp 30 Abgeordnete zu den rechtspopulistischen Tea-Party-Rebellen. Zu ihren Wortführern gehören außer Paul, der die Anti-Steuern-Organisation „Kentucky Taxpayers United“ gegründet hatte und dessen Vater Ron sich 2008 und 2012 um die Präsidentschaftskandidatur bewarb, auch die 57-jährige Michele Bachmann, eine erzkonservative christliche Abgeordnete aus Minnesota, und die Texaner Ted Cruz (42, Senator) und Jeb Hensarling, (56, Vorsitzender des Finanzdienstleistungsausschusses im Repräsentantenhaus).
Sie alle kämpfen kompromisslos für ihre Überzeugungen, kuschen vor keiner Mehrheit und feilschen nicht. Ihre obersten Ziele: so wenig Staat wie möglich, eine strikte Haushaltspolitik, rigoroser Abbau der Staatsschulden, möglichst niedrige Steuern, drastische Kürzungen bei Sozialleistungen. Eine vom Staat vorgegebene Pflicht, sich gegen Krankheit zu versichern, ist diesem radikal-libertären Haufen genauso zuwider wie eine Einschränkung des Rechts, Waffen zu tragen.
Seitdem die Republikaner 2010 die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückerobert haben, hat auch die Tea Party an Einfluss gewonnen. Knapp die Hälfte der konservativen Wähler ist mit der Politik der Republikaner in Washington extrem unzufrieden – erst recht, seitdem Obama im November die Präsidentschaftswahl erneut gewonnen hat, nur acht Prozent sind zufrieden, wie eine Umfrage des Pew Research Center Ende September ergab. Kein Wunder also, dass rechte Hardliner die Oberhand bei den Konservativen gewinnen. „Die Tea-Party-Bewegung ist vor allem für die Republikaner zu einem Problem geworden“, sagt der renommierte Politikwissenschaftler Ian Bremmer vom Thinktank Eurasia Group in New York.