USA gegen China Diese Produkte und Branchen trifft der Handelsstreit

Handelsstreit: China reagiert mit eigenen Strafzöllen für die USA Quelle: dpa

Im Handelsstreit zwischen China und den USA legt Peking nach. Dabei hat das Land eigentlich andere Sorgen und kann sich einen Machtkampf mit Washington gerade nicht leisten. Wo die Strafzölle einschlagen.

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Jetzt wird es unübersichtlich. Nachdem die USA im März Strafzölle auf Stahl und Aluminium verhängt hatten, antwortete China am Sonntag mit einer eigenen Liste von 128 US-Produkten. Worauf Washington am Dienstagabend früher als angekündigt sein 50-Milliarden-Dollar-Paket mit Strafzöllen auf chinesische Hightech-Produkte veröffentlichte. Und China wiederum blitzartig eine neue Liste auspackte, mit 106 Produkten darauf. Die Gegenschläge, sie folgen derzeit im Stundentakt.

Die nun von den Chinesen veröffentlichte Liste hat ein Gesamtvolumen von 50 Milliarden Dollar (40 Milliarden Euro). Genau die Summe, die US-Präsident Donald Trump am Dienstag mit seinen Abgaben von 25 Prozent auf 1300 chinesische Importgüter angekündigt hatte. Nun heißt es scheinbar Auge um Auge, Zahn um Zahn. Im „gleichen Ausmaß“ wolle man zurückschlagen, verkündete Peking.

Wann die chinesischen Zölle in Kraft treten, wollte China zunächst nicht bekanntgeben. Die bereits verhängten Strafzölle auf die 128 US-Produkte mit einem Gesamtvolumen von drei Milliarden Dollar sind aber bereits in Kraft. Sie sollen zunächst "Verluste ausgleichen", die den Chinesen durch die von den USA verhängten Zölle auf Stahl und Aluminium entstehen. Die nun frische Liste vom Mittwochmittag hat es in sich: 25 Prozent Aufschlag auf Sojabohnen, Autos und chemische Produkte. Dazu Whisky, Zigarren, Baumwolle, einige Sorten Rindfleisch, Mais und Orangensaft. Dazu kommen auch Industriegüter wie einige Flugzeugtypen, Lastwagen und SUV, sowie bestimmte E-Autos.

Nach Bekanntgabe verloren die Aktien des amerikanischen Flugzeugherstellers Boeing fünf Prozent. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg sollen Flugzeuge in der Gewichtsklasse von 15 bis 45 Tonnen betroffen sein. Darunter fallen die Passagierflugzeuge der Baureihe 737, die rund 75 Prozent des globalen Marktes in den vergangenen 20 Jahren ausmachte, so Bloomberg. Satte 25 Prozent schlägt Peking nun auf die Flugzeuge auf. Ein Plus, das für Boeing einen gewaltigen Rückschlag im Kampf mit Dauerkonkurrent Airbus bedeuten könnte. China gehört zu einem der am schnellsten wachsenden Märkte in der Flugzeug-Industrie. 2022 könnte China bereits vor den USA zum größten Markt für Flugzeuge aufsteigen. Aktuell stammen noch mehr als die Hälfte aller chinesischen Maschinen aus den Werken des Chicagoer Flugzeugbauers. Jedes vierte Flugzeug von Boeing verkaufte es 2017 in dem asiatischen Land.

Auch Sojabohnen stehen auf der chinesischen Liste ganz oben. US-amerikanische Bauern haben allein im vergangenen Jahr Sojabohnen im Wert von 14 Milliarden Dollar nach China exportiert. Während die Folgen für viele Farmer in den USA drastisch sein könnten – viele von ihnen Wähler Trumps – könnte China die höheren Preise abfedern. Saisonbedingt kann das Land auf Händler aus Südamerika ausweichen, so dass es keine Knappheit bei der Versorgung mit der in China beliebten Hülsenfrucht fürchten muss.

Mit besonderer Sorge könnten amerikanische Autobauer die Ankündigung Chinas verfolgt haben, das auch bestimmte Fahrzeugtypen mit zusätzlichen Zöllen belegt werden. China ist der größte Automarkt der Welt. In keinem Land verkaufen die Hersteller heute mehr Fahrzeuge. Allein der amerikanische Hersteller General Motors, der größte ausländische Hersteller des Landes, verkaufte 2017 vier Millionen Fahrzeuge vor Ort. Ein Plus von 4,4, Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Jedes vierte Auto setzt das Detroiter Unternehmen damit in China ab.

Auch wenn es zunächst nicht so aussieht, räumt Peking den Amerikanern damit weiterhin die Möglichkeit ein, die eigenen Zollpläne zurückzuziehen. Von Anfang an bezeichnete Peking die Zoll-Wut Trumps als einen Fehler. Die USA müssten die "protektionistischen" Maßnahmen sofort rückgängig machen, die die chinesischen Interessen „schwer beschädigten“, klagte Peking bei der Bekanntgabe der Zölle im März. Sie würden zudem gegen die Regeln der Welthandelsorganisation verstoßen, hieß es aus Peking.

