USA Amerika driftet ganz weit nach rechts

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Gefährliche Signale

Denn der im Wahlkampf mitschwingende Rassismus könnte sich nun zu einem echten gesellschaftlichen Problem aufschaukeln. Schüler einer High School in Michigan brüllten nur einen Tag nach der Wahl in Anwesenheit von Latino-Schülern „Build that wall“. In Texas gab es einen ähnlichen Fall. Unternehmer mit mexikanischen Wurzeln berichten von Pöbeleien und rassistischen Beleidigungen.

Noch sind das Einzelfälle. Doch Minderheiten sind schon jetzt die großen Verlierer dieser Wahl. „Die Schwarz-Amerikaner haben Angst, weil sie nicht wissen, was sie in den nächsten vier Jahren erwartet“, sagt die schwarze Menschrechtsaktivistin der Gewerkschaftsorganisation AFL-CIO. „Wenn ich in meine Heimat in Pennsylvania fahre, dann rede ich auf meine weißen Freunde ein, wie wir diese Politik des unterschwelligen Rassismus verhindern können.“

Ein transatlantisches Bekenntnis zur offenen Marktwirtschaft: Exklusiv für die WirtschaftsWoche beschreiben Kanzlerin Merkel und US-Präsident Obama, dass die Welt sich nicht abschotten darf – auch nicht unter Trump.
von Gregor Peter Schmitz

Trump hat zwar erst wenige Ministerposten und Führungsjobs um ihn herum namentlich besetzt. Doch schon die haben es in sich. So wird zwar der eher moderate Reince Priebus Stabschef von Trump. Doch Chefstratege und damit einer der führenden Köpfe im Trump-Regierungsteam wird Steve Bannon, der zuvor den Wahlkampf von Trump geleitet hat und Chef der rechtspopulistischen Nachrichtenseite Breitbart gewesen ist. Trump zeigt, dass er kein Problem damit hat, rechten Gesinnungen in seinem inneren Führungszirkel Raum zu lassen. Und das sind gefährliche Signale. Auch weitere Top-Positionen besetzt Trump mit konservativen Hardlinern.

So wird Jeff Sessions Generalbundesanwalt. Der erzkonservative Senator aus Alabama, der sich als erster Top-Republikaner im Kongress hinter die Nominierung von Trump gestellt hat, wird also die „Law and order“-Politik der Regierung ausführen. Sessions hat Trump auf zahlreichen Veranstaltungen begleitet und auch er hat – wie Giuliani – den Einpeitscher gemacht. Sessions ist ein weißer Konservativer, der eine harte Hand gegen Einwanderer gefordert hat und dem 30 Jahre zuvor eine angeblich rassistische Aussage den Job eines Bundesrichters kostete.

Der künftige Sicherheitsberater heißt Michael Flynn. Der 57-jährige General ist zwar als Demokrat registriert, hat sich aber in den vergangenen Monaten vor allem mit islam-feindlichen Bemerkungen in den Vordergrund geschoben. Den Islam halte er für „nichts anderes als eine politische Ideologie“, hatte er gesagt. Und über seinen Twitter-Account verbreitete er die Ansicht, dass die „Angst vor Muslimen rational“ sei.
Neuer CIA-Direktor wird Mike Pompeo, ein Abgeordneter aus Kansas, der ein Faible für geheime Gefängnisse der USA außerhalb der Staatsgrenzen hat und bei Verhören im Notfall die rigorose Anwendung von Folter befürwortet.
Trump ist ganz offenbar dabei, ein Kabinett mit rechter Schlagseite zusammen zu stellen. Rassistische und anti-islamische Töne könnten die Stimmung im Land aber weiter aufheizen.

Liberale Politologen wie Yascha Mounk, der an der Harvard Universität forscht und lehrt, befürchtet bereits „den Anfang vom Ende der amerikanischen Demokratie“. Trump sei zwar „kein Ideologe wie Türkeis Präsident Erdogan oder Ungarns Staatschef Orban“, sagt Mounk. „Aber er hat keinen Respekt vor demokratischen Normen.“ So könnte er etwa versuchen, sich über Urteile des Verfassungsgerichts hinweg zu setzen, sollten diese seinen Zielen widersprechen. „Das wäre ein eklatanter Angriff auf die Gewaltenteilung“, sagt Mounk. Zwar hätte der Kongress die Mittel eines Amtsenthebungsverfahrens, doch dafür sei eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat nötig. Angesichts der bisherigen Feigheit von Trumps Kritikern in seiner eigenen Partei könnte dies schwierig werden.

Eine erste Belastungsprobe könnte schon bald bevor stehen. Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, der Ehemann von Ivanka Trump, soll einen wichtigen Posten im Weißen Haus bekommen. Der 35-jährige ließ bereits von Anwälten durchchecken, ob er als Chef einer Immobilienfirma für einen Posten im Weißen Haus ohne Komplikationen in Frage kommen könnte. Eigentlich verstößt das gegen die Statuten auf Regierungsebene. Doch Trump hat sich um Gepflogenheiten ja bislang wenig geschert.

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