USA Die letzten Wirtschaftswähler

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Es fehlen Aus- und Weiterbildungsprogramme

Mack ist mit ihren Ängsten nicht allein. Kleinunternehmer und Mittelständler stehen traditionell den Republikanern näher – und in diesem Milieu wächst die Sorge vor einem Kurswechsel.

Während die Wirtschaft insgesamt als Wahlkampfthema für die US-Bevölkerung in diesem Jahr kaum zieht, messen Republikaner dem Thema nach wie vor sehr große Bedeutung bei. 85 Prozent der republikanischen Wähler halten es laut Zahlen des Meinungsforschungsinstituts Pew für wichtig oder sehr wichtig – weit mehr als im Bevölkerungsdurchschnitt.

Daran ändert auch nichts, dass das Weiße Haus fast schon verzweifelt in den letzten Tagen vor der Wahl versucht, die eigene Bilanz herauszustellen. Doch die Nachricht kommt in der breiten Bevölkerung nicht an. Sogar die Steuerreform, die größte legislative Leistung des Präsidenten, ist unbeliebt.



In einer Umfrage gab zuletzt nicht einmal ein Viertel der Befragten an, persönlich stark von der Senkung der Sätze zu profitieren. Trump fabulierte deshalb im Wahlkampf zuletzt von einer weiteren Steuersenkung, speziell für die Mittelschicht, die noch vor den Wahlen den Kongress passieren sollte. Dass weder im Repräsentantenhaus noch im Senat jemand etwas von dem Vorstoß wusste, half nicht gerade, um beim Thema Wirtschaft im Wahlkampf wieder in die Offensive zu kommen – ganz abgesehen davon, dass der Kongress derzeit pausiert und vor den Wahlen auch nicht mehr zusammenkommt.

Trotzdem will das Weiße Haus das Feld nicht aufgeben – schließlich galt es als politisches Naturgesetz, dass Amtsinhaber von starken Wirtschaftszahlen profitieren. Zuletzt lobte Präsidententochter Ivanka Trump die wirtschaftspolitischen Erfolge der Regierung. Ihre Schwägerin Lara ging derweil auf Tour, um auch vor Ort für die Republikaner zu werben. Einer ihrer ersten Auftrittsorte: Huntington, West Virginia. Wie groß Trumps Einfluss auf den Aufschwung in West Virginia tatsächlich ist, darüber lässt sich streiten. Sein Amtsantritt fiel zufällig mit der Fertigstellung lange geplanter Pipeline-Projekte zusammen, die der Erdgasindustrie im Staat einen gehörigen Schub verschafften.



Auch der vermeintliche Kohle-Boom, auf den der Präsident gern verweist, ist bei näherem Hinsehen eher überschaubar. Zwar haben steigende Weltmarktpreise dafür gesorgt, dass amerikanische Minen wieder mehr fördern und einige neue Jobs schaffen, insgesamt sind seit Trumps Amtseinführung aber nur rund 2000 neue Kohle-Arbeitsplätze in den USA entstanden. In West Virginia sind es nur ein paar Hundert. Nicht viel, aber genug, um in einem Staat, vor dessen Kapitol eine Statue zu Ehren der Kohle-Kumpel errichtet wurde, die Hoffnung zurückzubringen.

Unbestritten ist jedoch, dass die Deregulierungspolitik und die Steuerreform des Präsidenten Unternehmen das Leben erleichtert. „Wir spüren, dass es den Großen gut geht. Und wenn es ihnen gut geht, dann geht es uns gut“, sagt Mack. Als West Virginia vor sich hinsiechte, gingen auch ihre Verkaufszahlen zurück. Jetzt, wo der Aufschwung auch in den Appalachen ankommt, läuft es besser.

Das schafft neue Probleme. „Unsere Produktion ist zu langsam“, sagt Mack. Neue Maschinen sollen die Fertigung beschleunigen. Gleichzeitig wird es für sie immer schwerer, ihr Personal zu halten. „Die Großen machen uns das Leben schwer, indem sie unsere Facharbeiter mit besseren Gehältern abwerben“, sagt sie. Qualifizierte Mitarbeiter zu finden wird so auch für sie immer schwerer.

Zwar sind solche Probleme für Mittelständler deutlich angenehmer als die Angst, ob es das Unternehmen noch eine Zukunft hat. Gelöst werden müssen sie aber trotzdem. Es fehle an Aus- und Weiterbildungsprogrammen, beklagen Unternehmer im ganzen Land. Auch sei es angesichts der Stimmung im Land derzeit schwierig, qualifiziertes Personal aus dem Ausland anzuwerben oder die notwendigen Papiere zu beschaffen. Und die löchrige und verrottete Infrastruktur in weiten Teilen der USA sind längst auch für Firmen mehr als nur ein Ärgernis.

An wirtschaftspolitischen Wünschen für die kommenden Jahre mangelt es also nicht. Dass sie erfüllt werden, danach sieht es derzeit allerdings nicht aus. Trotzdem will Mittelständlerin Mack die Hoffnung noch nicht aufgeben – die Hoffnung, dass der vermeintliche Deal-Maker Trump auch mit einem demokratischen Repräsentantenhaus zurecht kommen könnte. „Wir brauchen seine Führung“, sagt sie.

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