Am Mittwochnachmittag reagierte die EU und kündigte eine unabhängige Überprüfung der geplanten US-Strafzölle an. „Die EU ist davon überzeugt, dass Maßnahmen immer im Regelungsrahmen der Welthandelsorganisation WTO ergriffen werden sollten“, sagte ein Sprecher der zuständigen EU-Kommission. Die EU unterstütze keine Maßnahmen, die gegen WTO-Recht verstießen.

Für diese Branchen sieht es düster aus

Die erste Runde der chinesischen Vergeltungszölle belief sich trotzdem lediglich auf einen Umfang von nur rund drei Milliarden Dollar (2,4 Milliarden Euro). Eine kleine Zahl im Vergleich zu den damals noch drohenden 60 Milliarden-Zöllen, die die USA erheben wollten. Peking hofft scheinbar weiter, wirtschaftliche Schäden abzuwenden. Welche Auswirkungen die amerikanischen Strafzölle auf Chinas Wirtschaft haben werden, ist schwer vorauszusehen. Als Werkbank der Welt war China lange von seinem Export abhängig. Kein Land hat in den vergangenen Jahren stärker von Globalisierung und Freihandel profitiert als China. Heute erwirtschaftet das Land aber nur noch ein Fünftel seiner Wirtschaftsleistung durch seine Ausfuhren. Die Strafzölle könnte das Land insofern für eine bestimmte Zeit gesamtwirtschaftlich abfedern.

Für einzelne Branchen sieht es hingegen düster aus. Vor allem Hersteller von Gebrauchsgütern und Hardware wären von Trumps Zöllen betroffen. Darunter Produzenten von Waschmaschinen, Küchengeräten und Handys. Diese Firmen sitzen vornehmlich im Perlflussdelta in Südchina und beschäftigen ein Heer von Geringverdienern, die schlecht abgesichert und kaum ausgebildet sind. Peking wird vermeiden wollen, dass tausende Arbeiter dort ihren Job verlieren.

Zudem ist Peking gerade mit anderen Dingen beschäftigt. Der Umbau der chinesischen Wirtschaft stockt. Dem Wirtschaftsriesen fällt es schwer, seine Firmen zu modernisieren. Die Wirtschaft leidet zudem unter einen gewaltigen Schuldenberg. Viele Firmen sind massiv verschuldet. Erst vor einigen Wochen hat die Zentralregierung angekündigt, das Finanzsystem zu reformieren, um „systemische Risiken“ zu verhindern. Einen Machtkampf mit Washington will sich Peking da gerade nicht leisten.

von Simon Book, Jürgen Berke, Melanie Bergermann, Lea Deuber, Konrad Fischer, Matthias Kamp, Silke Wettach

Und die Liste der Amerikaner, die das Land am Dienstag vorgelegt hat, hatte es durchaus in sich. Sie reichte von Chemiegütern bis hin zu Fernsehern, Fahrzeugen und Elektronik-Komponenten. Die USA werfen China Dumpingpreise und andere unfaire Handelspraktiken sowie Diebstahl geistigen Eigentums vor. „Dass die USA bereit sind, die Folgen eines Handelskonflikts zu riskieren, zeigt, wie ernst die US-Administration den erzwungenen Technologietransfer, Cyberangriffen und unfairen Geschäftsbedingungen nimmt“, erklärte jüngst William Zarit von der US-amerikanischen Handelskammer in China. Die beiden Länder müssten im Gespräch bleiben. Es brauche aber Reziprozität, also gleiche Spielregeln für chinesisch und amerikanische Unternehmen, um langfristig ein faires Geschäftsumfeld für amerikanische Firmen in China zu schaffen.

Ebenso wie die chinesische Liste ist die amerikanische noch nicht in Kraft getreten. Und könnte sich in den kommenden Wochen sogar noch ändern. Die amerikanischen Firmen haben nun bis zum 11. Mai Zeit, um in Washington um die Streichung bestimmter Produkte von der Liste zu werben. Vier Tage später soll eine Anhörung folgen. Lange lies die Kritik aber nicht auf sich warten. Bereits kurz nach Bekanntgabe äußerten sich amerikanischer Unternehmer skeptisch über den Kurs ihrer Regierung. Mit der nun druckfrischen Liste aus Peking wird ihr Widerstand wahrscheinlich weiterwachsen.

Dabei ist die letzte Eskalationsstufe noch längst nicht erreicht. Bereits in der Vergangenheit hat Peking klargemacht, dass es noch einige Trümpfe in der Hand halte. Darunter zum Beispiel die 320.000 chinesischen Studenten, die an US-Universitäten studieren. Sie bringen viel Geld in die USA und gelten inzwischen als eine der wichtigsten Einnahmequellen für das amerikanische Hochschulsystem. Ein Visastopp könnte es Millionen Dollar kosten. Nur ein Beleg dafür, wie eng die beiden Weltwirtschaften bereits miteinander verflochten sind.

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